: Juden und Araber in Israel eint eine Sorge

von Alica Jung, Israel
29.10.2023 | 13:10 Uhr
Der Schock des 7. Oktober hat jüdische und arabische Israelis getroffen. Seit Generationen leben sie zusammen und haben Sorge, dass die Ultrarechten sie gegeneinander aufbringen.
Der Markt in der Stadt Ramla in Israel. Hier leben jüdische und arabische Israelis seit Jahrzehnten zusammen. (Archivfoto)Quelle: Imago
Der Markt von Ramla im Zentrum von Israel ist ruhiger in diesen Tagen. Das ganze Land steht noch immer unter dem Schock der Hamas-Angriffe vor mehr als zwei Wochen. Viele Geschäfte im ganzen Land bleiben geschlossen, die Menschen zu Hause. Jeden Tag erfährt das Land von neuen Grausamkeiten, die die Terroristen hier verübt haben. Noch immer sind mehr als 200 Menschen als Geiseln in Gaza.
Rund ein Fünftel der israelischen Staatsbürger sind arabische Israelis, sie leben und arbeiten seit Generationen mit den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zusammen - trotz Nahost-Konflikts. Auch sie haben bei den Angriffen der Hamas geliebte Menschen verloren und verurteilen die Taten aufs Schärfste.

Zwei israelische Frauen von mehr als 200 Geiseln wurden von der Hamas in Gaza freigelassen. Die 85jährige Jocheved Lifschiz sprach heute über die zweieinhalb Wochen als Geisel.

24.10.2023 | 02:47 min

"Wir alle sind Menschen"

Niemand sei hier für Mord und Blutvergießen, weder auf der einen noch auf der anderen Seite, sagt Iyad Mugrabi, arabischer Israeli aus Ramla. Sie alle atmeten dieselbe Luft, sie alle seien Menschen.
Wenn es regnet, regnet es auf uns alle.
Iyad Mugrabi
Sie wollen friedlich miteinander leben und haben Sorge, dass sich das durch die Rhetorik des ultrarechten Flügels der Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu ändern könnte.
Amir Abu Ganem arbeitet für die Stadt Ramla, ist verantwortlich für die Reinigungskräfte des Marktes. Online kursiert ein Video, das zeigt, wie einer seiner Verwandten von der Hamas getötet wurde. Auf seinem Facebook-Profil postet er trotzdem nach den Angriffen ein gemeinsames Video mit einem jüdischen Freund, sie umarmen sich, sagen, die gute Gemeinschaft wird immer weiter bestehen. Er fühlt sich bemüßigt, der Online-Welt klarzumachen, sie wollen hier friedlich zusammenleben.
ZDFheute Infografik
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Ultrarechte verteilen Waffen

Diesen Schmerz versucht der ultrarechte Teil von Netanjahus Regierung, für sich zu nutzen, und verteilt Waffen an jüdische Israelis, um sich zu schützen, wie sie sagen. Der Minister für die Nationale Sicherheit Israels, Itamar Ben-Gvir, äußert sich in israelischen Medien und sagt, sie stünden teuflischen Feinden gegenüber. Das betreffe nicht alle Araber in Israel, "aber es gibt auch teuflische Feinde unter den arabischen Israelis, wir müssen uns in Acht nehmen."
Die Regierung müsse ihn loswerden, so schnell wie möglich, fordert Amir Abu Ganem. Alles, was ihn interessiere, sei Waffen herauszugeben, damit die Leute in Israel einander töteten. Diese Furcht ist nicht unbegründet: Im Mai 2021 kam es während einer israelischen Militär-Operation in Gaza zu Ausschreitungen in mehreren Orten, auch in Ramla. Araber und Juden gegeneinander.

Israels UN-Botschafter fordert den Rücktritt von Generalsekretär Guterres. Wie die scharfen Töne gegenüber Guterres einzuordnen sind, berichtet ZDF-Korrespondent Luc Walport.

25.10.2023 | 01:08 min

Angst vor mehr Hass in Israel

Viele haben Angst, dass es nach dem Schock des 7. Oktober, den israelischen Angriffen auf Gaza und den Auseinandersetzungen im Westjordanland zu noch mehr Hass in Israel kommt.
Im KFZ-Betrieb Computest von Familie Ben David sind von mehr als 200 Mitarbeitenden rund 100 arabische Israelis. Sie machten keinen Unterschied, welchem Glauben man angehöre oder welcher Herkunft sie seien, erklärt Inhaber Hezi Ben David. Sein Sohn und seine Tochter Liron leiten gemeinsam mit ihm das Unternehmen.
Wir haben keinen anderen Platz, keine andere Stadt, keinen anderen Staat, wir müssen einander vertrauen, wir haben keine andere Wahl.
Liron

Die Raketen treffen alle

Eine Rakete unterscheide nicht zwischen einem Juden und einem Araber, betont ihr arabischer Angestellter Abed Ilal.
Zurück auf dem Markt, wo täglich unterschiedlichste Menschen einkaufen, ist die Haltung genauso klar: Was die Hamas getan habe, erklärt der Obstverkäufer Yousef Abu Ganem, sei etwas Teuflisches. Doch er und die anderen israelischen Araber, die er kenne, hätten nichts mit Hamas zu tun. Sie leben in Israel.

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