: IGH: Deutschland darf Israel Waffen liefern

30.04.2024 | 18:49 Uhr
Im Völkermord-Verfahren gegen Deutschland hat der Internationale Gerichtshof die Forderungen Nicaraguas zurückgewiesen. Deutschland muss Rüstungsexporte nach Israel nicht stoppen.
Der Gaza-Krieg beschäftigt auch internationale Gerichte wie den Internationalen Gerichtshof in Den Haag.Quelle: AP
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat einen Antrag Nicaraguas gegen Deutschland abgewiesen. Nicaragua hatte gefordert, Deutschland anzuweisen, militärische und sonstige Hilfen für Israel einzustellen. Darum ging es:

Worüber wurde heute verhandelt?

Das höchste Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag hat heute nur über einen Eilantrag Nicaraguas entschieden, das unter anderem einen Stopp der Rüstungslieferungen gefordert hatte. Das Land argumentierte, dass durch die deutschen Rüstungslieferungen an Israel ein "Völkermord im Gazastreifen ermöglicht werde. 

Nicaraguas Präsident Ortega hat vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag Klage gegen Deutschland eingereicht. Er beschuldigt das Land der Beihilfe zum Völkermord in Gaza.

08.04.2024 | 01:32 min
Die Richter entschieden jetzt noch nicht über die eigentliche Klage wegen Beihilfe zum Völkermord. Darum wird es erst im Hauptverfahren gehen, das sich über Jahre hinziehen könnte. 

Was wird Deutschland vorgeworfen?

Nicaragua wirft Deutschland "Beihilfe zum Völkermord" vor. Aus Sicht von Nicaragua ermöglichen Waffenlieferungen an Israel, dass im Nahost-Konflikt Völkermord verübt werde. Als Argument führt Nicaragua an, dass Deutschland im vergangenen Jahr Rüstungslieferungen für 326,5 Millionen Euro an Israel genehmigt hatte, zehnmal so viel wie im Vorjahr.

Der Internationale Gerichtshof befasst sich mit der Klage Nicaraguas gegen Deutschland. Es leiste Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen, indem es Israel mit Waffen versorge.

08.04.2024 | 03:26 min
Nicaragua wirft Deutschland auch vor, dass es die Beihilfen für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Gazastreifen auf Eis gelegt hatte. Grund waren unter anderem Vorwürfe Israels, dass Mitarbeiter des Hilfswerks an Massakern vom 7. Oktober beteiligt gewesen seien. Außerdem soll die Hamas das Hilfswerk unterwandert haben.
Die Bundesregierung kündigte inzwischen an, dass sie ihre Zusammenarbeit mit UNRWA fortsetzen wolle. Hintergrund sind demnach Empfehlungen eines Berichts der von den UN eingesetzten Gruppe unter Leitung der ehemaligen französischen Außenministerin Catherine Colonna. Demnach muss es in Schlüsselbereichen der UNRWA Verbesserungen geben, unter anderem bei der Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes.

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Was sagt Deutschland?

Deutschland wies die Vorwürfe bei der Anhörung vor etwa vier Wochen im Den Haager Friedenspalast als haltlos zurück. "Diese Vorwürfe entbehren jeder rechtlichen und tatsächlichen Grundlage", sagte die Leiterin der deutschen Delegation, Tania von Uslar-Gleichen. Deutschland verletze weder die Völkermord-Konvention noch humanitäres Völkerrecht.
Bei den Rüstungsgütern ging es nach deutschen Angaben auch zu 98 Prozent nicht um Kriegswaffen, sondern um allgemeine Güter wie Helme oder Schutzwesten. Und zu der Aussetzung der humanitären Hilfe erklärte Deutschland, dass es noch immer eines der größten Geberländer für die palästinensischen Gebiete sei. Übrigens werden inzwischen wieder die Gelder an das Hilfswerk gezahlt.

Warum klagt ausgerechnet Nicaragua?

Das mittelamerikanische Land, das selbst wegen Menschenrechtsverletzungen international im Visier steht, beruft sich auf die Völkermord-Konvention. Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, alles zu tun, Völkermord zu verhindern. Das heißt auch, Drittstaaten können andere deswegen zur Verantwortung ziehen.

Warum ausgerechnet Deutschland?

Deutschland erkennt die Zuständigkeit des UN-Gerichtes an und es ist einer der engsten Verbündeten Israels. Die USA zum Beispiel - größter Waffenlieferant Israels und ebenfalls ein enger Verbündeter - erkennen in diesem Fall das Gericht nicht an und können daher auch nicht belangt werden.
Die Konvention scheint so auch ein Instrument für Drittstaaten zu sein, politischen Druck auf die Verbündeten Israels auszuüben.

Die Anerkennung der Klage Südafrikas sei für Israel eine Niederlage, so Korrespondent Luc Walpot. Das bedeute aber nicht, dass Israel eines Brechens der Konvention überführt wurde.

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Gab es schon ähnliche Klagen?

Ja, erst Ende 2023 hatte Südafrika Israel vor dem Gerichtshof verklagt, ebenfalls wegen Völkermordes. Im Eilantrag war eine Waffenruhe gefordert worden. Die Richter entsprachen dem zwar nicht, aber warnten Israel überraschend deutlich, alles zu tun, um einen Völkermord zu verhindern.
Zurzeit läuft auch ein Verfahren, das Gambia gegen Myanmar anstrengte. Im Namen muslimischer Staaten beschuldigt es Myanmar des Völkermordes an der muslimischen Rohingya-Minderheit.

Mit deutlichen Worten hat Israel vor dem Internationalen Gerichtshof den Vorwurf des Völkermordes im Gaza-Krieg zurückgewiesen.

12.01.2024 | 02:29 min

Wie wichtig ist die Entscheidung der UN-Richter?

Entscheidungen des Gerichtshofes sind bindend. Auch wenn er keine Mittel hat, die Durchsetzung zu erzwingen, der politische Druck kann zunehmen. Für Deutschland wäre jeder Verdacht einer Mitverantwortung für Völkermord eine bittere Schlappe.
Völkerrechtler Stefan Talmon sagt im ZDF-Interview, dass die Bundesregierung sich bestätigt fühlen könne. "Es können weiter Waffen an Israel geliefert werden. Der Gerichtshof hat alle Staaten auf ihre Sorgfaltspflicht hingewiesen, dass, wenn Waffen in Konfliktgebiete geliefert werden, dass die liefernden Staaten sicherstellen müssen, dass keine Völkerrechtsverstöße damit begangen werden."
Quelle: dpa, AFP

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