FAQ

: Welche Folgen wird das Öl-Embargo haben?

05.12.2022 | 06:45 Uhr
Heute greift die erste Stufe des Öl-Embargos gegen Russland. Der Raffinerie-Standort Schwedt steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Bundesregierung bemüht sich um neue Lieferwege.
Gut neun Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine macht die Europäische Union ernst. Ab heute soll kein russisches Öl mehr auf dem Seeweg importiert werden. Von Januar an will Deutschland dann auch russische Einfuhren über die Druschba-Pipeline stoppen. Der dritte Schritt folgt am 5. Februar: Ein Embargo gegen Diesel und andere Mineralölprodukte aus der russischen Föderation. Ziel ist, die Kriegskasse des Kreml auszutrocknen.
Aber schneiden sich die Europäer damit nicht ins eigene Fleisch? In Deutschland fürchten einige mitten in der Gas- und Stromkrise auch noch Engpässe und höhere Preise an der Tankstelle. Besonders groß sind die Sorgen in der brandenburgischen PCK-Raffinerie in Schwedt, die seit Jahrzehnten an der Druschba hängt.

Ab Januar kommt kein russisches Öl mehr in der Raffinerie PCK in Schwedt an. Die Menschen in Schwedt machen sich Sorgen, ob der millionenteure Umbau in neue Technologien gelingen kann.

12.11.2022 | 08:36 min

Hat Deutschland auch ohne Russland genug Öl?

Vor Beginn des Ukraine-Kriegs deckten Ölimporte aus Russland rund 35 Prozent des deutschen Bedarfs. Grob gesagt kam davon ein Drittel per Tanker, zwei Drittel flossen über die Druschba in die ostdeutschen Raffinerien in Leuna und Schwedt. Laut Wirtschaftsverband Fuels und Energie sanken die Rohölimporte aus Russland bis Oktober 2022 auf 16 Prozent. Ersatz kommt aus Großbritannien, den USA und Kasachstan.
Der Branchenverband geht davon aus, dass das vom EU-Embargo betroffene russische Tankeröl rechtzeitig vollständig ersetzt wird. Ohne russisches Öl aus der Druschba will auch die Raffinerie in Leuna bis Jahresende auskommen. Bleibt als Knackpunkt: die PCK-Raffinerie in Schwedt.

Welche Optionen gibt es für die Raffinerie?

Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) arbeitet seit Monaten an drei Optionen, um genug Rohöl für PCK ranzuschaffen. Bis zu 55 Prozent des Bedarfs sollen über Tanker nach Rostock und von dort über eine bestehende Pipeline nach Schwedt gebracht werden. Das Problem: Die Leitung ist zu klein, um noch mehr Rohöl zu transportieren. Der Bund will sie ausbauen, doch das dauert mindestens zwei Jahre.
Deshalb sollen zusätzliche Mengen über den polnischen Hafen Danzig kommen, über den sich auch die Raffinerie in Leuna versorgt.
Wir führen intensive und gute Gespräche mit der polnischen Regierung, um eine möglichst gute Auslastung des PCK Schwedt zu gewährleisten.
Michael Kellner, Staatssekretär
Am vergangenen Donnerstag sagte Polen in einer Vereinbarung mit der Bundesregierung erstmals zu. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die polnische Umweltministerin Anna Moskwa unterzeichneten aber zunächst nur eine Absichtserklärung, ein sogenanntes Memorandum of Understandig. Konkrete Liefermengen stehen in dem Papier nicht. Diese sollen von den beteiligten Unternehmen ausgehandelt werden. Habeck erklärte, Ziel sei eine Versorgung der Raffinerien beider Länder mit "ausreichenden Mengen von Rohöl". Sein Staatssekretär Michael Kellner will am Montag zu "vertieften Gesprächen" nach Warschau reisen.
Für die dritte Option, den Import von kasachischem Öl, fehlt ebenfalls noch eine feste Zusage.
Dazu sagte Kellner: "Eine Delegation des Bundeswirtschaftsministeriums war im September im Kasachstan. Wir erwarten im Dezember Vertreter der kasachischen Regierung in Berlin. Da das Öl in der Druschba-Leitung über russisches Territorium gebracht werden müsste, bleibt allerdings immer eine Unsicherheit."

Anfang 2023 soll kein russisches Rohöl mehr in der PCK-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) verarbeitet werden. Nun berät eine Taskforce darüber, wie dieser Wirtschaftsstandort gerettet werden kann.

03.11.2022 | 01:44 min

Kommt der deutsche Importstopp vielleicht doch nicht?

In Brandenburg werden einige inzwischen unruhig. "Was die alternativen Lieferungen angeht, sind wir keinen Schritt weiter", sagte CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann. Er befürchte, dass nach dem Öl-Embargo die Raffinerie in Schwedt allenfalls halb ausgelastet sein werde. Die Landrätin des Kreises Uckermark, Karina Dörk (CDU), hegt die Hoffnung, "dass es über den 1.1. hinaus weiterhin die Lieferung über die Druschba geben wird".
Zur Erinnerung: Das EU-Embargo gilt offiziell nur für Tankeröl. Der Verzicht auf Leitungsöl aus der Druschba ist eine darüber hinaus gehende Zusage der Bundesregierung, festgelegt in einer EU-Protokollnotiz von Ende Mai. Ist eine Abkehr davon denkbar? Kellner antwortete so:
Der Importstopp ist eine Zusage von Bundeskanzler Olaf Scholz für die Bundesregierung. Unser Job ist es, Schritt für Schritt die einzelnen Bausteine umzusetzen, damit zusätzliche Öllieferungen für Schwedt über Polen und Kasachstan kommen, und genau daran arbeiten wir mit ganzer Kraft.
Michael Kellner, Staatssekretär
Unterm Strich erwartet der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum, dass dem PCK zumindest zu Jahresbeginn Ölmengen fehlen: "Kurzfristig ist wohl nicht davon auszugehen, dass die Raffinerie in Schwedt mit voller Kapazität weiter produzieren kann." Angebotsengpässe bei Diesel und Kerosin seien dann möglich.

Die ZDF-Redaktion frontal zeigt, wie russische Ölgeschäfte trotz Sanktionen weitergehen.

16.08.2022 | 09:58 min

Geht den Tankstellen in Ostdeutschland der Sprit aus?

Die Brandenburger Landesregierung gibt sich trotz allem optimistisch. "Die Wahrscheinlichkeit, dass die Versorgung der Region mit Mineralölprodukten funktioniert, ist hoch", sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). Kurzfristige Probleme seien denkbar, aber die Gefahr sei gering. Auch Kellner versicherte: "Ich sehe keine Gefahr für die Versorgungssicherheit in Ostdeutschland." Bei Engpässen stopften üblicherweise andere Raffinerien Löcher.

Wird Sprit teurer?

Auch "dauerhaft höhere Preise an den Tankstellen in Ostdeutschland sehe ich nicht", meinte Kellner. Ganz anders der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag, Sören Pellmann: Im Redaktionsnetzwerk Deutschland warnte er zuletzt vor einem massiven Anstieg der Spritpreise in Berlin und Ostdeutschland. Wirtschaftsexperte Südekum wagt folgende Prognose:
Beim Rohöl dürften sich die Auswirkungen des Embargos in Grenzen halten. Die Übergangsfristen waren lang genug, sodass sich die Marktteilnehmer darauf einstellen konnten.
Ökonom Jens Südekum
Doch fügte er hinzu: "Größere Auswirkungen erwarte ich beim Markt für Diesel, die ja ab Februar 2023 auch unter das Embargo fallen werden. Hier spielen Importe aus Russland weiterhin eine große Rolle." Ist es damit vorbei, seien höhere Preise an den Zapfsäulen und vorübergehende Versorgungslücken nicht auszuschließen.
Quelle: Von Verena Schmitt-Roschmann, Oliver von Riegen und Ansgar Haase, dpa

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