: Credit Suisse: Rettungspaket beruhigt Anleger

von Stephanie Barrett
16.03.2023 | 17:25 Uhr
Die Schweizer Notenbank hat mit Milliarden-Hilfen die Aktien-Talfahrt der angeschlagenen Credit Suisse beendet. "Die Kuh ist vom Eis" urteilt ein Experte. Was jetzt wichtig ist.
Die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) griff in der Nacht nun doch nach der Rettungsleine der Schweizer Nationalbank und nahm einen Kredit von 50 Milliarden Schweizer Franken (51 Milliarden Euro) von der Notenbank entgegen. Zuvor war die Aktie zwischenzeitlich um 30 Prozent auf 1,55 Franken fast ins Bodenlose gestürzt und riss gleich auch andere europäische Finanzinstitute ins Minus.
Immerhin, die Stützungsmaßnahme der Notenbank wirkt: Europas Anlegern verschafft das Rettungspaket für die Schweizer Großbank Credit Suisse etwas Luft zum Durchatmen. Und: Die Zahlungsfähigkeit der CS - vorerst gewährleistet.  
Die Maßnahme ist ein historischer Vorgang, doch die Crédit Suisse, Nummer zwei in der Schweiz, fällt in die Kategorie: "too big to fail". Diese Institute sind so groß und vor allem so eng mit dem Rest der Finanzwelt vernetzt, dass sie einfach nicht scheitern dürfen, weil die Folgen für das Finanzsystem verheerend wären. Robert Halver von der Baader Bank gegenüber dem ZDF:
Die Kuh ist vom Eis - das wichtigste: Jetzt muss Ruhe einkehren - Kunden müssen das Gefühl haben, ich bekomme mein Geld.
Robert Halver, Baader Bank
Die Schweizer Bank Credit Suisse bekommt Hilfe von der Zentralbank des Landes. ZDF-Reporter Frank Bethmann erklärt, welches Signal das an die Kunden aussendet:

Was bedeutet das für die Zinsstrategie der Europäischen Notenbank?

Heute hat die EZB Kurs gehalten und erwartungsgemäß den Leitzins um weitere 0,5 Prozent erhöht. Damit bewahrt sie ihre Glaubwürdigkeit. Alles andere hätte Zweifel an der Sicherheitsarchitektur europäischer Banken aufkommen lassen. Doch in Zukunft wird die Europäische Zentralbank das Tempo möglicherweise drosseln, denn die Währungshüter stehen vor dem Dilemma: Sie müssen die Inflation bekämpfen, und gleichzeitig eine Finanzmarktkrise verhindern.  
Robert Halver von der Baader Bank: "Die EZB wird ihren Kurs nicht abbremsen, das wäre ein Eingeständnis, in Europa brennt was an, sie wird aber das Tempo verlangsamen."
Den Luxus der Inflationsbekämpfung können wir uns derzeit einfach nicht mehr leisten.
Robert Halver, Baader Bank
Es sei "gut, dass die Schweizer Notenbank eingegriffen hat", so Halver. "In solch einem Moment der Gefahr einer Bankenkrise ist Inflationsbekämpfung nicht mehr so dringend wie vorher. Die strikte Politik der Inflationsbekämpfung kann jetzt nicht mehr im Fokus stehen - das wichtigste ist es, die Stabilität der Banken zu sichern."
Der Kredit von 50 Milliarden Franken soll einen Domino-Effekt im Bankensektor abgewenden. Warum die Lage so brisant ist:

Wie kam es zum Absturz der Credit Suisse?

Die Krise der Credit Suisse ist hausgemacht und auch in der europäischen Bankenlandschaft ein Einzelfall. Die Nummer zwei in der Schweizer Bankenlandschaft steht seit längerem schon unter kritischer Beobachtung und ist in eine Reihe von Skandalen verwickelt: Geldwäsche, die Beteiligung an der Greensill-Pleite, chronische Kontrollschwächen sowie schlampiges Risikomanagement lösten eine tiefe Vertrauenskrise aus und brachten das Finanzinstitut in Verruf. Kunden zogen über 100 Milliarden Franken an Kapital ab, im vergangenen Jahr präsentierte die Bank einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken.  
Anfang März stoppte sie die Veröffentlichung des Geschäftsberichts, weil die US-Wertpapieraufsicht SEC noch mit Fragen zu früheren Abschlüssen an das Institut herangetreten war. Vertrauen, die wichtigste Währung von Banken schmolz dahin. Als ein saudi-arabischer Großaktionär erklärte, er werde aus vielen Gründen "auf keinen Fall" weiteres Kapital in die Bank investieren, war das Fass voll, und löste ein Börsenbeben aus.
Nach dem Kollaps der amerikanischen Startup-Finanzierungsbank SVB kommt auch Sorge um deutsche Banken auf. Frank Bethmann erklärt, was das bedeuten könnte:

Steht Europa vor einer neuen Finanzkrise?

Das deutsche und das europäische Bankensystem sind viel besser gerüstet als 2008 zur Lehman-Krise - massive Regulierungsmaßnahmen haben sie stabiler gemacht. Soweit die rationale Betrachtung, doch mit Zweifeln und Vertrauensverlusten können Finanzmärkte nur schwer umgehen.
"Wenn der Keim des Misstrauens gelegt ist, sagen sich Anleger 'zur Sicherheit gehen wir raus'"
Robert Halver, Baader Bank
"Hier wollen Notenbanken dafür sorgen, dass auch nicht der Hauch eines Zweifels an der Bankenstabilität aufkommt, wenn auch nur ein Streichholz angezündet wird, kommen alle Löschzüge der Notenbanken und löschen alles - die Notenbanken werden das Schlimmste verhindern" erklärt Banker Halver.
Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank erinnert an die Pleite der Investmentbank Lehmann Brothers 2008. Warum trotzdem keine neue Finanzkrise droht:

Finanzminister Lindner vertraut auf "leistungsfähige" BaFin

Die Bundesregierung ist nach den Worten von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit allen Beteiligten in einem "ständigen und intensiven Austausch". "Wir haben in der BaFin eine leistungsfähige Finanzaufsicht und wir haben die Bundesbank, die ebenfalls eine stabilitätspolitische Tradition hat."
"Wir können daher sagen: Das deutsche Kreditwesen - private Banken, Sparkassen, genossenschaftliche Institute - ist stabil und dafür sorgen wir auch weiter"
Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister
Auch die britische Barclays Bank betont, dass die europäischen Geldhäuser über "solide Liquiditätspuffer" verfügen und im Euro-Raum guten Zugang zu Krediten der Europäischen Zentralbank (EZB) haben. Außerdem sei wegen anderer Vorschriften als in den USA auch ein "besseres Management von Vermögen und Verbindlichkeiten", also eine solidere Aufstellung der Bilanzen, zu erwarten.  
Dennoch, allen Akteuren ist klar, wir leben in einer überschuldeten Welt. Es müssen Antworten und Lösungen auf diese Frage gefunden werden.

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