Viele kennen es nur zu gut: Veränderungen an den Füßen, die beim Gehen schmerzen. Die gute Nachricht: Regelmäßige Fußgymnastik kann einiges bewirken. So geht’s.
15.05.2024 | 06:04 min
Was Sie hier lesen, ist "für die Füße" - und zwar im positiven Sinne. Denn die werden von vielen eher stiefmütterlich behandelt. Meistens so lange, bis Beschwerden auftreten. Schuld sind nicht selten erworbene Veränderungen an den Füßen wie ein Knick-Senk-Spreizfuß.
Bei sehr vielen Fußproblemen ist das Fußgewölbe verändert. Es kann zu wenig vorhanden oder, wenn auch seltener, zu stark ausgeprägt sein. Physiotherapeutin Martha Bethge-Koch sagt: "Wenn der Fuß ein gutes Gewölbe hat, kann das die Statik des ganzen Körpers positiv beeinflussen."
Die Füße sind die Basis des Körpers und damit elementar wichtig für die gesamte Körperhaltung. Sie bestehen aus jeweils 27 Knochen, 33 Gelenken, 20 Muskeln und über 100 Bändern.
Der Fuß hat die physiologische Besonderheit, dass er zum einen auf sehr begrenztem Raum sehr stabil sein muss, zum anderen muss er aber auch sehr flexibel auf Stöße und Belastungen reagieren.
Diese Flexibilität und Stabilität beruhen auf dem Prinzip der "Verwringung", einer Bewegung, bei der sich Vorderfuß und Mittelfuß wie ein Handtuch beim Auswringen gegen- beziehungsweise ineinander drehen. Dadurch entsteht das Fußgewölbe in der Mitte des Fußes.
Bei anhaltenden Beschwerden oder Schmerzen ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen und abklären zu lassen, ob es Behandlungsbedarf gibt. Auch Einschränkungen in der Funktion der Füße sollten abgeklärt werden, etwa, wenn man häufig umknickt, sich instabil fühlt oder auch, wenn man nicht mehr auf einem Bein stehen kann.
Was eine Fußfehlstellung begünstigt
Bei Fußfehlstellungen denken viele wahrscheinlich zuerst an hohe Schuhe als Ursache. Aber so einfach ist es nicht, weiß die Expertin.
Nicht jeder, der einen hohen Schuh trägt, bekommt einen Hallux valgus oder ein Spreizfuß-Problem.
Dr. Martha Bethge-Koch, PhysiotherapeutinWenn sich ein Fuß verformt, kann das auf einem Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit beruhen. Es gibt viele Komponenten, die das begünstigen können. Es muss immer individuell betrachtet werden.
Wer selbst prüfen will, wie es um seine Füße bestellt ist, stellt sich am besten vor den Spiegel und schaut, ob der Fuß - von der Innenseite betrachtet - im Mittelfuß einen Bogen hat, das Gewölbe.
Wenn der Fuß Kontakt zum Boden hat, kann das auf einen Senkfuß hindeuten, umgangssprachlich auch "Plattfuß" genannt.
Geht der Vorfuß von oben betrachtet weit auseinander, kann das auf einen Spreizfuß hinweisen.
Wie schmerzende Füße gar nicht erst entstehen
Man kann einiges tun, um Fußproblemen vorzubeugen. Ist der Fuß gesund, kann zum Beispiel Barfußlaufen förderlich für die Gesundheit des Fußes sein.
Allerdings stelle Barfußlaufen für den Fuß eine hohe Belastung dar, die voraussetze, dass dessen Biomechanik intakt und ein Abrollvorgang möglich sei, sagt die Expertin.
Wenn der Fuß schon ein Problem hat, kann Barfußlaufen eher zu mehr Problemen führen.
Dr. Martha Bethge-Koch, PhysiotherapeutinSei der Fuß bereits verändert, setze man ihn beim Barfußlaufen hohen Druckmomenten von unten aus, die dann nicht durch eine Schuhsohle abgefedert würden. Die Folge: Noch mehr Schmerzen, die sich wiederum negativ auf den Gang auswirken könnten. Hier mache es eher Sinn, zuerst gezielt Fußgymnastik zu machen, so Bethge-Koch weiter.
Bei Übungen kurze Fußmuskeln nicht vergessen
Häufiger Fehler sei, dass man bei Fußübungen solche auswähle, die nicht wirklich passen. So seien Übungen, die nur die langen Fußmuskeln trainieren, häufig nicht das, was den Fuß primär stabiler mache und das Gewölbe aufrichte.
Wir sehen häufig Leute, die sagen: "Ich übe ganz viel, aber es wird nicht besser".
Dr. Martha Bethge-Koch, PhysiotherapeutinEs sei wichtig, auch die kurzen Fußmuskeln zu trainieren. Welche Übungen infrage kommen, sollte man mit einem Fuß-Experten besprechen.
Was man mit Einlagen erreichen kann
Noch immer hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass Einlagen den Fuß "schwach" machen. Es stamme aus den 60er-Jahren, erklärt Orthopäde Jörg Bethge. Damals seien Einlagen passgenau aus Metall gefertigt worden, der Fuß habe keinerlei Bewegungsfreiheit gehabt. Dadurch sei tatsächlich Fußmuskulatur abgebaut worden.
Moderne Einlagen bestehen aus weichen, federnden und elastischen Materialien. Sie haben einen stützenden Effekt und stimulieren die Fußmuskulatur. Darüber hinaus gibt es auch bettende Einlagen, die den Fuß durch Druckumverteilung entlasten.
Moderne Einlagen sind Trainingsgeräte für den Fuß.
Dr. Jörg Bethge, OrthopädeBei Fußfehlstellungen seien Einlagen häufig unerlässlich und eine sinnvolle Ergänzung zur Fußgymnastik, so der Experte.
Bei Kindern gibt es Einschränkungen: Früher sei es normal gewesen, schon kleine Kinder mit Einlagen zu versorgen, sagt Orthopäde Jörg Bethge. Heute weiß man, dass Senk- und Plattfüße bis zum Alter von etwa zehn Jahren ganz normal sind. Dann allerdings sollten die Füße eine gute Spannung haben. Falls nicht, sollte man ärztlich abklären lassen, ob Einlagen nötig sind oder nicht.
Gibt es den "richtigen Schuh"?
Um es gleich vorwegzusagen: Nein, auch das ist individuell verschieden. Hinzu komme, dass man viele Schuhe zum Wechseln brauche und das Wissen, wann welcher Schuh passend sei, erklärt Physiotherapeutin Martha Bethge-Koch. Das sei zum einen abhängig von der Situation, in der man den Schuh trage, aber auch von den aktuellen Schmerzen und dem Trainingszustand.
Julia Tschakert ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".