: Die Mehrheit glaubt ans Vorrunden-Aus

von Markus Harm und Frank Hellmann
22.03.2024 | 15:30 Uhr
Kaum Freude auf die EM, Image im Keller, Präsident in der Kritik: Eine Umfrage für den ZDF-Film "Millionenspiel EM - letzte Chance für den DFB?" liefert erschütternde Ergebnisse.
Liebesentzug für die Nationalmannschaft: Nach der Testspiel-Pleite im November 2023 gegen Österreich lassen einige Fans ihre Fahnen im Ernst-Happel-Stadion zurück.Quelle: Imago / MIS
Es ist nicht mehr lange hin, bis die Fußball-Europameisterschaft mit dem Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland startet. Doch die Vorfreude auf den Startschuss am 14. Juni 2024 in München und die folgenden Wochen sind bislang allenfalls in Spurenelementen erkennbar. Echtes EM-Fieber ist - auch wegen dreier vermasselter Turniere in Folge - kaum spürbar.
Verena Pausder, Vorstandsvorsitzende des deutschen Startup-Verbandes, sagt im ZDF-Film "Millionenspiel EM - letzte Chance für den DFB?": "Also ich war gerade in Paris, und da ist jetzt schon alles mit Paris 2024 gebrandet, jedes Haus. Du merkst jetzt schon die Atmosphäre in der Stadt: Bald geht’s los. Und ich bin hier in Berlin, ich habe noch nicht ein einziges Plakat gesehen, keine digitale Werbung, nichts."

Sendehinweis: "Millionenspiel EM - letzte Chance für DFB?"

Quelle: ZDF
Das deutsche Fußball-Nationalteam startet am Samstag, 23. März (21 Uhr), mit dem Testspiel gegen Frankreich ins EM-Jahr (ZDF ab 20.15 Uhr). Schon jetzt ist in der ZDFmediathek die "sportstudio reportage: Millionenspiel EM - letzte Chance für den DFB?" zu sehen. Der Film zeigt, wie sehr der deutsche Fußball und der DFB eine erfolgreiche EM benötigen.

Der Film von ZDF-Reporter Markus Harm beleuchtet die "tiefroten Zahlen", die auch den aktuell viel diskutierten Ausrüsterwechsel nach 70 Jahren hervorgerufen haben. Der hohe Kostenfaktor DFB-Akademie, die finanzielle Zurückhaltung der großen Sponsoren und die drohende Aberkennung der Gemeinnützigkeit rücken dabei in den Fokus.

Nur 53 Prozent freuen sich auf die EM

Dem entgegnet DFB-Präsident Bernd Neuendorf gegenüber dem ZDF: "Wir haben eine ganze Menge von Euphorie im Land, die vielleicht nicht jeden Tag sichtbar wird über Transparente und Werbung, aber die Menschen wissen ganz genau was passiert und freuen sich drauf."
Das ZDF hat zusammen mit der Universität Würzburg und den Meinungsforschern von FanQ eine repräsentative Umfrage mit 5.000 Teilnehmern durchgeführt. Die Zahlen sind ziemlich erschreckend: Nur rund 53 Prozent der Befragten freuen sich auf die EM.

Der DFB, der größte Verband der Welt, schlittert von einer Krise in die Nächste. Sportlich nur noch Mittelmaß. Die EM im eigenen Land - letzte Chance für einen Neustart?

22.03.2024 | 20:22 min
Nur 16 Prozent sagen, das Team schafft es ins Halbfinale oder Finale, 48 Prozent gehen von einem Ausscheiden in der Vorrunde aus, obwohl die DFB-Auswahl in der Gruppe mit Schottland (14. Juni/ZDF), Ungarn (19. Juni/ARD) und Schweiz (23. Juni/ARD) doch eigentlich lösbare Aufgaben vor sich hat.

Selbstverständnis der Fußballnation ist verletzt

Offenbar haben das Vorrunden-Aus bei der WM 2018 in Russland, der Achtelfinal-K.o. bei der EM 2021 gegen England und die auf allen Ebenen vermasselte WM 2022 in Katar tiefe Wunden gerissen - und das Selbstverständnis der stolzen Fußballnation verletzt.
Hans-Joachim Watzke, als DFL-Aufsichtsratsvorsitzender, DFB-Vizepräsident, UEFA-Exekutivkomitee-Mitglied und Boss von Borussia Dortmund der wohl mächtigste Mann im deutschen Profifußball, sagt:
Was wir jetzt hinkriegen müssen ist, dass wir unsere sportliche Visitenkarte mal wieder etwas schmücken. Die ist nach den letzten drei Turnieren schon etwas angekratzt.
Hans-Joachim Watzke

Umgang mit den Fans vernachlässigt

Der Sportwissenschaftler Harald Lange beschäftigt sich seit langem mit dem DFB und zeigt sich wenig überrascht von den Ergebnissen. "Ich denke, es war naiv darauf zu setzten, das Sommermärchen 2.0 oder 4.0 ins Leben rufen zu wollen. Das hatte man ja 2006 auch nicht wirklich in der Hand, dass es so genial gelaufen ist, wie es dann gelaufen ist. Das, was man in der Hand hat, ist der Umgang mit den Fans, mit der Öffentlichkeit und eben auch am eigenen Image zu arbeiten. Und das hat man in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt."
So kommt auch der erst vor zwei Jahren beim DFB-Bundestag in Bonn ins Amt gehievte Verbandschef Bernd Neuendorf bei den Fußballfans nicht gut weg: In der ZDF-Umfrage geben 79 Prozent der Befragten an, dass sie die Arbeit der Führungsspitze und die des DFB-Präsidenten für schlecht halten. 67 Prozent finden sogar, dass Neuendorf von seinem Amt zurücktreten sollte, wenn die Nationalelf in der Vorrunde scheitert.

Das Image hat gelitten

Das Image des DFB hat durch diverse Skandale und die fast schon regelmäßigen Razzien der Finanzbehörden gelitten. 83 Prozent der Befragten bewerten es als schlecht.
Die deutschen Fans sind der Meinung, dass sich der DFB von Grund auf erneuern muss. 53 Prozent der Befragten geben sogar an, dass ihnen eine Strukturreform des Verbandes wichtiger ist als sportlicher Erfolg bei der EM.
Fredi Bobic sieht das ganz ähnlich. Der Europameister von 1996, der lange im Gespräch war als neuer DFB Sportdirektor, kritisiert im ZDF-Interview die Schwerfälligkeit des Verbandes:
Die Struktur des DFB ist immer noch eine, die extrem veraltet ist, verkrustet ist, wo keine Dynamik herrscht.
Fredi Bobic
Bobic sagte weiter: "Wenn man nur die Organigramme sieht, den großen Wasserkopf, da sieht man einfach, das ist aus der alten Zeit und die richtige Professionalisierung hat noch nicht in der Form stattgefunden, wie es sein müsste."

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