FAQ

: THC im Straßenverkehr - was zu beachten ist

07.06.2024 | 14:54 Uhr
Der Bundestag hat einen neuen THC-Grenzwert für den Straßenverkehr beschlossen. Wie dieser mit dem Alkohol-Grenzwert vergleichbar ist - und was Konsumenten beachten müssen.

Zwei Monate nach der Legalisierung von Cannabis wird die Regelung im Straßenverkehr gelockert. Der neue Grenzwert soll bei 3,5 Nanogramm liegen.

07.06.2024 | 01:43 min
Der Bundestag hat die gesetzlichen Vorgaben zum Umgang mit Cannabis nachgeschärft. Mit der Zustimmung zu einem entsprechenden Gesetzentwurf der Ampel-Regierung gilt künftig im Straßenverkehr ein Grenzwert für Tetrahydrocannabinol (THC), den psychoaktiven Wirkstoff im Cannabis. Dieser Wert liegt bei 3,5 Nanogramm pro Milliliter im Blutserum.
Doch was bedeutet das in der Praxis? Wie schnell wird THC im Körper abgebaut und wann ist Autofahren nach dem Kiffen wieder möglich? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen THC-Grenzwert in der Übersicht.

Was ändert sich bei THC im Straßenverkehr?

Der neue Grenzwert wurde auf Empfehlung einer Expertenkommission festgelegt. Bisher war ein Wert von einem Nanogramm THC pro Milliliter im Blutserum etabliert - für Fahranfänger und Unter-21-Jährige gilt dieser nach wie vor.
Über den neuen Grenzwert herrscht derweil Uneinigkeit. Bereits als die Cannabis-Legalisierung noch nicht beschlossen war, sagte Stefan Tönnes, Vorsitzender der Grenzwertkommission der Bundesregierung, bei ZDFheute live:
Wenn man möchte, kann man mit wissenschaftlichen Daten fast jeden beliebigen Grenzwert vertreten. Da ist die Frage, welche Studien man auswählt und auch, welchen Risikobereich man nachher haben möchte.
Stefan Tönnes, Vorsitzender der Grenzwertkommission der Bundesregierung

Der Bundestag hat Cannabis-Regeln für Autofahrer beschlossen: Der Grenzwert soll bei 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum liegen. Für Fahranfänger ist Cannabis am Steuer tabu.

07.06.2024 | 00:29 min

Wie schnell wird THC abgebaut?

Sicherheitsrelevante Effekte treten dem Gesetzentwurf zufolge am stärksten 20 bis 30 Minuten nach dem Cannabis-Konsum auf und klingen nach drei bis vier Stunden wieder ab. Bei Konsumenten, die höchstens einmal in der Woche kiffen, falle die THC-Konzentration im Blut schon nach einigen Stunden ab, heißt es dort weiter.
Bei häufigem Konsum könne sich THC jedoch im Körper anreichern und noch Tage bis Wochen im Blut nachweisbar sein. Deswegen korreliere das, was im Blut nachgewiesen wird, nicht notwendigerweise mit der Konzentration im Gehirn und den Wirkungen, so Tönnes.

Justin kifft seitdem er 14 ist - in Hochzeiten mehr als 30 Joints pro Tag. Ärzte und Psychologen sind besorgt, dass sich bei jungen Cannabis-Konsumenten Abhängigkeiten entwickeln.

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Wann darf man nach dem Kiffen wieder Autofahren?

Entscheidend ist: Auch künftig darf niemand berauscht Autofahren. Wer gelegentlich Cannabis konsumiert, unterschreitet den Grenzwert möglicherweise schon nach einigen Stunden. Bei häufigerem Konsum hingegen, also einmal oder mehrmals täglich, könne das auch bis zu mehrere Tage dauern, so Stefan Tönnes.
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM), Professor Matthias Graw, argumentiert daher:
Die Menschen, die regelmäßig konsumieren, profitieren kaum von der Grenzwertanhebung, weil sie auch die 3,5 ng/ml nicht selten überschreiten werden. Sie werden also nach wie vor von der Ordnungswidrigkeit bedroht sein.
Prof. Matthias Graw, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM)
Mögliche Beeinträchtigungen hängen Experten zufolge stark von der Dosierung, der Konsumfrequenz und den körperlichen Voraussetzungen ab. Dr. Bernd Werse, Leiter des Instituts für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences, sagt dennoch zur Orientierung: "Bei halbwegs normalem gerauchtem Cannabiskonsum - also zwischen einem und vier Joints - sind die meisten Menschen nach acht Stunden nicht mehr beeinträchtigt."
Am gleichen Tag oder am gleichen Abend sollte man aber möglichst nicht mehr Auto fahren.
Dr. Bernd Werse, Frankfurt University of Applied Sciences

Welche Strafen drohen bei Überschreitung des Grenzwertes?

Bei erstmaliger Überschreitung des Grenzwertes droht eine Strafzahlung von 500 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot. Wegen der Risiken des Mischkonsums gilt nach dem Cannabis-Genuss ein komplettes Alkoholverbot im Straßenverkehr.
Bei Verstößen droht ein höheres Bußgeld von in der Regel 1.000 Euro. Für Fahranfänger ist Cannabis am Lenkrad vollständig tabu. Wer den Grenzwert aufgrund einer konkreten Krankheit erreicht, muss keine Strafe befürchten.

Bayerns Bußgelder für Cannabis-Verstöße seien "unverhältnismäßig hoch", sagt Konstantin Grubwinkler. Söders Strafen könnten aber "eine Ankerwirkung" für andere Länder haben.

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Ist der THC-Grenzwert mit dem Alkohol-Grenzwert vergleichbar?

Der nun geplante Wert ist laut der Expertenkommission vom Risiko her vergleichbar mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille.
Dass Rauschmittel die Fahrtüchtigkeit beeinflussen, ist unbestritten. Der entscheidende Unterschied ist jedoch: Bei Cannabis ist die Wirkungsweise nicht dieselbe wie bei Alkohol. So ist ein "Herantasten" an den THC-Grenzwert nicht möglich, wie es im Gesetzentwurf heißt.
Und: Alkohol wird nach einer gewissen Zeit, abhängig von der Konsummenge, vollständig abgebaut. Cannabis hingegen kann sich bei häufigerem Konsum anreichern und ist dann auch unabhängig von spürbaren Wirkungen noch nachweisbar. Einige Experten argumentieren daher, dass durch die Grenzwerterhöhung das Unfallrisiko leicht steige, eine klare Studienlage dazu gibt es nicht.

Was sagt die Polizei über Kontrollen in der Praxis?

Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei sagte nach der Cannabis-Legalisierung im April zu ZDFheute, der schon damals geplante Grenzwert sei zu hoch angesetzt. Außerdem sei die Unterscheidung zum Cannabiskonsum aus medizinischen Gründen "schwer nachvollziehbar". Wenn man mit 3,5 ng/ml THC im Blut nicht mehr sicher am Straßenverkehr teilnehmen könne, dann müsse das auch gelten, wenn Cannabis aus medizinischen Gründen genommen werde.

Seit dem 1. April ist der Konsum und Besitz von Cannabis teilweise legal. Für Polizei und Behörden ist oft noch unklar, wie die neuen Regelungen umgesetzt werden sollen

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Ein weiteres Problem: Die Geräte, die die Beamtinnen und Beamten derzeit bei der Kontrolle benutzen, können Mertens zufolge nur feststellen: hat oder hat nicht konsumiert. Die Polizei brauche deswegen dringend neue Geräte.
Der aktuelle Gesetzentwurf schlägt zur Kontrolle des Grenzwertes die Nutzung von Speicheltests als "Vorscreening" vor, um den aktuellen Konsum zu messen. Das könnte vermeiden, dass regelmäßige Konsumenten, die zwar eine hohe THC-Konzentration im Blut haben, tatsächlich aber nicht berauscht sind, bestraft werden. Bei "Anzeichen von Ausfallerscheinungen", solle jedoch auch bei negativem Speicheltest eine Blutprobe erfolgen. Die Details zu solchen Speicheltests müssen aber noch geklärt werden.
Quelle: ZDF, AFP, dpa

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