: Stoppt Karlsruhe Berliner Wahlwiederholung?

von Samuel Kirsch
31.01.2023 | 06:18 Uhr
Wegen mehrerer Probleme soll die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wiederholt werden. Heute entscheidet das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, ob das rechtens ist.
Die Neuwahl der Berliner Abgeordnetenhauses ist für den 12. Februar vorgesehen.Quelle: dpa (Archiv)
Der Wiederholungs-Wahlkampf läuft auf Hochtouren, Briefwahlunterlagen sind verschickt. Am 12. Februar soll sie stattfinden, die pannenbedingte Wiederholung der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen. Doch eines steht noch aus: Ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der entscheidend dafür ist, ob die Wiederholungswahlen überhaupt durchgeführt werden können. Für Dienstagvormittag hat das Karlsruher Gericht angekündigt, seine Entscheidung zu veröffentlichen.
Angeordnet hatte die Komplett-Wiederholung der Berliner Verfassungsgerichtshof. Die Berliner Richterinnen und Richter sahen beim ursprünglichen Wahltermin im September 2021 "angesichts der Vielzahl und Schwere" der Wahlfehler keine andere Möglichkeit als die gesamte Wahl für nichtig zu erklären. Eine Wiederholung nur in einzelnen Stimmbezirken hielten sie für nicht ausreichend.

Entscheidung für Komplett-Wiederholung umstritten

Diese Entscheidung ist umstritten. Denn grundsätzlich gilt, dass eine Wahl nur in dem Umfang wiederholt werden darf, der aufgrund der Fehler unbedingt nötig ist. Dutzende Abgeordnete, die im September 2021 in das Berliner Abgeordnetenhaus und die Kommunalparlamente gewählt wurden, fürchten infolge der gerichtlich angeordneten Wahlwiederholung den Verlust ihrer Mandate und haben gegen das Urteil des Berliner Verfassungsgerichts mehrere Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Mit einem Eil-Antrag wollen 43 Kläger die Neuwahl in Berlin verhindern. Sie wollen die Wahl nur in den Bezirken wiederholen, in denen im September 2021 Fehler gemacht wurden.

10.01.2023 | 01:52 min
Der umfangreichsten Beschwerde haben sich 43 Abgeordnete des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen angeschlossen. Sie machen geltend, es habe auch Stimmbezirke gegeben, in denen so gut wie keine Wahlfehler passiert seien. Außerdem habe der Berliner Verfassungsgerichtshof das Bundesverfassungsgericht einschalten müssen, bevor er die Wahl insgesamt für nichtig erklären konnte.

Kurzfristige Wahlverschiebung als Ziel

Mit Eilanträgen wollen die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer erreichen, dass die Wiederholung der Wahlen kurzfristig verschoben wird, bis das Bundesverfassungsgericht endgültig in der Sache entschieden hat.
Ob die Karlsruher Richterinnen und Richter dem folgen, ist offen. Nach ihrer bisherigen Rechtsprechung sind es die Verfassungsgerichte der Länder, die bei der Überprüfung von Landtags- und Kommunalwahlen das letzte Wort haben. Eine Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht einzuschalten, ist in diesen Fällen bislang nicht vorgesehen. Dazu müsste das Gericht also wohl seine Rechtsprechung ändern.

Entscheidung zunächst nur vorläufig

Mit dem Beschluss, der heute veröffentlicht werden soll, wird das Bundesverfassungsgericht aller Voraussicht nach nur vorläufig über die Eilanträge entscheiden. Eine endgültige Entscheidung in der Sache dürfte zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Dennoch wird der Beschluss Klarheit darüber bringen, ob der geplante Wiederholungs-Wahltermin am 12. Februar gehalten werden kann oder ausgesetzt werden muss.
Der angekündigte Beschluss betrifft ausschließlich die Abgeordnetenhaus- und Kommunalwahlen. Die Bundestagswahl in Berlin, die 2021 zeitgleich mit den Wahlen auf Landesebene stattfand, steht wegen zahlreicher Wahlpannen ebenfalls auf dem Prüfstand. Eine entsprechende Wahlprüfungsbeschwerde ist derzeit gleichfalls in Karlsruhe anhängig. Über sie wird das Bundesverfassungsgericht aber zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.
Samuel Kirsch arbeitet als Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz

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