: Warum auch arabische Staaten Israel helfen

von Jan Schneider
15.04.2024 | 20:00 Uhr
Jordanien hat Drohnen abfangen lassen, Saudi-Arabien Geheimdienstinformationen weitergegeben. Warum sich auch arabische Länder gegen den Iran und an Israels Seite stellen.

Nach dem iranischen Luftangriff auf Israel wartet die Welt angespannt auf die nächsten Schritte der beiden Staaten.

15.04.2024 | 02:40 min
Der iranische Angriff auf Israel hat einige erwartbare Reaktionen ausgelöst. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief dazu auf, eine Eskalation des Konflikts zu verhindern. "Wir werden alles tun, um einen Flächenbrand zu verhindern und Israel davon zu überzeugen, nicht mit einer Eskalation zu antworten", sagte er am Montag im Nachrichtensender BFMTV.
Auch der britische Außenminister David Cameron forderte Israel auf, nach dem iranischen Angriff auf Vergeltungsmaßnahmen zu verzichten. Großbritannien erwägt gleichzeitig weitere Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran.

Solidarität aus arabischen Staaten

Doch auch aus der arabischen Welt kam Hilfe und Beistand. Jordanien ließ Drohnen, die in den eigenen Luftraum eingedrungen waren, abschießen. Die Vereinigten Arabischen Emiraten sollen Geheimdienstinformationen bezüglich der Angriffe an Israel weitergegeben haben.
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Auch Ägypten zeigte sich "extrem besorgt" über den iranischen Angriff auf sein Nachbarland und rief zu äußerster Zurückhaltung auf. Wie kommt es zu dieser Solidarisierung mit dem früheren Gegner Israel?

Nahost-Experte: "Die Konfliktlinie hat sich verschoben"

Für den Nahost-Experten Peter Lintl von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ist die Konfliktline zwischen Israel und den arabischen Staaten "ein Relikt der Vergangenheit". Die Vereinigten Arabischen Emirate, das Königreich Bahrain, der Sudan und Marokko haben ihre Beziehungen zu Israel mit dem Abraham-Abkommen normalisiert. Saudi-Arabien führte vor Beginn des Gaza-Kriegs ebenfalls Gespräche über eine Annährung. Ägypten und Jordanien haben schon vor Jahrzehnten Friedensverträge mit Israel geschlossen.
Für diese arabischen Staaten sei Israel nicht mehr der Hauptfeind, meint Lintl:
Viele arabische Länder sehen die größere Bedrohung im Iran und seinen Verbündeten in Syrien, Irak, Jemen und dem Libanon.
Peter Lintl, Nahost-Experte

"Es finden jeden Tag Bombardements statt. Wir erleben schon einen Krieg", so Nahost-Experte Daniel Gerlach über die derzeitige Situation in der Region. Viele arabische Staaten hätten aber "deeskalierend mitgewirkt".

15.04.2024 | 05:12 min
In diesen Ländern wirken mächtige Milizen und Bewegungen, die sich zur "Achse des Widerstands" gegen Israel zählen und massiv aus Teheran unterstützt werden.

Welche Ziele verfolgen die arabischen Länder in der Region?

Der Iran will die führende Macht in der Region werden. Im Jemen tobte lange ein Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran. Und es ist unklar, wie gefährlich das iranische Atomprogramm ist oder werden kann. Um sich vor dieser Bedrohung abzusichern, hoffen viele arabischen Länder auf Sicherheitsgarantien der USA. Das sei ein Grund, warum die Reaktionen eher auf einer Linie mit vielen westlichen Staaten waren.
Außerdem sind sich die Staaten bewusst, dass eine weitere Eskalation des Konflikts erhebliche Schäden für alle Länder der Region haben könnte. Sei es, weil Handelswege blockiert würden oder die Stabilität einzelner Länder ins Wanken geraten könnte. Alle Bemühungen, wirtschaftlichen Wohlstand zu generieren, werden dadurch gefährdet.
Gleichzeitig müssen die Staaten aber auch innenpolitisch mit gehörigem Druck umgehen: Die Angriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober letzten Jahres werden in großen Teilen der Bevölkerung in der arabischen Welt als legitimer Widerstand eingeschätzt. Die israelische Reaktion auf die Angriffe und das Vorgehen im Gaza-Krieg wird dagegen streng verurteilt. Auf Regierungsebene wird diese Sicht nicht offiziell geteilt, aber Kritik am israelischen Vorgehen ist durchaus laut.

Man müsse eine "Terrorlistung der Revolutionsgarden im Iran vornehmen", so der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), und "in der Sanktionspolitik eine stärkere Gangart wählen".

15.04.2024 | 06:01 min

Wie wird sich die Situation weiter entwickeln?

"Wie es jetzt weitergeht, hängt von der israelischen Reaktion auf die Angriffe ab" mein Lintl. Das israelische Kriegskabinett  unter Vorsitz von Ministerpräsident Netanjahu sitzt heute erneut zusammen und berät über mögliche Gegenschläge. Sollte Israel unmittelbar zum Gegenangriff auf den Iran ansetzen, besteht die Gefahr, dass die Lage regional eskaliert, so der Nahost-Experte:
Auch der Iran sähe sich wohl gezwungen, erneut zu attackieren und so könnte sich die Lage zu einem regionalen Krieg entwickeln, den wir so seit 1973 nicht mehr gesehen haben im Nahen Osten.
Peter Lintl, Nahost-Experte
Sollte Israel vorerst auf einen größeren Gegenschlag verzichten, könnte das zu einer stärkeren Integration zwischen Israel und den arabischen Staaten führen.

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