: Das Warten auf eine mögliche Trump-Anklage

22.03.2023 | 07:12 Uhr
Seit Jahrzehnten schafft er es, der Justiz zu entkommen: Jetzt könnte es für Ex-US-Präsident Donald Trump eng werden. Bislang ist der Zeitplan aber offen.
Vor der möglichen Anklageerhebung gegen Donald Trump hat sein Team erneut die Unschuld des früheren US-Präsidenten beteuert.Quelle: AP
Alle Augen sind auf Trump gerichtet: In den USA sind am Dienstag die Bekanntmachung einer möglichen Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump und dessen Festnahme ausgeblieben.

Geschworene kommen zusammen

Trump hatte diesen Tag dafür zuvor ins Spiel gebracht und zu Protesten aufgerufen. Der Staatsanwalt von New York ermittelt gegen den Republikaner wegen Schweigegeldzahlungen. Eine Anklage in dem Fall erscheint immer wahrscheinlicher. Berichten zufolge wird ein zuständiges Geschworenengremium an diesem Mittwoch erneut zusammenkommen - eine Abstimmung über eine Anklage ist dann möglich.
Trump wütete unterdessen weiter gegen die Justiz und machte Stimmung gegen den zuständigen Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg. Bragg ermittelt gegen den abgewählten Ex-Präsidenten wegen Schweigegeldzahlungen an die Darstellerin Stormy Daniels und das Model Karen McDougal. Die Ermittler beschäftigt die Frage, ob Trump durch die Zahlung womöglich gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat.

Grand Jury per Zufall ausgewählt

Schweigegeld ist in den USA nicht illegal, aber die Anklage könnte die 130.000 Dollar für Daniels und 150.000 Dollar für McDougal als im Bundesstaat New York unzulässige Wahlkampfspende darstellen. Trump wertet das Vorgehen als politisch motivierte "Hexenjagd" und hatte den Dienstag als Zeitpunkt seiner "Festnahme" vorausgesagt. Völlig offen ist nun, wann - und auch ob - es zu einer Anklage kommt. US-Medien halten es nicht für ausgeschlossen, dass noch in dieser Woche Anklage erhoben werden könnte. Darüber stimmt eine sogenannte Grand Jury ab.

Welche strafrechtlichen Untersuchungen laufen gegen Trump?

Kein ehemaliger Präsident war jemals mit einer solchen Flut von rechtlichen Untersuchungen konfrontiert wie Donald J. Trump, die alle in kommender Zeit auf wichtige Entscheidungen der Behörden zuzusteuern scheinen. Hier sind vier strafrechtliche Untersuchungen:

Wahlbeeinflussung in Georgia

Im Bundesstaat Georgia ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Trump wegen möglicher Wahlmanipulation. Eine Grand Jury hat kürzlich ihre Ermittlungen zu der Frage abgeschlossen, ob Trump und seine Verbündeten die Wahl 2020 kriminell beeinflusst haben. Die Entscheidung darüber, ob Trump angeklagt wird, trifft letztlich der Bezirksstaatsanwalt von Fulton County, Fani T. Willis. Trump bemühte sich, seine Wahlniederlage 2020 in Georgia, wie auch in anderen Bundesstaaten, nachträglich noch ändern zu lassen. Unter anderem forderte er damals in einem Telefonat den für die Wahl in Georgia verantwortlichen Staatssekretär unverblümt auf, genügend Stimmen für ihn "zu finden", um das Ergebnis "nachzuberechnen" und zu drehen.

Sturm aufs Kapitol am 6. Januar

Das Justizministerium stellt seit mehr als einem Jahr Fragen zu Trumps Bemühungen, die Wahl zu kippen, und dazu, ob er im Zusammenhang mit der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021 eine Straftat begangen hat. Das Ministerium hat einen Sonderermittler, Jack Smith, mit den Ermittlungen beauftragt. Er ermittelt auch in einer weiteren Untersuchung:

Geheime Dokumente auf Mar-a-Lago

Der Sonderermittler Smith untersucht auch Trumps Umgang mit sensiblen Regierungsdokumenten nach dessen Ausscheiden aus dem Amt. Die Bundespolizei FBI hatte Trumps Anwesen in Florida im vergangenen August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Dadurch, dass Trump die Unterlagen lange nach seinem Abschied aus dem Amt in seinem Privathaus aufbewahrt hatte, könnte er sich strafbar gemacht haben. Auch bei US-Präsident Joe Biden waren als geheim eingestufte Regierungsdokumente aus seiner Zeit als Vizepräsident unter Barack Obama gefunden worden. Darüber hinaus hatte auch Trumps ehemaliger Vizepräsident Mike Pence geheime Akten in seinem Besitz.

Schweigegeld

Die Ermittlungen zu Trumps Rolle bei der Zahlung von Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels während seines Wahlkampfs 2016 haben sich über Jahre, zwei Bezirksstaatsanwälte in Manhattan und mehrere Geschworenengerichte erstreckt. Daniels sagte am vergangenen Mittwoch vor den ermittelnden Staatsanwälten aus. 130.000 Dollar sollen vor der US-Präsidentschaftswahl 2016 an Daniels geflossen sein. Zugleich sagte auch Trumps früherer Anwalt Michael Cohen, der die Bezahlung abgewickelt haben soll, vor einer Grand Jury aus. Trump bestreitet die Begegnungen mit Daniels und einer weiteren Frau. Er bezeichnete die Ermittlungen als Hexenjagd eines demokratischen Staatsanwalts, Alvin Bragg.

Quelle: ZDF, dpa

Das Geschworenen-Gremium entscheidet in den USA nach Vorlage von Beweismitteln durch die Staatsanwaltschaft, ob in einem Fall Anklage erhoben werden soll. Es setzt sich aus Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die nach dem Zufallsprinzip aus Wählerunterlagen oder anderen öffentlichen Verzeichnissen ausgewählt werden.

Anzeichen stehen auf Anklage

Zumeist werden Grand Jurys eingeschaltet, wenn es sich um größere und kontroverse Fälle handelt. Die Grand Jury agiert allerdings nicht öffentlich - es ist also unklar, was hinter verschlossen Türen passiert. Gesichert ist aber, dass das Gremium in den vergangenen Wochen etliche Zeugen in dem Fall gehört hat. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass eine Anklage unmittelbar bevorsteht. Als neuer möglicher Termin für eine Abstimmung steht nun dieser Mittwoch im Raum. Möglich ist auch, dass die Geschworenen dann weitere Zeugen hören.
Die Grand Jury besteht in der Regel aus 23 Bürgerinnen und Bürgern. Eine einfache Mehrheit reicht, um für eine Anklage zu stimmen. Die Anklageschrift wäre zunächst unter Verschluss - sie kann aber auch freigegeben werden. Die Staatsanwaltschaft würde Trump und seine Anwälte in einem nächsten Schritt entsprechend über die Anklage informieren.

Beobachter rechnen mit Inszenierung von Trump

Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft dann einen Termin mit Trump vereinbaren würde, so dass dieser sich freiwillig stellen könnte. Trumps Umfeld hatte vorab versichert, dass der Ex-Präsident freiwillig vor Gericht erscheinen werde. Damit wäre eine aufsehenerregende Festnahme nicht nötig. Trump müsste dann höchstwahrscheinlich in New York erscheinen - dort würden seine Fingerabdrücke genommen und Fotos gemacht. All das würde hinter verschlossenen Türen passieren.
Im Anschluss folgt üblicherweise die Verlesung der Anklage - das ist in der Regel öffentlich. Trump könnte dann zum Beispiel auf "schuldig" oder "nicht schuldig" plädieren. Es gilt als wahrscheinlich, dass Trump nach einem solchen förmlichen Prozedere nach Hause gehen könnte. Medien erwarten, dass ein solcher Termin - sollte es zu einer Anklage kommen - erst in der kommenden Woche ansteht. Es ist aber davon auszugehen, dass Trump oder auch die Staatsanwaltschaft die Anklage bereits zuvor öffentlich machen würden.
Quelle: dpa

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