: Fast-Fashion-Player auf dem Second-Hand-Markt

von Kristina Schlömer
21.11.2023 | 07:58 Uhr
Second-Hand-Mode boomt: Inzwischen verkaufen sogar große Modemarken Kleidung aus zweiter Hand. Kann das die Fashion-Industrie nachhaltiger machen?

So machen Fast-Fashion-Player Geld mit deinem Geld

20.11.2023 | 16:20 min
Second-Hand-Mode ist längst kein kleines Flohmarkt-Geschäft mehr. Günstiger, nachhaltiger und einzigartiger als Neuware - das ist das Image von Second Hand und macht gebrauchte Kleidung aktuell extrem beliebt. Bis zum Jahr 2030 könnte Secondhand 20 Prozent aller Umsätze auf dem Modemarkt einfahren.
Neben klassischen Second-Hand-Läden, die vor allem in Großstädten immer zahlreicher werden, floriert das Online-Geschäft mit gebrauchter Kleidung. Besonders erfolgreich sind Online-Flohmärkte wie Vinted. Dort können Userinnen und User Kleidung untereinander kaufen und verkaufen. Mit rund 345 Millionen Euro Umsatz im vergangenen Jahr gehört Vinted zu den umsatzstärksten Second-Hand-Plattformen in Europa.

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Große Modemarken erschließen sich mit Secondhand zweiten Markt

Doch auch große Marken wie Zara, Zalando, About You und H&M haben den Trend erkannt und sind ins Second-Hand-Business eingestiegen. Sie bewerben ihr Angebot oft als besonders bequem: Viele der Plattformen übernehmen das Fotografieren, Beschreiben und Verschicken der Kleidung sowie die Zahlungsabwicklung. Außerdem soll das Geschäft ein Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sein.
Kreislaufwirtschaft im Modebusiness: Das bedeutet, Kleidungsstücke sollen so lange wie möglich getragen werden. Lebensverlängernde Maßnahmen für Kleidung sind zum Beispiel Weiterverkauf, Reparatur oder Recycling. Das Ziel dabei ist, Ressourcen und Emissionen bei der Herstellung zu sparen und Textilmüll zu vermeiden.

Warum recycelte Kleidung bisher kaum eine Rolle spielt

Ein T-Shirt aus recycelter Baumwolle, ein Pullover aus recycelten Fasern: Solche Werbeversprechen sieht man öfter beim Shoppen. Das klingt erstmal gut, in der Realität findet komplettes Faser-zu-Faser-Recycling - also dass aus alter Kleidung neue hergestellt wird - allerdings kaum statt: Gerade einmal ein Prozent der aussortierten Altkleider sind es derzeit.

Der Grund: Viele Textilien bestehen aus Mischfasern. Fürs Recycling müssten die Fasern voneinander getrennt werden. Das ist aufwendig und teuer. Auch bei Monomaterialien wie reiner Baumwolle gibt es Hürden. Oft sind recycelte Fasern zu kurz, um zu neuer Kleidung verarbeitet zu werden. Deshalb müssen frische Fasern zugesetzt werden. Nach heutigem Stand kann ein Kleidungsstück beispielsweise zu höchstens 30 Prozent aus recycelter Baumwolle bestehen.

An neuen Technologien wird geforscht. Bis sich komplett recycelte Kleidung durchsetzt, dürfte es aber noch dauern. 

Quellen: FairWertung; Dipl.-Ing. Kai Nebel, Experte für Recycling und Nachhaltigkeit in der Textilbranche

Was hat Kleidung mit Nachhaltigkeit zu tun?

Bisher ist die Umweltbilanz der Textilindustrie ziemlich schlecht. Die Branche verursacht zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Und der Großteil der aussortierten Kleidung in Deutschland wird nicht hierzulande gespendet oder wiederverkauft, sondern landet auf Märkten außerhalb Europas. Was dort nicht verwertet wird, endet auf riesigen Mülldeponien wie beispielsweise in der Atacama-Wüste in Chile.

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Verlängerte Nutzungsdauer von Kleidung?

Kreislaufwirtschaft klingt also nach einer nachhaltigeren Idee. Aber tragen große Fast-Fashion-Player mit ihren Second-Hand-Sparten wirklich dazu bei?
Jochen Strähle sieht keinen statistischen Nachweis dafür. Er ist Experte für internationale Modewirtschaft und lehrt an der Hochschule Reutlingen. Seine Einschätzung:
Was wir sehen, ist, dass Konsumentinnen deutlich mehr verbrauchen als vorher, weil sie die Möglichkeit haben, über Second Hand noch mehr Produkte zu erwerben.
Prof. Jochen Strähle, Experte für internationale Modewirtschaft

Warum ist Secondhand im Trend?

Strähle geht davon aus, dass viele Konsumentinnen und Konsumenten Kleidung mit einem bestimmten Budget pro Monat einkaufen. Da Second-Hand-Ware meist günstiger ist als Neuware, können sie bei gebrauchter Kleidung deutlich mehr kaufen. Und wer noch regelmäßig den Kleiderschrank ausmistet und alte Kleidung verkauft, hat sowohl mehr Platz als auch mehr Kaufkraft für neue Kleidung - ob First Hand oder Second Hand.

Firsthand bleibt Kerngeschäft

Das Kerngeschäft der Modeindustrie bleibt der Verkauf von Neuware, sagt Strähle. Denn hier liegen weiterhin die großen Gewinne für die Marken - dank der riesigen Menge an Kleidung, die sie meist extrem günstig in Ländern des globalen Südens produzieren lassen. Den Nutzen von Second Hand für die Unternehmen vermutet Strähle woanders:
Unternehmen nutzen Second Hand, damit Menschen wieder in die Läden und auf die Plattformen kommen. Sie erhöhen die Frequenz der Besucher und damit ist Second Hand letzten Endes ein Marketinginstrument.
Prof. Jochen Strähle, Experte für internationale Modewirtschaft
Für die Kreislaufwirtschaft wäre es also wichtig, dass die Unternehmen auch auf dem First-Hand-Markt nachhaltiger agieren.

Wie funktionieren die Second-Hand-Sparten der großen Modemarken?

Zalando

Bei Zalando können nur Teile verkauft werden, die man bei dem Online-Modehändler erworben hat. Verkauft man seine Kleidung, bekommt man einen Gutschein, den man entweder spenden oder für Neuware von Zalando einsetzen kann.

AboutYou

Der deutsche Modehändler About You hat schon seit Ende 2020 eine eigene Second-Hand-Sparte: Second Love. Die Abwicklung für About You erledigen etablierte Resell-Plattformen wie momox. Sie nehmen alte Kleidung an und verschicken sie wieder.

H&M

Besonders früh hat H&M den Second-Hand-Trend erkannt. Schon 2015 investierte der Fashion-Gigant ins Online-Second-Hand-Start-up Sellpy, später übernahm H&M die Mehrheit bei Sellpy. Das Start-up hat H&M in den ersten drei Quartalen dieses Jahres schon rund 69 Millionen Euro Umsatz beschert.

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