: Die Müller-Dämmerung

von Maik Rosner
01.05.2023 | 15:58 Uhr
Früher hieß es mal, Thomas Müller spiele immer. Nun spielt er bei den Bayern immer weniger. Das wirft die Frage auf, ob und wie es mit ihm unter Trainer Thomas Tuchel weitergeht.
Besonders wertvoll als Antreiber und Identifikationsfigur: Thomas MüllerQuelle: reuters/Angelika Warmuth
Zügig durchlief Thomas Müller die Mixedzone nach dem mühsamen 2:0 des FC Bayern gegen Hertha BSC. Dabei verweilt der 33-Jährige im Begegnungsbereich von Spielern und Medien eigentlich gerne, um seine Meinung kundzutun.
Doch am Sonntag zog es die Identifikationsfigur der Münchner zum wiederholten Male vor, nicht stehen zu bleiben. Stattdessen hinterließ Müller nur eine kurze Ansage im Vorbeigehen: "Da simmer wieder! Wir holen uns das Ding! Könnt ihr schreiben." Sprach’s, grinste und zog von dannen.

Müller vor seinem zwölften Meistertitel

Zuvor hatte Thomas Müller mit den Kollegen vorm Fanblock die Rückkehr an die Tabellenspitze gefeiert. Schreiend hatte er eine Faust geballt, in die Höhe gereckt und geschüttelt. Das sollte wohl ein kämpferisches Signal sein, dass jeder Bayer alles für den Meistertitel im Fernduell mit Borussia Dortmund geben solle.
Für Müller wäre es der zwölfte Gewinn der Schale, womit er seinen Rekord ausbauen würde. Ohnehin ist er mit bisher 32 Mannschaftstiteln beim FC Bayern und in der Nationalelf der erfolgreichste deutsche Fußballer der Geschichte.

Müllers junger Konkurrent Musiala

Zunehmend stellt sich aber die Frage, wie lange diese Erfolgsstory noch anhält. Gegen die Hertha saß Müller wieder einmal zunächst auf der Bank, erst nach rund einer Stunde wechselte ihn Thomas Tuchel ein.

Nicht glanzvoll, aber erfolgreich: Mit einem mühsamen 2:0 gegen Schlusslicht Hertha BSC hat der FC Bayern München die Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga zurückerobert.

01.05.2023 | 09:16 min
Schon beim Aus in der Champions League in den beiden Viertelfinals gegen Manchester City hatte der neue Trainer nicht auf Müller gesetzt - mit der Begründung, dies seien keine Thomas-Müller-Spiele. Vor der Partie gegen die Hertha verwies Tuchel auf den teaminternen Konkurrenten Jamal Musiala, 20.

Tuchel lobt wie einst Guardiola

Er habe sich "für Jamal entschieden, weil er ein bisschen besser durch die Räume dribbeln kann", erklärte Tuchel. Später berichtete der Trainer von "Rückenproblemen", die Müller mit sich herumschleppe. Zugleich beeilte sich Tuchel, Müllers Wert fürs Team herauszustellen. "Super wichtig" sei Müller und im Moment im Handling "überhaupt kein Problem", schließlich sei der Routinier "top, top, top professionell", sagte Tuchel.
Der Trainer klang dabei wie einst Pep Guardiola, der seine Spieler in seiner Amtszeit beim FC Bayern von 2013 bis 2016 oft weit über seine tatsächliche Beurteilung hinaus gelobt hatte.

Van Gaals Regel gilt nicht mehr

Inwieweit auch Tuchel mit übermäßigem Lob versucht, die Müller-Debatte einzubremsen, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Auf jeden Fall weiß der Trainer ganz genau, dass Müllers Rolle ein Politikum darstellt.
Louis van Gaal hatte einst festgelegt: "Müller spielt immer." Inzwischen heißt es eher: Müller spielt immer weniger. Es wirkt wieder einmal, als habe eine Müller-Dämmerung eingesetzt, die schon mehrfach eingeleitet, aber auch stets abgebrochen worden war.

Sturz von Kovac und Hamanns Prognose

Als Niko Kovac 2019 sagte, Müller werde seine Minuten bekommen, "wenn Not am Mann ist", waren seine Tage als Münchner Trainer gezählt. Inzwischen allerdings geht Müller auf die 34 zu, und auch unter Tuchels Vorgänger Julian Nagelsmann hatte er sich häufiger auf der Bank wiedergefunden.
Der Experte Dietmar Hamann prognostizierte bereits: "Unter Tuchel wird Thomas Müller nächste Saison kein Bayern-Spieler mehr sein."

Bleibt Müller bis 2024?

Klar ist: Eine dauerhafte Rolle als Ergänzungsspieler wäre für Müller sehr unbefriedigend. Andererseits läuft sein Vertrag bis Mitte 2024, und es erscheint fraglich, ob sich der heimatverbundene Müller im Herbst seiner Karriere einen Vereinswechsel vorstellen kann.
Neben dem derzeit dominierenden Thema, ob Oliver Kahn Vorstandsvorsitzender bleiben wird, dürfte auch die Frage nach Müllers Zukunft die Bayern durch die letzten Saisonwochen begleiten. Wahrscheinlich sogar darüber hinaus.

1. BAYERN MÜNCHEN (32 Spiele/89:34 Tore/68 Punkte)

RB Leipzig (H)

1. FC Köln (A)

2. BORUSSIA DORTMUND (32/78:42/67)

FC Augsburg (A)

FSV Mainz 05 (H)

3. RB LEIPZIG (32/57:38/60)

Bayern München (A)

Schalke 04 (H)

4. UNION BERLIN (32/48:34/59)

TSG Hoffenheim (A)

Werder Bremen (H)

5. SC FREIBURG (33/50:42/59)

Eintracht Frankfurt (A)

6. BAYER LEVERKUSEN (32/55:44/49)

Borussia Mönchengladbach (H)

VfL Bochum (A)

7. VFL WOLFSBURG (33/56:46/49)

Hertha BSC (H)

8. EINTRACHT FRANKFURT (32/54:49/46)

FC Schalke 04 (A)

SC Freiburg (H)

9. FSV MAINZ 05 (32/51:49/45)

VfB Stuttgart (H)

Borussia Dortmund (A)

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