: Mike Lynch: Der "britische Bill Gates"?

23.08.2024 | 15:03 Uhr
Der Software-Unternehmer galt als Visionär. Zuletzt schadete ein Rechtsstreit mit dem US-Konzern Hewlett-Packard seinem Ruf. Lynch starb beim Untergang einer Jacht vor Sizilien.
Mike Lynch, britischer Tech-Milliardär, 2019 in London.Quelle: dpa
Nach tagelanger Suche ist es Gewissheit: Der britische Software-Unternehmer Mike Lynch kam bei dem Untergang einer Luxusjacht vor der Küste Siziliens ums Leben. Auch seine 18-jährige Tochter Hannah starb bei dem Unglück. Der 59-jährige Unternehmer galt als der "britische Bill Gates". Ein Silicon-Valley-Fall hatte seinem Ansehen als Ikone des britischen Erfindergeists zuletzt geschadet.
Lynch wollte den Segeltörn nutzen, um seinen Freispruch in dem Prozess zu feiern, den der US-Computerriese Hewlett-Packard (HP) gegen ihn angestrengt hatte. Er hatte seine Softwarefirma Autonomy 2011 für elf Milliarden Dollar an HP verkauft, das US-Unternehmen verklagte ihn danach. Mehr als ein Jahr stand Lynch faktisch unter Hausarrest, ehe er im Juni von einer Jury in San Francisco freigesprochen wurde.

Taucher haben vor Sizilien vier Leichen aus der untergegangenen Luxusjacht geborgen. Unter ihnen soll Tech-Milliardär Mike Lynch sein.

22.08.2024 | 00:21 min

Mike Lynch wurde mit Bill Gates und Steve Jobs verglichen

Vor seinem Streit mit HP hatte Lynch als Visionär gegolten - einige beschrieben ihn als britische Version der Co-Gründer von Microsoft und Apple, Bill Gates und Steve Jobs. Lynch war als wissenschaftlicher und technologischer Berater für zwei Premierminister tätig. Er gründete auch die Venturecapital-Firma Invoke Capital, die in die KI-Plattform Luminance investierte.
Lynch sei "eine instrumentale Galionsfigur der Technologieszene von Cambridge", sagte sein Freund Brent Hoberman, der frühere Geschäftsführer der Reisewebsite lastminute.com. Lynch habe britischen Unternehmern dabei geholfen, ihre Erfindungen einem globalen Publikum näher zu bringen, sagte Hoberman der BBC.

Lynch bestritt Fehlverhalten im Streit mit HP

Der Unternehmer war von Großbritannien an die USA ausgeliefert worden, um wegen des Vorwurfs des massiven Betrugs gegenüber HP vor Gericht gestellt zu werden. Lynch bestritt vehement ein Fehlverhalten. Er sagte, er werde zum Sündenbock für Patzer von HP gemacht.
Diese Position vertrat er auch während eines zweieinhalb Monate langen Prozesses in San Francisco in diesem Jahr. Der Prozess endete zu seinen Gunsten, Lynch kündigte an, nach Großbritannien zurückzukehren und sich wieder der Innovation zu widmen.

Millionenschwerer Verkauf seines Software-Unternehmens Autonomy

Zwar entging Lynch einer möglichen Gefängnisstrafe, doch gab es noch ein zivilrechtliches Verfahren in London gegen ihn. HP hatte dieses Verfahren 2022 größtenteils gewonnen. Über die zu zahlende Entschädigung in dem Fall war vor Lynchs Tod noch nicht entschieden worden. HP hat vier Milliarden Dollar gefordert.
Lynch hatte mit dem Verkauf von Autonomy mehr als 800 Millionen Dollar verdient. Das US-Magazin "Forbes" schätzte das Vermögen von Lynch 2015 auf eine Milliarde Dollar. Im aktuellen Jahr gab die britische Zeitung "The Sunday Times" das Vermögen von Lynch und seiner Frau Angela Bacares mit 500 Millionen Pfund an.

Knallharter Boss oder Technologie-Nerd?

Die Milliardär hatte an der britischen University of Cambridge Mathematik studiert. Seine Firma Autonomy entwickelte eine Suchmaschine, die E-Mails und andere interne Geschäftsdokumente durchgehen konnte, um schneller wichtige Informationen zu finden.
Im Prozess wurden zwei gegensätzliche Darstellungen von Lynchs Charakter präsentiert. Die Staatsanwaltschaft beschrieb ihn als knallharten Boss, der davon besessen gewesen sei, Einnahmeziele zu erreichen, auch wenn dazu Betrug notwendig gewesen sei. Die Verteidigung stellte Lynch hingegen als Unternehmer von Integrität und als Technologie-Nerd dar, der gerne spätabends kalte Pizza gegessen habe, während er über Möglichkeiten der Innovation nachgedacht habe.

Segeljacht "Bayesian" liegt in 50 Meter Tiefe auf dem Meeresboden

Die unter britischer Flagge fahrende, 56 Meter lange Segeljacht "Bayesian" war am Montag vor Porticello auf der italienischen Insel Sizilien gekentert. Seither liegt sie in 50 Meter Tiefe auf der Seite am Meeresgrund. Das erschwerte die Suche nach den Vermissten.
Erst am Freitag fanden die italienischen Rettungskräfte die letzte Vermisste. Taucher hätten die Leiche der 18-jährigen Hannah aus der gesunkenen Segelyacht "Bayesian" vor der Küste Siziliens geborgen, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.
Sie war die letzte von sieben Vermissten, nachdem die ihrer Mutter gehörende Luxusyacht in einem Sturm am Montagmorgen vor dem Hafen von Porticello gekentert war. An Bord der "Bayesian" waren 22 Menschen, von denen sich 15 retten konnten, darunter Lynchs Frau Angela Bacares.

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Quelle: ZDF
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Quelle: AP, Reuters

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