: US-Abschieberegel endet: Wie geht es weiter?

12.05.2023 | 06:46 Uhr
In den USA endet die umstrittene Abschiebepraxis "Titel 42". Mehr Menschen haben in Mexiko wegen der unklaren Situation versucht, über die Grenzen zu gelangen - wie geht es weiter?

Mit Auslaufen des Corona-Notstands in den USA ändern sich auch die Regeln bei der Migration wieder.

12.05.2023 | 01:22 min
Mit großer Ungewissheit bangen Zehntausende Migranten an der südlichen Grenze der USA um ihre Zukunft. Mit der Aufhebung des Corona-Notstandes in den Vereinigten Staaten endete in der Nacht zum Freitag auch eine umstrittene Abschiebepraxis, die in den vergangenen Jahren unter Verweis auf die Corona-Pandemie eine schnelle Zurückweisung von Migranten ermöglicht hatte.
Viele der Migranten aus Mittel- und Südamerika hatten sich durch den Wegfall der sogenannten Titel-42-Regelung einst bessere Chancen für eine Aufnahme in den USA erhofft, sind aber zunehmend desillusioniert. Denn die US-Regierung hat zahlreiche Maßnahmen erlassen, um dem Andrang an der Grenze entgegenzusteuern.

In den USA läuft das umstrittene Abschiebegesetz "Title 42" aus der Amtszeit von Präsident Trump aus. Tausende warten jetzt an der mexikanischen Grenze - in der Hoffnung auf Asyl.

11.05.2023 | 00:59 min

US-Minister warnt: "Grenze ist nicht offen"

US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas versuchte erneut, falsche Erwartungen zu dämpfen. "Die Grenze ist nicht offen", teilte er mit dem Auslaufen der umstrittenen Abschiebepraxis mit. Ab sofort würden Menschen, die an der Grenze ankommen, ohne einen legalen Weg zu nutzen, als nicht asylberechtigt gelten, sagte er weiter.
Diejenigen, die die verfügbaren legalen Wege zur Einreise in die USA nicht nutzten, müssten von nun an zudem mit härteren Konsequenzen rechnen. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor gesagt, die Situation an der Grenze werde noch "für eine Weile chaotisch" bleiben.

Abschiebungen bislang unter Verweis auf Pandemie möglich

Die Titel-42-Regelung ermöglicht es, Menschen von der Einreise in die USA abzuhalten, wenn durch Einschleppung von Krankheiten eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht.

"Titel 42" - worum es geht

Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wurde im März 2020, also mit Beginn der Corona-Pandemie, die umstrittene Regelung "Title 42" erlassen: Sie erlaubt es unter Verweis auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit, Migranten direkt an der Grenze umgehend abzuweisen mit der Begründung, dass dies der Eindämmung der Pandemie diene.

2,8 Millionen Abschiebungen soll es binnen drei Jahren unter Anwendung der Titel-42-Regelung gegeben haben.

Eigentlich sollte die Regelung bereits im vergangenen Jahr auslaufen, doch mehrere US-Bundesstaaten, darunter Arizona und Texas, erhoben Einspruch - und bekamen Recht. Erst mit dem Auslaufen des Corona-Notstands endete die umstrittene Abschiebepraxis.

Quelle: dpa

Die USA kehren nun zur Anwendung der sogenannten Titel-8-Regelung zurück. Der administrative Aufwand für die Grenzschützer ist damit höher, denn Flüchtende dürfen nicht mehr ohne reguläres Verfahren abgeschoben werden. Dass bedeutet aber nicht unbedingt, dass sich ihre Chancen für einen positiven Asylbescheid erhöhen.
Gleichzeitig gibt es eine strengere Handhabe: So sieht die Titel-8-Regelung im Falle eines illegalen Einwanderungsversuchs ein fünfjähriges Wiedereinreiseverbot vor. Es können auch Geld- und Gefängnisstrafen verhängt werden. Viele Migranten befürchten zudem, dass sie künftig nicht wie bisher nach Mexiko, sondern in ihre Heimatländer abgeschoben werden.

US-Regierung schickt Soldaten an Grenze

Daneben hat die US-Regierung eine ganze Reihe an Maßnahmen erlassen, um den Andrang an der Grenze zu verringern.
  • Migranten, die in die USA wollen, müssen über eine App einen Termin bei der Grenzbehörde buchen. Doch es werden nur begrenzt Termine freigeschaltet und viele Menschen an der Grenze berichten, die Software sei überlastet.
  • Die US-Regierung hat zudem zusätzliches Personal an die Grenze geschickt. Unter anderem sollen 1.500 Soldaten den Behörden in der Grenzregion zunächst für 90 Tage bei administrativen Aufgaben wie Dateneingabe und Lagerunterstützung helfen.

Migrantenunterkünfte sind voll

Die Zahl der Migranten im Norden Mexikos, die auf eine Einreise in die USA hoffen, beläuft sich US-Medienberichten zufolge derzeit auf 150.000. Weil viele die neuen Regeln schwer einschätzen können, versuchten einige bereits in den Tagen davor die Grenze zu überqueren.
Hunderte schafften es in den vergangenen Tagen, eine erste Mauer auf US-Boden zu überwinden und warten nun in einem Bereich vor der zweiten Mauer, um sich den Grenzschutzbeamten zu stellen, damit ihre Fälle geprüft werden.
In Tijuana kamen nach Behördenangaben zuletzt täglich rund 500 bis 700 Migranten an, mehr als doppelt so viele wie zuvor. Die Migrantenunterkünfte dort sind voll.
Wir beten zu Gott, dass sie uns die Möglichkeit geben, mit einem Termin einzureisen. Wir wollen nicht illegal einreisen.
55-jährige Migrantin aus Venezuela
Ähnlich ist die Situation in Grenzstädten wie Ciudad Juárez, wo im März Migranten bei einem Brand in einer Sammelstelle der Einwanderungsbehörde INM ums Leben kamen. Auch im Süden von Mexiko warten Tausende Menschen auf Einreisedokumente, um sich legal durch das Land in Richtung Norden zu begeben.
Quelle: dpa

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