: Hoffnung für deutsche Solarindustrie?

von Anna Möllers
15.04.2024 | 15:11 Uhr
Die deutsche Solarbranche steckt in der Krise. Doch ein Hersteller trotzt dem Trend - setzt auf Innovation und Technologievorsprung. Eine mögliche Zukunft für den Standort?
Solarenergie soll die Energiewende voranbringen. Die Nachfrage nach Solaranlagen ist groß. Doch deutsche Solarmodul-Hersteller müssen sich gegen ihre Konkurrenz aus China durchsetzen.Quelle: dpa
Es sind nicht gerade wenige Herausforderungen, mit denen die Solarindustrie in Deutschland zu kämpfen hat. China überschwemmt den europäischen Markt mit Billigprodukten. Trotzdem hat die Bundesregierung möglichen Subventionen für Solarmodul-Hersteller kürzlich eine Absage erteilt.
Große Player wie Meyer Burger versuchen ihr Glück daher lieber in den USA. Die Firma Sunmaxx hingegen hat sich entschieden, gerade in Deutschland eine große Produktionsstätte aufzubauen - und zwar für Solarmodule. Wie zukunftsfähig kann das sein?

Solarindustrie in Deutschland in der Krise

Es könnte alles so schön sein: Sonnenstrom gilt angesichts von Klima- und Energiekrise als große Hoffnung. Und tatsächlich ist die Nachfrage nach Solaranlagen anhaltend groß, der Bedarf an Solarmodulen in Deutschland entsprechend hoch.

Die Erzeugung von Strom durch die Kraft der Sonne boomt:

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland über eine Million Solaranlagen neu installiert - mehr als jemals zuvor. Und auch für das nächste Jahr rechnet der Bundesverband für Solarwirtschaft mit anhaltend hoher Nachfrage. Allein 1,5 Millionen private Immobilienbesitzer*innen planen demnach die Installation einer Solaranlage. Bereits heute werden rund 12 Prozent des deutschen Stromverbrauchs durch Photovoltaik-Systeme gedeckt.
Allerdings gibt es ein Problem: Deutsche Solarmodul-Hersteller profitieren von dieser Entwicklung kaum. Mit den Billigprodukten aus China können einheimische Firmen kaum konkurrenzfähig mithalten. Ein Faktor, der auch ein ambitioniertes Ziel der EU in weite Ferne rücken lässt: Bis 2030 sollen insgesamt 40 Prozent der grünen Schlüsselindustrien - darunter die Solarbranche - in Europa produziert werden.
Hoffnungen der Branche auf staatliche Subventionen - etwa in Form eines Resilienzbonus - wurden kürzlich zunichtegemacht. Dieser hätte für eine begrenzte Zeit eine Kaufprämie für einheimische Produkte bedeutet, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller zu stärken. Die Ampel-Parteien konnten sich jedoch nicht einigen.
Große Player wie Meyer Burger haben bereits Konsequenzen gezogen und verlagern ihre Produktion in die USA, wo sie durch den "Inflation Reduction Act" von einem milliardenschweren Subventionsprogramm profitieren.

Nachdem sich Finanzminister Lindner gegen weitere staatliche Förderung für die Solarbranche ausgesprochen hat, zieht sich die Firma Meyer Burger aus dem sächsischen Freiberg zurück. 400 Mitarbeiter verlieren ihren Job.

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Innovationen als Chance für deutsche Solarbranche?

All diesen Widrigkeiten zum Trotz hat sich die Firma Sunmaxx entschieden, der Solarbranche in Deutschland eine Chance zu geben. Am 15. April 2024 eröffnet sie ihre Solarmodulproduktion in Ottendorf-Okrille bei Dresden. Das Besondere: Das Unternehmen setzt auf hocheffiziente Solarmodule, die nicht nur Strom, sondern gleichzeitig auch Wärme produzieren. Diese PVT-Module können dann in Privathäusern, der Industrie und der kommunalen Wärmeversorgung eingesetzt werden.

PVT-Module: Symbiose aus Strom- und Wärmeproduktion

"Ein PVT-Kollektor erzeugt aus Solarstrahlung sowohl Strom als auch Wärme. Dazu wird hinter das Photovoltaik-Modul ein Rohrregister montiert, das von einem Wärmeträger durchflossen wird. Dieser thermische Absorber nimmt die Abwärme der Photovoltaik-Module und die Umgebungswärme auf und stellt sie der Wärmepumpe als Wärmequelle zur Verfügung. Dadurch wird das Photovoltaikmodul abgekühlt und die Effizienz der Stromerzeugung verbessert."

Quelle: Solarenergie Förderverein Deutschland

Durch diese Alleinstellungsmerkmale und die Einsatzvielfalt verspricht sich Geschäftsführer Dr. Wilhelm Stein - der aktuellen Lage zum Trotz - einen eigenen Zugang zum Markt:
Bei uns ist eben der große Unterschied zu den klassischen Photovoltaik-Herstellern, dass wir ein Produkt produzieren, das es so auf dem Weltmarkt sonst nicht gibt. Wir machen sozusagen eine Veredelung zum Standardprodukt. Damit werden wir einzigartig.
Dr. Wilhelm Stein, Geschäftsführer Sunmaxx
"Weil über reine Massenproduktion mit chinesischen Herstellern zu konkurrieren, das ist sehr schwierig", meint Wilhelm Stein. Daher setze Sunmaxx auf Innovation.

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Technologievorsprung als Hoffnungsträger

Sunmaxx sieht sich nach eigenen Angaben dank der Technologie seiner PVT-Module der internationalen Konkurrenz um mehrere Jahre voraus. Dieser Technologievorsprung mache den entscheidenden Unterschied - und Sunmaxx international wettbewerbsfähig.
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft sieht hier eine Chance für die deutsche Solarbranche:
Mit dem entsprechenden Innovationsvorsprung und in entsprechenden Marktnischen dürfte ein Unternehmen weniger dem harten internationalen Verdrängungswettbewerb ausgesetzt sein.
Carsten Körnig, Geschäftsführer Bundesverband Solarwirtschaft e.V.

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Gleichzeitig gibt Carsten Körnig zu bedenken, dass dieser Vorsprung nicht automatisch gesichert sei. Spätestens wenn sich für die PVT-Technologie ein Massenmarkt erschließe, müsse verstärkt mit Wettbewerbern im In- und Ausland gerechnet werden.
Wichtig ist es, dass wir unseren Technologievorsprung halten oder vielleicht sogar ausbauen können. Natürlich kostet das Geld.
Dr. Wilhelm Stein, Geschäftsführer Sunmaxx
Geld, das auch in Deutschland auf lange Sicht zu erwirtschaften ist? Fakt ist wohl, dass innovationsgetriebene Ansätze wie der von Sunmaxx nicht gleich die ganze Branche in eine positive Stimmung versetzen werden.
Zumindest sehen Experten wie Prof. Andreas Löschel eher einen singulären Effekt:
Bei der Produktion von Solar-Modulen, die Strom und Wärme gleichzeitig liefern, handelt es sich um eine ältere Idee, die nun mit neuen Innovationen wirtschaftlich werden könnte. Es hat insofern wenig Bezug zur augenblicklichen Diskussion zur Subvention der Modulproduktion.
Prof. Andreas Löschel, Ökonom

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Geht es überhaupt ohne Subventionen?

Andere Expert*innen wie die Energieökonomin Prof. Claudia Kemfert appellieren hingegen an die Bundesregierung, attraktivere Rahmenbedingungen zu schaffen. Vor allem Innovationen könnten Deutschland als Standort für die Solarindustrie retten. Es sei "absolut sinnvoll und auch gut", dass sich Unternehmen wie Sunmaxx hier ansiedeln. Dafür müsse Deutschland eben "eine gewisse Unterstützung" gewähren.

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