: Wie Alpentiere unter dem milden Winter leiden

14.01.2023 | 10:28 Uhr
Die tierischen Bewohner der Alpen sind bestens an kalte Temperaturen angepasst. Wegen des milden Winters bleiben Schneemassen jedoch vielerorts aus - mit teils dramatischen Folgen.
Ein Alpenschneehuhn mit weißem Wintergefieder: Ist das Tier im Schnee gut getarnt, wird es bei Schneemangel und grünen Wiesen zur leichten Beute.Quelle: dpa
Klirrende Kälte, Wind und Eis: Das alles macht dem Alpenschneehuhn nichts aus. In seiner Schneehöhle schläft es im Winter gut geschützt vor Wetter und Feinden, nur zur Nahrungssuche kommt es heraus. Aber derzeit ist alles anders.
Die Tiere sind dem Wetter schutzlos ausgesetzt, der Schnee zum Verstecken fehlt - und Füchse oder Raubvögel haben leichtes Spiel. Denn das weiße Gefieder ist in der grünen Landschaft weithin zu sehen. Die Folgen des Klimawandels betreffen gerade auch speziell an winterliche Verhältnisse angepasste Tiere.
Es ist ein Trugschluss, was viele denken: Wenn der Winter schneearm ist, dann haben die Wildtiere keine Probleme.
Florian Bossert, Gebietsbetreuer Mangfallgebirge des Landratsamtes Miesbach

Lebenswichtige Schneedecke fehlt vielerorts

Bestände von Murmeltieren etwa haben laut Bossert im Alpenraum schon abgenommen. Zwar gebe es wegen der längeren Vegetationsphase mehr Futter. Doch fehle mangels Schnee die überlebenswichtige Isolationsschicht beim Winterschlaf im Bau, so der Bund Naturschutz in Bayern.
Schutz bietet speziell lockerer Schnee, wie er bei Minusgraden fällt. Dann sei Luft eingeschlossen, das "wirkt wie eine Daunendecke", sagt Klaus Hackländer, Wildtierbiologe und Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. Doch zunehmend gibt es nassen Schnee - oder gar keinen. Das Problem trifft auch Nagetiere, Igel oder Fledermäuse.

Hohe Gipfel aus Felsen und Eis, mächtige Gletscher und unberührte Natur: Die Alpen wirken wie ein Monument für die Ewigkeit. Dabei sind sie in stetem Wandel.

22.11.2020 | 43:56 min

Fellwechsel trotz Schneearmut: Tiere werden zur leichten Beute

Auch Schneehase und Hermelin leiden: Wie das Alpenschneehuhn werden sie mit ihrem weißen Fell derzeit leichte Beute für Feinde. Der Grund: Der Wechsel von braunem auf weißes Fell ist nicht an die tatsächliche Umgebung, sondern an die Länge des Tages gekoppelt. Eine im Fachmagazin "Science" veröffentlichte Studie zeigte, dass Schneeschuhhasen den Farbwechsel nur leicht beschleunigen können.
Nicht zuletzt fehlt im Hochgebirge zusätzlich oft die Nahrung, weil sich dort das Wachstum von Gräsern und Kräutern durch den Klimawandel ins Frühjahr verlagert. Vermehrte Störungen durch Wanderer kosten einige Tiere zudem oft knappe Energiereserven: Die Tiere fliehen - und können an Entkräftung sterben. Umweltschützer und der Deutsche Alpenverein mahnen deshalb, auf den Wegen zu bleiben.

"Zwei Möglichkeiten" für gefährdete Tiere

Für Tiere gebe es angesichts des sich wandelnden Klimas zwei Möglichkeiten, sagt der Wildtierbiologe Hackländer. "Entweder erlernen Tiere aufgrund von Erfahrungen neues Verhalten - oder die genetischen Informationen ganzer Populationen werden verändert."
Letzteres sei ein langsamer Prozess, bei dem sich besser angepasste Gene von Generation zu Generation durchsetzen. Das gehe bei kleinen Populationen mit wenig Nachkommen eventuell nicht schnell genug.

Experte mahnt: Klimaveränderung gering halten

Einzelne schneearme Winter seien kein größeres Problem, sagt Ulrich Berkmann, zuständig für Naturschutz beim Deutschen Alpenverein (DAV). "Man muss sich aber die weitreichenden langfristigen Folgen ansehen: Wie wird das Ökosystem verändert? Das ist definitiv die wichtigere Frage."
Die Mahnung unisono: Die Anstrengungen im Klimaschutz müssen verschärft werden. Berkmann: "Die Schlussfolgerung ist auf jeden Fall: Die Klimaveränderung so gering wie möglich halten."
Quelle: dpa, Sabine Dobel

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