: Tschechien im Schockzustand

von Laura Meyer
23.12.2023 | 17:25 Uhr
Zwei Tage nach dem Amoklauf mit 14 Getöteten in Prag trauert das ganze Land. Es ist der verheerendste Schusswaffenangriff in der jüngeren Geschichte Tschechiens.

Staatstrauer in Tschechien: Mit einer Schweigeminute und Glockengeläut erinnert das Land an die Todesopfer des Schusswaffenangriffs an der Karls-Universität.

23.12.2023 | 01:34 min
Um 12 Uhr läuten die Kirchenglocken in ganz Tschechien: Staatschef Petr Fiala hat für eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer des Amoklaufs aufgerufen. Die Flaggen auf öffentlichen Gebäuden wehen auf Halbmast und sind mit einem schwarzen Band versehen.
Hunderte Menschen kommen am Tatort in der Prager Innenstadt zusammen oder besuchen einen der Trauergottesdienste. Fernsehsender ändern ihr Programm, die meisten Advent- und Kulturveranstaltungen wurden abgesagt.

Tschechien trauert um die Opfer des Schusswaffenangriffs an der Prager Karls-Universität.

22.12.2023 | 01:45 min

Terroristisches Tatmotiv ausgeschlossen

Ein 24-jähriger Student hatte am Donnerstagnachmittag in einem Hochschulgebäude der Karls-Universität 13 Menschen erschossen und sich danach selbst getötet. Ein Verletzter starb später im Krankenhaus, weitere wurden teils schwer verletzt und befinden sich nun außer Lebensgefahr.
Der Täter soll laut Polizei über ein ganzes Waffenarsenal verfügt haben. In der vergangenen Woche soll er bereits einen Spaziergänger und dessen Tochter in einem Waldstück am Stadtrand Prags getötet haben.
Kurz vor der Tat erschoss er außerdem seinen Vater. Ein terroristisches Tatmotiv konnte ausgeschlossen werden. Weitere Details zum Motiv sind noch nicht bekannt.

Nach dem Schusswaffenangriff an der Prager Karls-Universität hat die Polizei Details zum Tathergang veröffentlicht.

22.12.2023 | 01:36 min

Verheerendster Schusswaffenangriff in der jüngeren Geschichte Tschechiens

Vor den Universitätsgebäuden legen seit Donnerstagabend Trauernde Blumen nieder und zünden Kerzen an. Unzählige liegen dort bereits. Während der Schweigeminute zu Mittag standen Menschen jeden Alters nahe dem Tatort zusammen, einige weinten. Die Tat traf die Menschen aus dem Nichts, nie zuvor hat es eine solche Tat in Tschechien gegeben.
Viele können es noch immer nicht glauben, dass eine solche Bluttat in ihrem Land passiert ist, und sind im Schock. Die Tschechen haben seit Donnerstag rund 38 Millionen Kronen (ca. 1,5 Millionen Euro) für Opfer und Angehörige gespendet.
Ein Geschichtsstudent, der die Tat miterlebt hat, erklärte gestern dem ZDF, dass niemand erwartet habe, dass man so eine Tat aus erster Hand erleben würde. Andere Menschen schlossen sich dem an.
Es ist eine riesige Tragödie. Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns in der Tschechischen Republik damit gerechnet hat, bevor es überhaupt passiert ist, also haben wir es nicht einmal für möglich gehalten.
Jakub Kaspar, Schüler
Eigentlich hätte er am Freitag vor Ferienbeginn lustige Spiele spielen und sich auf die Feiertage einstimmen sollen. Stattdessen hätten sie Trauer gehalten.

Trauergottesdienst am Samstagvormittag

In einem großen Trauergottesdienst am Samstagvormittag im Prager Veitsdom nahmen zahlreiche Angehörige der betroffenen Universität, Repräsentanten des Parlaments sowie Staatspräsident Petr Pavel teil. Studierende brachten weiße Rosen zum Altar der Kirche.
Ein Chor, der in der Messe sang, wurde von dem Musiker und Dozenten David Eben vom Musikwissenschaftlichen Institut geleitet. Die 49-jährige Institutsleiterin und zweifache Mutter Lenka Hlavkova ist unter den 14 Todesopfern. Auch Studierende wurden getötet.
Die Rektorin der betroffenen Karls-Universität, Milena Králíčková, sprach den Angehörigen der Opfer am Ende der Trauerfeier ihr Mitgefühl aus - es dauere sehr lange bis man eine solche tragische Nachricht akzeptieren könne, wenn jemand sein Leben so "unnötig verliert".
Wir sollten uns weiterhin gegenseitig helfen, gut zueinander sein, aufeinander Rücksicht nehmen und uns gegenseitig unterstützen. Niemand von uns sollte in diesen schwierigen Zeiten allein gelassen werden. Vielen Dank.
Milena Králíčková, Rektorin der Karls-Universität

Mitfühlende Worte aus der ganzen Welt

Unterdessen erreichen Tschechien zahlreiche Trauerbekunden aus aller Welt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb bei X: "Europa steht in dieser schwierigen Zeit bei euch." Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprachen ihr Mitgefühl aus.
Post von Annalena Baerbock
Aus Angst vor Nachahmungstaten werden bis mindestens 1. Januar Einrichtungen wie Bildungsstätten und Krankenhäuser unter verstärkten Polizeischutz gestellt. Im ganzen Land stehen den Menschen schwierige und traurige Weihnachtsfeiertage bevor.