: Brics-Staaten: Neue Macht gegen den Westen?

von Verena Garrett, Johannesburg
22.08.2023 | 06:26 Uhr
Ab Dienstag treffen sich die Brics-Staaten in Johannesburg. Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen zu einer ‎Alternative zu den G7 aufsteigen.

Die sogenannten Brics-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika beraten in Johannesburg über ihre gemeinsamen Ziele. Sie wollen eine neue Weltordnung schaffen.

22.08.2023 | 01:44 min
Für kommerzielle Flugzeuge ist der Luftraum über dem Sandton Convention Centre in ‎Johannesburg gesperrt - zum Ort des Geschehens kommt nur noch, wer eine Einladung oder ‎als Medienvertreter eine Akkreditierung vorweisen kann. Hunderte Polizisten sind im Einsatz.
‎Insgesamt 67 Staats- und Regierungschefs und -chefinnen sind zum Brics-Gipfel in ‎Johannesburg geladen, die meisten werden wohl kommen. Einer aber ist nicht dabei: ‎Wladimir Putin.

Wegen Haftbefehl: Putin nur per Videokonferenz dabei

Der Internationale Strafgerichtshof hat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten verhängt. In ‎Südafrika hätte ihm die Verhaftung gedroht. Stattdessen schickt er Sergej Lawrow und nimmt ‎selbst virtuell am Gipfel teil. Putin light also.
ZDF-Korrespondent Armin Coerper berichtet aus Moskau:

Der russische Präsident Putin nimmt an dem Gipfel der Brics-Staaten in Südafrika per Video teil. ZDF-Moskau-Korrespondent Armin Coerper mit einer Einschätzung.

22.08.2023 | 01:09 min
Das wird ihm nicht passen, meint Brics-Experte Professor William Gumede von der Universität Witwatersrand in Johannesburg. ‎Denn es geht unter anderem um die mögliche Aufnahme neuer Mitglieder und damit um eine ‎Stärkung einer Gemeinschaft gegen den Westen.
Dass er nicht persönlich dabei sein kann, ‎ist für ihn eine Niederlage. Er hätte sich sicher gern im Glanz der Erweiterung gesonnt.
William Gumede, Universität Witwatersrand Johannesburg
Wenn ‎es sie denn geben wird.
ZDF-Korrespondent Fritsche erklärt, welche Bedeutung die Brics-Staaten - und was die Ziele sind:

In Südafrika kommen die sogenannten Brics-Staaten zusammen.

22.08.2023 | 01:14 min

Brics-Staaten wollen bestehende Weltordnung ändern

Brics, das sind die Länder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Sie zielen auf ‎nicht weniger als auf ein Ende der bestehenden Weltordnung. Und Gastgeber Südafrika rollt ‎dafür den roten Teppich aus.

Die Brics-Staaten ...

... sind eine Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften. Die fünf Brics-Staaten - Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika - treffen sich seit 2009 einmal im Jahr.

Die derzeitigen Brics-Staaten repräsentieren mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung und ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung.

Quelle: ZDF

‎Gegründet im Jahr 2009 galt die Brics-Gruppe zunächst als loser, weitgehend ‎symbolischer Zusammenschluss ungleicher Volkswirtschaften, ein Zweckbündnis mit wenig ‎Gewicht. Das hat sich mit der Zeit geändert, so Prof. Gumede.
Er beobachtet die Entwicklung ‎seit Jahren, der Krieg in der Ukraine sei wie ein Motor gewesen: "Dieser Krieg hat Kräfte ‎freigesetzt. Russland zum Beispiel ist fest entschlossen, Brics für sich zu nutzen."
Moskau ‎sieht in Brics einen Retter der russischen Wirtschaft und einen Weg, die Sanktionen des ‎Westens zu umgehen. Und bei China ist es ganz ähnlich.
William Gumede, Politikwissenschaftler

Der chinesische Präsident Xi Jinping geht normalerweise nicht auf Auslandsreise. Doch bei dem Brics-Treffen ist er dabei. ZDF-Korrespondentin Elisabeth Schmidt mit den Hintergründen.

22.08.2023 | 01:17 min

Fünf Brics-Staaten verantworten ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung

"Insofern hat der Krieg neues Leben ‎in die Gruppe gebracht", so Gumede weiter. Heute beanspruchten die Brics-Staaten eine wichtige ‎Rolle und sähen sich als "Stimme des globalen Südens" in einer Welt, die aus ihrer Sicht nicht ‎mehr von den Westlichen Staaten dominiert werden solle.
Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika vertreten zusammen über 40 Prozent der ‎Weltbevölkerung und mehr als ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung. Ursache dafür: vor ‎allem das rasante Wirtschaftswachstum Chinas. Chinas Bruttoinlandsprodukt ist mehr als ‎doppelt so groß wie das aller vier anderen Mitglieder zusammen.
Können die Brics-Staaten ein Gegengewicht zu den G7 bilden? Die Kräfteverhältnisse im Überblick:

‎Über 40 Beitrittsanträge für Brics beim Gipfel

Und der wirtschaftliche Aufschwung macht Brics attraktiver denn je. Und so wird in den ‎kommenden drei Tagen ein Schwerpunkt die Erweiterung der Gruppe sein. Über 40 Staaten ‎möchten sich Brics nach Angaben der südafrikanischen Regierung anschließen, mehr als ‎‎20 Staaten haben einen Beitritt bereits formal beantragt.

Darunter:
  • Saudi-Arabien
  • Ägypten
  • Mexiko
  • Argentinien
  • Iran
Ginge es nach China oder Russland wäre die Aufnahme neuer Mitglieder längst ‎beschlossene Sache. Aber so einfach ist es nicht, denn Brics ist keine homogene Gruppe; ‎demokratische und autoritäre Regierungen kooperieren mal mehr, mal weniger gut ‎miteinander.
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China ist der größte Handelspartner Deutschlands. Doch Pekings Nähe zu Moskau verstört seit Putins Überfall auf die Ukraine mehr denn je.

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Staatenvereinigung mit gestärktem Selbstbewusstsein

Die Staatengruppe ist geprägt durch ungleiche Interessen und zieht selten an ‎einem Strang, sagt auch Gumede: "Es gibt quasi zwei Brics-Flügel: auf der einen Seite China und Russland - nicht ‎demokratisch - und auf der anderen Seite Südafrika, Indien, Brasilien - demokratisch."
China ‎ist es egal, welche Länder dazukommen, Hauptsache Wachstum. Und das am liebsten so ‎schnell wie möglich. Indien aber hält zum Beispiel dagegen und will erstmal Beitrittskriterien ‎festlegen. Einfach wird es nicht.
William Gumede, Politikwissenschaftler
Ganz egal, ob am Ende im Sandton Convention Centre eine Erweiterung beschlossen wird: ‎Der Westen wird sich mit einem gestärkten Selbstbewusstsein der Brics-Staaten und deren ‎Vorstellungen von internationalen Normen in Zukunft beschäftigen müssen.
Verena Garrett ist Leiterin des ZDF-Studios in Johannesburg.

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