Analyse

: Der Hürdenlauf zur neuen EU-Kommission

von Amelie Hamester
18.06.2024 | 18:17 Uhr
Parlament, Rat, Kommission: Die EU wechselt - teilweise - ihr Spitzenpersonal. Nach dem informellen Gipfel: Wie es weiter geht für von der Leyen und Co.
Vom Wechsel der Spitzenposten der EU ist auch Ursula von der Leyen betroffen. Was die derzeitige Kommissionspräsidentin erwarten muss.Quelle: dpa
Der erste Anlauf hätte besser sein können: Die Staats- und Regierungschefs und -chefinnen der EU stellen sich beim informellen Gipfel in der Nacht zu Dienstag nicht geschlossen hinter das Personalpaket für die Spitzenposten. Wie es weiter geht und welches Risiko nun Ursula von der Leyen droht.

Erste Hürde für Von der Leyen: Der Rat der EU

Eigentlich steht ihre Personalie kaum in Frage: Ursula von der Leyen, aktuell EU-Kommissionspräsidentin, will und soll ihren Job behalten. Sie gehört der konservativen Europäischen Volkspartei an. Die EVP hat die Wahl gewonnen und erhebt für von der Leyen den Anspruch auf den Posten. Der Forderung Nachdruck verleiht die EVP-Übermacht unter den Staats- und Regierungschefs. Mindestens elf rechnen sich den Konservativen zu.

Europas Rechtspopulisten wollen die EU schwächen. Mit ihren Feindbildern gewinnen sie Unterstützer, aber sie sind auch zerstritten. Haben die Rechten einen Plan?

31.05.2024 | 14:28 min
Doch von der Leyen braucht eine qualifizierte Mehrheit im Rat, in der Praxis sind das 15 von 27 Staatsoberhäuptern, die 65 Prozent der Bevölkerung vertreten. Von der Leyen muss bis zum regulären EU-Gipfel am 27. Juni also weitere Regierungschefs und -chefinnen, am besten großer Länder auf ihre Seite ziehen. Das Problem: Deutschland regiert ein Sozialdemokrat, Frankreich ein Liberaler und Italien eine Rechtspopulistin.
Und: An Ursula von der Leyen hängen weitere Personalien. Vor allem der portugiesische Sozialdemokrat António Costa als Ratspräsident ist umstritten.

Zweite Hürde: Das EU-Parlament

Nächste Hürde ist das Europaparlament, die erste Sitzung ist vom 16. bis 19. Juli. Bislang war der Plan, das Parlament schon in dieser Sitzungswoche über die Kommissionspräsidentin abstimmen zu lassen. Es braucht die absolute Mehrheit, also 361 von 720 Abgeordneten. Die Wahl ist geheim, es gibt keinen Fraktionszwang und nur einen Wahlgang - heißt: Von der Leyen hat nur eine Chance.

Kaum ein Thema spaltet Europa so sehr wie die Migration. 2015 herrschte Willkommenskultur, seitdem schwenkt die EU zu einem härteren Umgang mit Geflüchteten.

16.05.2024 | 45:19 min
Die bisherige "Von der Leyen-Mehrheit" war eine lose Koalition aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen. Sie hat auch nach den Verlusten bei der Europawahl eine Mehrheit. Aber in der Parteispitze rechnen sie mit bis zu 15 Prozent Abweichlern.
In diesen Tagen suchen darum alle Fraktionen nach weiteren Stimmen. So reiste EVP-Chef Manfred Weber nach Ungarn, zu dem konservativen Orban-Gegner Peter Magyar. Und die kleine Europa-Partei Volt lässt sich mit ihren fünf Stimmen sowohl von Grünen, als auch von Liberalen umwerben.

Zielmarke der EU: 1. Dezember

Ist die Spitze benannt, braucht es noch das Team dahinter. Jeder der 27 Mitgliedsstaaten stellt einen Kommissar oder eine Kommissarin, die Kommissionspräsidentin verteilt die Ressorts.
Von der Leyen hat bereits dafür plädiert, ein neues Ressort zu schaffen und einen Kommissar für Verteidigung einzusetzen. Offen die Frage, wie einflussreich der neue "Klima-Kommissar" wird: Was bleibt vom Green Deal? Schlussendlich muss das Europaparlament auch alle Kommissare absegnen. Geht alles glatt, könnte die neue Kommission am 1. Dezember dieses Jahres ihre Arbeit aufnehmen.

Der Green Deal ist die größte ökologische und wirtschaftliche Umgestaltung der EU, um Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Sinn, Unsinn oder Wahnsinn?

02.06.2024 | 28:45 min

Podcast: Global Deep Dive - Außenpolitik anders denken

In der Welt gibt’s nur noch Krisen? Nicht unbedingt. Das beleuchtet der neue ZDF auslandsjournal Podcast von und mit der Internationalen Sonderkorrespondentin Katrin Eigendorf und Publizistin und Journalistin Jagoda Marinić. Zum Beispiel, was uns nach dem Rechtsruck bei der Europawahl Hoffnung geben kann.

Zu hören überall, wo es Podcasts gibt:

Apple Podcasts

Spotify

Deezer

Google Podcasts

Podigee

Thema

Mehr Nachrichten zur EU