: Macrons Staatsbesuch: Ode an die Freundschaft

von Lukas Nickel
28.05.2024 | 21:47 Uhr
Am Ende von Macrons dreitägigem Besuch steht eine Abschlusserklärung zur Agenda der EU. Die Unterschiede bleiben bestehen, doch man hat am eigenen Verhältnis gearbeitet.

Während Präsident Macron das Einsatzgebiet westlicher Waffen im Ukraine-Krieg ausweiten will, ist Kanzler Scholz deutlich zurückhaltender. Heute endete der Staatsbesuch von Macron.

28.05.2024 | 02:54 min
Wie jede langjährige Freundschaft braucht auch die deutsch-französische regelmäßig Bestätigung. Und an gegenseitigen Liebesbekundungen fehlte es nicht in den vergangenen drei Tagen.
Es lebe Europa! Es lebe die deutsch-französische Freundschaft!
Emmanuel Macron
... schließt Emmanuel Macron etwa seine Rede an die Jugend auf dem Europafest in Dresden. Gut 15.000 Menschen haben sich versammelt, berichten lokale Medien. Unter ihnen viele Jugendliche, von denen einige nach eigener Aussage sogar früher Schulschluss bekommen haben, um bei dem Fest dabei sein zu können.

... so ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann zu den Differenzen von Macron und Scholz zum Thema Waffeneinsatz im Ukraine-Krieg. Dennoch habe man "sehr viel guten Willen" gezeigt.

28.05.2024 | 03:48 min

Macron in Deutschland: Ein Fest mit ernsten Zwischentönen

Ab nachmittags wummert der Bass bei Live-Konzerten. Auf den Bildschirmen: Junge Menschen springen im Takt vor der Frauenkirche in Dresden, ihre Europafähnchen zappeln in der Menge. Bilder machen Politik. Und das sind Bilder, wie Macron sie sich wünschen dürfte.
Es sind auch Bilder, wie Macron sie braucht. Viele befürchten einen Rechtsruck bei den Europawahlen, der Reformprojekte auf europäischer Ebene erschweren könnte. Werbung für Europa und dafür, wählen zu gehen, kommt da gerade recht.

ZDF-Hauptstadtstudioleiterin Diana Zimmermann berichtet vom deutsch-französischen Regierungstreffen in Meseberg.

28.05.2024 | 01:18 min
Deswegen sind die Zwischentöne bei diesem Staatsbesuch auch immer wieder ernst. Die Demokratie müsse verteidigt werden, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Sonntag. Und Macron appelliert bei seiner Rede an die Jugendlichen auch an deren eigene Verantwortung:
Dieser böse Wind weht in Europa, er ist eine Realität. Wachen wir also auf!
Emmanuel Macron

Differenzen bestehen weiterhin

Trotz dieser zur Schau gestellten Einigkeit in europäischen Grundsätzen, in vielen konkreten politischen Fragen sind Deutschland und Frankreich sich weiterhin uneinig. Ob bei der Energiepolitik oder der Frage, wie die Ukraine konkret unterstützt werden soll.
X-Post von Bundeskanzler Olaf Scholz
Macron zögerte nicht, seine Vision Europas darzustellen: Es benötige doppelt so viele Investitionen wie aktuell, sagte Macron in Dresden, auch wenn fraglich ist, wie das hoch verschuldete Frankreich seinen Anteil stemmen könnte. Außerdem müsse man eine europäische Souveränität entwickeln, sich unabhängiger machen von Partnern wie den USA. Punkte, die Bundeskanzler Olaf Scholz so wohl nicht sagen würde.

Abschlusserklärung mit deutsch-französischen Kompromissen

In der Abschlusserklärung des deutsch-französischen Ministerrats erscheinen Macrons Initiativen denn auch deutlich abgeschwächter: Man wolle bestehende EU-Finanzierungsmöglichkeiten umfassend nutzen, heißt es darin. Das klingt nach einem Abrücken etwa von neuen Gemeinschaftsschulden in der Europäischen Union.

Für sein europäisches Engagement hat Frankreichs Präsident Macron den westfälischen Friedenspreis in Münster erhalten.

28.05.2024 | 01:43 min
Beim Thema Sicherheit scheint eine Annäherung gelungen zu sein: "Wir müssen unsere kritischen Abhängigkeiten verringern", so das Papier. Einig sind sich Deutschland und Frankreich außerdem bei der Forderung nach einem stärker integrierten europäischen Finanzmarkt.
Macron forderte am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz auch, ukrainische Angriffe auf russische Abschussbasen zu erlauben. Scholz verwies darauf, dass alle Handlungen mit bestehendem Völkerrecht in Einklang stehen müssten. Das habe bisher funktioniert und werde es sicher noch.

Macron versuche "den Kritiken, dass Deutschland und Frankreich nicht gut zusammenarbeiten, etwas entgegenzusetzen", so ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Shakuntala Banerjee.

28.05.2024 | 03:12 min

Experte: Grundmisstrauen hat sich aufgebaut

Kann ein altmodischer Staatsbesuch nach Protokoll also entfremdete Freunde wieder näher zusammenbringen? Die politischen Differenzen würden mit dem Staatsbesuch vielleicht nicht aus der Welt geräumt, sagt Marc Ringel vom Deutsch-Französischen Institut. Aber:
Es wird einfacher, wenn die Grundstimmung besser ist und man nicht in diese Gespräche mit einem Grundmisstrauen geht, das sich bei beiden Seiten in letzter Zeit aufgebaut hat.
Marc Ringel, Deutsch-Französisches Institut
Einig ist sich das alte Freundespaar Deutschland und Frankreich also in vielen Punkten immer noch nicht. Aber immerhin redet es miteinander.

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