: Wie neutral sind Russlands neutrale Athleten?

von J. Schneider und M. Harm
26.07.2024 | 09:30 Uhr
31 Sportler aus Russland und Weißrussland starten bei Olympia als neutrale Athleten. Kritik an deren Teilnahme und an den Kriterien des IOC gibt es nicht nur aus der Ukraine.
Hat laut "Athleten Deutschland" einen Telegram-Post der russischen Propaganda-Chefin Margarita Simonjan geliked: Tennisspielerin Diana Shnaider.Quelle: IMAGO / IPA Sport
Im Sommer 2022 besuchte Thomas Bach Sportstätten in der Ukraine, sprach mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und bekundete dem Land seine Sympathie. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) öffentlich empfohlen, russische und belarussische Sportlerinnen und Sportler von den Olympischen Spielen wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine auszuschließen.
Das ist zwei Jahre her. Bei den am Freitag mit der Eröffnungsfeier startenden Olympischen Sommerspielen nehmen dennoch Athletinnen und Athleten mit russischem oder weißrussischem Pass teil.

Die Dokumentation "Olympische Matchtspiele" befasst sich mit Thoams Bachs Verbindung zu Wladimir Putin.

17.07.2024 | 28:59 min

IOC lässt 31 neutrale Athleten zu

Im Dezember 2023 hatte der Olympische Dachverband den Weg geebnet für neutrale Athleten (AINs) aus beiden Ländern - wenn sie bestimmte Auflagen erfüllen. So werden nach jetzigem IOC-Stand (24. Juli) 15 russische sowie 16 belarussische Athleten teilnehmen.

Die Kriterien für neutrale Athleten

  • Kategorischer Ausschluss von Mannschaften in Teamwettbewerben
  • Keine Athletinnen- und Athleten, die den Krieg aktiv unterstützen
  • Athletinnen- und Athleten dürfen nicht beim Militär oder den nationalen Sicherheitsbehörden unter Vertrag stehen

60 Sportlerinnen- und Sportler wurden eingeladen. Auf die Einladungsliste folgte Kritik - nicht nur aus der Ukraine.

Knapp die Hälfte der Eingeladenen schlug aus. Die russischen Ringer und Judoka etwa boykottieren auf Druck aus der Heimat.

Tennisprofis wie Andrey Rublev, Ljudmila Samsonowa sagten dagegen aus sportlichen Gründen ab.

Maximilian Klein, stellvertretender Geschäftsführer von "Athleten Deutschland", stellt sich klar gegen diese Lösung. "Wir haben uns von Anfang an dafür ausgesprochen, dass es einen Totalausschluss russischer Athletinnen und Athleten gibt. Denn wir haben einfach keine Maßnahme gesehen, die geeignet und angemessen ist, um die Instrumentalisierung des Sports durch Putin für seine Kriegspropaganda zu unterbinden", sagte er am vergangenen Samstag im aktuellen sportstudio:
Und vor allem wollten wir die Rechte der ukrainischen Athletinnen und Athleten gewahrt haben.
Maximilian Klein, stellvertretender Geschäftsführer von "Athleten Deutschland

Stabhochspringerin Hladijtschuk kritisiert Bach

Jana Hladijtschuk, ukrainische Hallenmeisterin im Stabhochsprung, deutet in der ZDF-Dokumentation "Olympische Machtspiele" an, dass die Ausnahmeregelungen auf die Bindung zwischen IOC-Präsident Bach und Russlands Präsident Wladimir Putin zurückzuführen sein könnten.
"Ich bin wirklich wütend und enttäuscht, dass einige ihre Verbindungen zu russischen Funktionären oder Präsidenten von totalitären Regimen dem fairen Kampf vorziehen. Wir können absolut nicht glauben, dass sie Entscheidungen treffen, die nicht fair sind - und das wegen ihrer Freundschaft tun", sagte Hladijtschuk, die sich in Deutschland auf die Spiele vorbereitete. Wie Hladijtschuk haben sich einige andere ukrainische Sportler geäußert.

Die "voreilige Entscheidung" des IOC, russische und belarussische Athleten wieder an Olympischen Spielen teilnehmen zu lassen, sendet "ein verheerendes Signal", sagt Athletensprecher Maximilian Klein.

27.01.2023 | 03:58 min

Ukraines Sportminister spricht von Regelbrüchen

Ukraines Sportminister, Matwij Bidny reagierte in der ARD-Doku "Krieg und Spiele" mit Unverständnis auf die Kriterien des IOC für neutrale Athletinnen und Athleten. Laut dem Minister nehmen neutrale Athleten in Paris an den Spielen teil, die die Kriterien missachtet haben.
Gemeinsam mit ukrainischen Journalisten habe das ukrainische Olympische Komitee eigene Untersuchungen durchgeführt und dabei mehr als 800 Dossiers über russische Athleten und Funktionäre, die sich zum Krieg geäußert und diesen öffentlich unterstützt haben, gesammelt.
"Athleten Deutschland" spricht von sportartübergreifend knapp 100 Regelbrüchen. Klein urteilte: "Die Regeln, die das IOC formuliert hat, waren überhaupt nicht wirksam."

Die Suspendierung von Russlands Olympischem Komitee bedeutet nicht unbedingt das Veto für russische Athleten. Markus Harm über das Kalkül von IOC-Chef Bach.

13.10.2023 | 01:40 min

Ukraine kritisiert russische Athletinnen

Trampolinturnerin Angela Bladtseva etwa habe laut dem ukrainischen Sportministerium an einem Wettbewerb teilgenommen, bei dem ein großes Plakat mit dem kriegsverherrlichenden Z-Symbol an der Wand hing.
Tennisspielerin Diana Shnaider habe einen Telegram-Post der russischen Propaganda-Chefin Margarita Simonjan geliked. Beide Athletinnen wurden zu den Spielen eingeladen.
Ukrainian Tennis auf X
Der Präsident des russischen Tennisverbands Schamil Anwjarowitsch hat unlängst angekündigt, die russischen Spieler in Paris unterstützen zu wollen. 2023 hielt der Präsident eine Rede auf einem Tennisevent, das den Krieg unterstützte. Er trug eine Militärkappe.

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