: Junge Erwachsene: Jeder Fünfte will kündigen

von Simon Pfanzelt
01.05.2023 | 10:45 Uhr
Zu wenig Gehalt, keine Wertschätzung, zu viel Stress: Eine exklusive ZDF-Umfrage zeigt, was die 25- bis 34-Jährigen in Deutschland über ihre Arbeitssituation denken.

Viel Stress, wenig Wertschätzung, wenig Geld: Soll ich kündigen oder nicht? Sechs Menschen reagieren auf unterschiedliche Perspektiven - wie beeinflusst das ihre Entscheidung?

29.04.2023 | 24:18 min
Mehr als jeder Fünfte junge Erwachsene würde gerne kündigen. Das ergibt eine repräsentative Umfrage, die ZDFheute zum Tag der Arbeit veröffentlicht. Demnach beantworten neun Prozent die Frage "Würdest Du gerne deinen Job kündigen?" mit "auf jeden Fall". 13 Prozent sagen "eher ja". 20 Prozent der Menschen zwischen 25 und 34 sind sich unsicher. Bei Frauen ist der Kündigungswunsch stärker ausgeprägt als bei Männern.
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Für Hannah Schade vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund sind diese Zahlen nicht überraschend. "Viele junge Menschen sind unglücklich mit ihrer Arbeit. Denn der Job ist häufig der Hauptfaktor für Stress und Unzufriedenheit", erklärt die Expertin.
Studien zeigen, dass der Großteil der Menschen Dienst nach Vorschrift macht. Sie haben sich innerlich von ihrem Beruf verabschiedet.
Hannah Schade, Leibniz-Institut für Arbeitsforschung

Warum kündigen?

Die Gründe für einen Kündigungswunsch sind vielfältig, der entscheidendste Faktor ist für junge Erwachsene das Gehalt. "Ich würde gerne mehr Geld verdienen" sagen 57 Prozent der Befragten.
"Ein gutes Gehalt ist auch der Generation Z wichtig, weil Geld eine gute Work-Life-Balance erst ermöglicht", sagt Schade. "Es geht ihnen aber nicht um Geld des Geldes Willen, sondern darum, dass man sich keine existenziellen Sorgen mehr machen muss."
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Mehr als ein Drittel der jungen Menschen fühlt sich nicht genug wertgeschätzt (34 Prozent). Für Hannah Schade ein ernüchternder Befund.
Es ist sehr schade, dass das noch so ein großes Thema ist, denn Wertschätzung kostet den Arbeitgeber nichts! Es ist zu hoffen, dass der Fachkräftemangel endlich den Druck erzeugt, damit dieses Problem gelöst wird.
Hannah Schade, Leibniz-Institut für Arbeitsforschung
Auf Rang drei der Kündigungsgründe landet die Aussage "Mein Job stresst mich zu sehr" (28 Prozent).

Die Umfrage zum Thema "Job hinschmeißen" ...

... ist im Rahmen des neuen ZDF-Formats "Soll ich ...?" entstanden. 1.200 Personen im Alter zwischen 25 und 34 Jahren nahmen an der Befragung Teil. Die Zahlen sind repräsentativ für diese Altersgruppe in Deutschland. Die Befragung fand vom 3. bis 6. März 2023 statt. Die ganze "Soll Ich ...?"-Folge zur Umfrage können Sie hier sehen: "Soll ich meinen Job hinschmeißen?"

Wo soll es nach der Kündigung hingehen?

Kündigen - und dann? Die meisten der Kündigungswilligen möchten das Unternehmen wechseln (38 Prozent). In eine andere Branche zieht es 24 Prozent. Fast jeder Fünfte möchte sich mehr um die Familie kümmern (19 Prozent).
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Wie es nach einer Kündigung weitergehen soll - da haben Frauen und Männer unterschiedliche Vorstellungen. Während sich 23 Prozent der Frauen mehr um die Familie kümmern wollen, spielt dieses Motiv bei Männern eine weitaus geringere Rolle (16 Prozent). Fast jeder fünfte Mann würde gerne eine Auszeit nehmen, unter den Frauen streben das nur 13 Prozent an.

Was junge Menschen vom Kündigen abhält

Viele junge Menschen, die darüber nachdenken, den Job hinzuschmeißen, schrecken vor einer Kündigung zurück. Gründe dafür gibt es viele. Am häufigsten nennen die Befragten die Sorge, sich eine Zeit ohne Einkommen nicht leisten zu können (36 Prozent).
Für Arbeitsexpertin Hannah Schade ein Trugschluss: "Das ausbleibende Einkommen sollte kein Grund sein, nicht zu kündigen."
Man tut dem Arbeitgeber, der Volkswirtschaft und sich selbst keinen Gefallen. Unzufriedenheit erhöht die Gefahr von Burnout.
Hannah Schade, Leibniz-Institut für Arbeitsforschung
Jeder Dritte will nicht kündigen, weil der Job eine Sicherheit gibt, die man nicht aufgeben möchte (33 Prozent). 26 Prozent der Befragten wissen nicht, was sie stattdessen machen möchten.
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Ein Viertel hat die Sorge, keine neue Anstellung zu finden (26 Prozent). Jeder Fünfte glaubt nicht, dass es anderswo besser wäre (22 Prozent). Ebenso viele geben an, keine Zeit oder Energie für Bewerbungen zu haben.

Bei Frauen große Angst vor Altersarmut

Bei vielen Fragen antworten Frauen und Männer sehr ähnlich. Bei einer gibt es allerdings große Unterschiede. So haben 68 Prozent der jungen Frauen große Angst davor, im Alter zu wenig Geld zur Verfügung zu haben. Unter den Männern sehen nur 46 Prozent diese Gefahr.
Eine Unwucht, die Arbeitsforscherin Schade gut verstehen kann: "Die Sorge ist sehr berechtigt. Frauen schneiden bei Gehaltverhandlungen oft schlechter ab als Männer und werden bei Beförderungen häufig übergangen. Deshalb ist Altersarmut ist vor allem für Frauen eine Risikofalle."

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