: Mensch und Natur entfremden sich

von Laura Hohmann
31.03.2024 | 15:52 Uhr
Der Abstand von Mensch und Natur wird größer - das hat Dr. Victor Cazalis analysiert. Woran das liegt und warum der Biodiversitätswissenschaftler trotzdem optimistisch ist.

Erde, Wasser, Feuer, Luft: Ein Höhlenforscher, eine Eistaucherin, ein Feuerwehrmann und ein Basejumper stellen sich den Extremen der Natur.

31.03.2024 | 28:56 min
Immer mehr Menschen leben in Städten, man verbringt mehr Zeit am Computer als im Grünen und Pflanzen- und Tierwelt kennt man besser aus Naturdokumentationen im Fernsehen als aus eigener Erfahrung. Dass der Mensch sich immer weniger mit der Natur beschäftigt, wird schon lange vermutet. Wissenschaftliche Fakten gibt es dazu jedoch nur wenige.
Biodiversitätswissenschaftler Dr. Victor Cazalis hat sich deswegen intensiv mit der Frage beschäftigt, wie sich das Verhältnis von Menschen und Natur objektiv untersuchen lässt. Zusammen mit einem deutsch-französischen Forscherteam vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig hat er 2022 eine Metaanalyse veröffentlicht.

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"Wir haben Studien ausgewertet, die messen wollen: Entfernen sich die Menschen von der Natur und wie können wir das erkennen? Und das erste Ergebnis ist, dass es nicht viele Studien gibt, weil die Datenlage ziemlich komplex ist", erklärt Dr. Cazalis.

Weniger Zeit in der Natur

Insgesamt 18 internationale Studien, die sich mit dem Thema Naturerfahrung beschäftigen, haben die Forscher herangezogen. Diese zeichnen ein deutliches Bild: Sie zeigen zum Beispiel einen Rückgang der Besuche in Nationalparks in den USA und Japan und einen Rückgang der Campingaktivitäten in den USA.

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Gleichzeitig wird es für viele Menschen immer schwieriger, mit der Natur in Kontakt zu treten. Dr. Cazalis stellt fest:
Wir leben mehr und mehr in Städten. Und in einer Stadt hat man natürlich weniger Möglichkeiten, die Natur zu erleben.
Dr. Victor Cazalis, Biodiversitätswissenschaftler
Seine Studie zeige, dass der Anteil der Wälder in den Städten in den letzten 20 Jahren weltweit zurückgegangen ist.. "Ich habe zwei Jahre lang in Leipzig gelebt und war ziemlich erstaunt. Bei uns in Frankreich gibt es nicht so viele große Wälder in der Stadt. Und ich denke, das ist eine großartige Möglichkeit, die Stadtbevölkerung mit der Natur zu verknüpfen."

TV-Tipp

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Natur in den Medien

Die Forscher stellten auch fest, dass die Menschen heute im Durchschnitt 9,7 Kilometer von einem Naturgebiet entfernt leben. Die Distanz hat sich seit dem Jahr 2000 um sieben Prozent vergrößert. In Europa und Ostasien ist diese durchschnittliche Entfernung, 22 Kilometer in Deutschland beispielsweise, am größten.

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Auch unsere Mediennutzung spielt eine entscheidende Rolle, wie wir die Natur wahrnehmen. Laut den Wissenschaftlern finden sich in Romanen, Liedern, Kinderbüchern und Zeichentrickfilmen tendenziell immer weniger Naturschilderungen und -bilder. "Gleichzeitig haben wir in den letzten Jahren gesehen, dass einige Menschen durch Medien einen Weg gefunden haben, mit der Natur in Verbindung zu treten, zum Beispiel durch Naturdokumentationen."
Aber das wird nie dasselbe sein, wie draußen die Natur mit allen Sinnen zu erleben.
Dr. Victor Cazalis, Biodiversitätswissenschaftler

Risiken für die Gesundheit

Die Wissenschaftler fanden zudem heraus, dass diese Naturentfremdung auch mit Risiken für die menschliche Gesundheit einhergeht: Es gebe zahlreiche Studien, die zeigen, dass der Kontakt mit der Natur Ängste und bestimmte Krankheiten verringern und die Lebenserwartung erhöhen kann.
Trotz der Studienergebnisse blickt der Biodiversitätsforscher optimistisch in die Zukunft: "Wir können die Art und Weise ändern, wie wir mit der Natur umgehen. Schließlich müssen wir sie schützen. Wir können die Menschen dazu bringen, die Natur bewusster wahrzunehmen." Dr. Cazalis wünscht sich deswegen unter anderem, dass Städte und öffentliche Einrichtungen den Zugang zur Natur erleichtern.

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