: "Inflation hartnäckiger, als viele dachten"

03.07.2023 | 18:19 Uhr
Bundesbank-Chef Joachim Nagel hält die Inflation weiterhin für zu hoch. Mit einem raschen Absenken des Leitzins sei vorerst nicht zu rechnen, Preisstabilität noch weit entfernt.
Die Preise von Lebensmitteln sind stark von der Inflation betroffen.Quelle: dpa
Im Kampf gegen die hohe Teuerung sind nach Ansicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel weitere Zinserhöhungen notwendig. "Die Inflation im Euroraum ist zwar rückläufig, aber weiterhin zu hoch. Und die jüngsten Prognosen legen nahe, dass wir mit einem zeitnahen Wiederherstellen von Preisstabilität nicht rechnen können", sagte Nagel am Montag beim "Frankfurt Euro Finance Summit".
"Die Inflation erweist sich als hartnäckiger, als viele dachten. Nun muss sich die Geldpolitik als hartnäckiger und konsequenter erweisen, als viele erwartet hätten", sagte der Bundesbank-Präsident.
Wir werden noch eine geraume Zeit mit zu hohen Inflationsraten leben müssen, das ist eine harte Wegstrecke. Da muss die Geldpolitik hartnäckig bleiben.
Joachim Nagel, Bundesbank-Präsident

EZB strebt weitere Leitzins-Erhöhung an

Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen hat die Europäische Zentralbank (EZB) im vergangenen Sommer die Zinswende eingeleitet.
Seit Juli 2022 erhöhte die Notenbank im Kampf gegen die hohe
Inflation die Zinsen im Euroraum acht Mal in Folge
. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, liegt mittlerweile bei 4,0 Prozent.
Für die nächste Zinsentscheidung am 27. Juli hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine weitere Erhöhung in Aussicht gestellt.

Nagel: Weitere Zinserhöhungen möglich

Nagel, der im EZB-Rat über die Geldpolitik mitentscheidet, sagte am Montag: "Ob die Leitzinsen nach der Sitzung im Juli weiter erhöht werden müssen, werden wir in Abhängigkeit von der künftigen Datenentwicklung beschließen. So wie ich das sehe, wenn ich mir die Daten heute anschaue, haben wir noch eine Wegstrecke zurückzulegen."
Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an.

Bundesbank-Chef befürchtet Verfestigung der Inflation

Nagel betonte, nur ein kleiner Teil der Bevölkerung würde bei Inflationsraten von drei Prozent und mehr noch von Preisstabilität sprechen. "Ein Aufweichen oder Relativieren unserer Zielrate würde dazu beitragen, dass die mittelfristigen Inflationserwartungen steigen", sagte er weiter. Das wäre zudem mit dem Risiko verbunden, dass sich die Inflation verfestige.
"Die Kerninflationsrate, bei der die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden, zeigt noch keinen klaren Abwärtstrend", sagte Nagel. "Im Juni lag sie gemäß Schnellschätzung bei 5,4 Prozent und damit wieder etwas höher als im Monat zuvor." Die zugrundeliegende Inflation sei also hartnäckiger, als der Rückgang der Gesamtrate nahelege.
Quelle: dpa, AFP

Thema

Mehr zur Inflation