: Kroatien: Wahl mit vielen Fragezeichen

17.04.2024 | 05:40 Uhr
Kroatien wählt ein neues Parlament, heftige Auseinandersetzungen zwischen den zwei Spitzenpolitikern prägten den Wahlkampf. Experten sehen das Land vor einer Verfassungskrise.

Wahlen in Kroatien: Die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Plenkovic wird von der sozialdemokratischen SDP herausgefordert.

16.04.2024 | 02:15 min
Überschattet von einer innenpolitischen Krise hält das Nato- und EU-Mitgliedsland Kroatien am Mittwoch Parlamentswahlen ab. Die konservative Regierungspartei HDZ von Ministerpräsident Andrej Plenkovic wird dabei von einem Parteienbündnis herausgefordert, das von den oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) unter Präsident Zoran Milanovic angeführt wird. Der Urnengang ist nicht nur für das Land selbst von Bedeutung.
Sollte die HDZ an der Macht bleiben, dürfte Kroatien seinen prowestlichen Kurs beibehalten und an der Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine festhalten. Ein Erfolg für die SDP könnte die Partei zu weiteren Erfolgen bei den Wahlen für das EU-Parlament im Juni und für das Präsidentenamt im Dezember führen. Dies könnte eine größere Offenheit für prorussische Einflüsse nach sich ziehen, ähnlich wie es in Ungarn und der Slowakei zu beobachten ist.

Experten: Kroatien am Rand einer Verfassungskrise

Nachdem Milanovic die Wahl angesetzt und überraschend seine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten angekündigt hatte, stürzte er sich für die SDP in den Wahlkampf. Es sei an der Zeit, "die Pferde zu satteln". Mit dieser Ankündigung löste Milanovic im März einen politischen Tornado im Land aus. Politik-Experten sehen Kroatien am Rand einer Verfassungskrise.
Denn Milanovic weigerte sich, im Wahlkampf als Staatspräsident zurückzutreten - weshalb das Verfassungsgericht seine Kandidatur als Ministerpräsident für unrechtmäßig erklärte. Doch Milanovic, der sich schon vor langem mit dem aktuellen Regierungschef Andrej Plenkovic verkrachte, zeigte sich unbeeindruckt und erklärte trotz auferlegten Wahlkampfverbots: "Am Ende werde ich Regierungschef sein".
Auch sonst positioniert sich der 57-Jährige als politischer Cowboy. Er ist gegen eine Unterstützung der Ukraine, versuchte den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands zu verhindern und versammelt zunehmend Nationalisten hinter sich; in Kroatien selbst wie auch im Nachbarland Bosnien-Herzegowina. Milanovic wird in Medien als "Kroatiens Donald Trump" gehandelt, ist ein Freund von Wladimir Putin und Viktor Orban.

Die EU hat sich auf 50 Milliarden Euro Finanzhilfe für die Ukraine geeinigt. Ungarn blockierte die Hilfen bis zuletzt.

01.02.2024 | 01:36 min

Umfragen sehen HDZ von Plenkovic vorn

Das Parlament hatte sich auf Initiative von Plenkovic im März aufgelöst, um die ursprünglich für den Herbst geplanten Wahlen vorzuziehen. Zuvor waren Proteste gegen Korruption und Forderungen nach einem Rücktritt des Ministerpräsidenten lauter geworden. Plenkovic verneint jedes Fehlverhalten. Milanovic bezeichnete Plenkovics Regierungsteam als Gangster und korrupte Bande. Der amtierende Premier wiederum schimpfte den Präsidenten primitiv und vulgär. Viele Kroaten fühlen sich von dem Polit-Hickhack abgestoßen; allen voran potenzielle Jungwähler.
Plenkovics konservative Partei HDZ liegt in den Umfragen mit rund 30 Prozent vorn, der Ministerpräsident könnte sich damit eine dritte Amtszeit sichern. Die Sozialdemokratische Partei (SDP) kommt in den Umfragen auf rund 20 Prozent, könnte aber mithilfe von Verbündeten Milanovic als Regierungschef durchsetzen.
Werden die Sozialdemokraten im Fall eines Wahlsiegs den umstrittenen Milanovic als Regierungschef nominieren? Wird Milanovic als Staatsoberhaupt im wahrscheinlicheren Fall eines HDZ-Siegs seinen Erzfeind Plenkovic blockieren? Oder schalten sich die Verfassungsrichter erneut ein, um eine Staatskrise abzuwenden? Noch nie hat ein Wahlkampf in Kroatien dermaßen die Inhalte überschattet.
Quelle: AP, KNA, AFP

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