: "Wer baut dann all die schönen Technologien?"

von Mark Hugo, Dubai
05.12.2023 | 15:20 Uhr
Es wimmelt von Lobbyisten auf der COP28 in Dubai. Klimaschützer kritisieren das. Viele Unternehmer haben dort aber auch anderes im Sinn, als Verhandlungen zu blockieren.
Umweltaktivisten zeigen während des Klimagipfels der Vereinten Nationen in Dubai am 05.12.2023 Plakate.Quelle: AFP
Uwe Lauber schüttelt in diesen Tagen viele Hände. Sein Anzug sitzt trotz der Hitze. Und er lächelt viel, wenn er sich hier auf der COP28 in Dubai mit Politikern, Lobbyisten, Vertretern von Umweltverbänden und Instituten trifft. Uwe Lauber ist Vorstandsvorsitzender von MAN Energy Solutions. "Ich bin von morgens bis abends komplett durchgetaktet", sagt er.

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Eben noch ein Mittagessen mit möglichen Geschäftspartnern, dann eine Panel-Diskussion im dänischen Pavillon zur Zukunft der Schifffahrt. Es geht um klimaneutrale Kraftstoffe. Solche, die auch die ganz großen Frachtschiffe möglichst bald über die Ozeane bringen können.
Uwe Lauber, Chef von MAN Energy Solutions auf der COP28.Quelle: ZDF/Bernd Huß
"Ich probiere, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen", erklärt er. Neue Technologien seien vielen noch nicht bekannt. Sein Ziel: "Hier zu überzeugen, dass die Industrie ‚ready to go‘ ist."

Viele Öl-Lobbyisten auf der Weltklimakonferenz

Natürlich geht es ihm ums Geschäft, aber auch darum, für neue Lösungen "zu pushen und wachzurütteln". Lauber ist ganz sicher kein Klimaaktivist.

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Zu denen, die eine neue Datenanlyse von Aktivisten nennt, zählt Lauber sich aber auch nicht: Mindestens 2.456 Lobbyisten für Kohle, Öl und Gas sind auf der COP offiziell akkreditiert - viermal mehr als im vergangenen Jahr, so hat "Kick Big Polluters Out" analysiert.
Es macht mich auf jeden Fall sprachlos, weil es einfach zeigt, dass die fossilen Energieunternehmen mehr Macht haben als einige Delegation von Ländern, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind.
Patricia Bohland, Kick Big Polluters Out
Für Patricia Bohland, der Sprecherin der Initiative ein "Riesenproblem", weil so die "großen Industrien" weit mehr gehört werden würden als die Betroffenen. Lobbyisten hätten auf der COP nichts verloren, so ihre Forderung.

Gegen Ausstieg aus den fossilen Energien

Dass Öl- und Gaskonzerne diesmal besonders stark vertreten sind – darunter sehr viele, die den Klimaschutz lieber blockieren wollen als voranbringen - überrascht nicht wirklich. COP-Präsident Sultan Ahmed Al Jaber ist nebenbei Chef des staatlichen Ölriesen der Emirate.

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Von einem kompletten Ausstieg aus den fossilen Energien will er nichts wissen. Das sei Dank technischer Lösungen, die möglicherweise einmal CO2 im großen Stil auffangen können, auch gar nicht nötig, lässt er wissen - sehr zum Unmut von Klimaforschern, die das stark bestreiten.

Lösch: Kein Einfluss auf COP-Verhandlungen

Nicht erst seit diesem Jahr, nämlich schon seit 2008 nimmt Holger Lösch an Weltklimakonferenzen teil. Auch er vertritt als stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) "große Industrien", darunter solche aus der Gas- und Ölbranche.

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Allerdings: Einfluss auf die Verhandlungen nehme er nicht, betont er. Diese seien so "spezialisiert" und auf so wenige Leute begrenzt, dass das auch kaum möglich wäre.
Wichtiger sei ihm, "auf Tuchfühlung" zu gehen zur Politik, zur Zivilgesellschaft, "aber vor allen Dingen natürlich auch zur Wirtschaft untereinander".
Sie bekommen nirgends einen engeren und besseren Überblick, was wirklich weltweit bei all diesen wirtschaftlichen Veränderungen, bei diesen transformativen Veränderungen passiert als hier.
Holger Lösch, BDI
Kritik daran, dass die Industrie auf COPs vertreten ist, kann Lösch deshalb nicht verstehen. "Die Wirtschaft könnte gern hier einfach wegbleiben. Ich frage mich dann: Wer baut all diese schönen Technologien, mit denen wir in die Zukunft kommen?"

Große Motoren und neue Technologien

Uwe Laubers Firma baut große Motoren, solche, die noch mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Aber längst nicht nur. Inzwischen machen die neuen Technologien nach eigenen Angaben mehr als ein Drittel des Umsatzes von jährlich 3,6 Milliarden Euro aus - bei steigender Tendenz. Das sind etwa Großwärmepumpen und Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff.
Dass die Welt und auch Deutschland längst noch nicht auf dem Pfad des 1,5-Grad-Limits von Paris ist und das womöglich gar nicht mehr schaffen wird, das weiß Lauber.
Es ist schon richtig: In Deutschland ist sehr viel und zu lange diskutiert worden. Ob das nun die Schuld der Politik ist oder der Industrievertreter, das will ich gar nicht diskutieren.
Uwe Lauber, MAN Energy Solutions
"Fakt ist: Nur Gemeinschaftlich werden wir das Thema CO2 Neutralität erreichen“, glaubt er. Die Industrie habe dafür die Technologie.  
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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