: Rustem Umerow: Der Mann für heikle Fragen

04.09.2023 | 17:17 Uhr
Rustem Umerow ist Krim-Tatar, Unternehmer und immer wieder mit heiklen Fragen und Verhandlungen mit Russland betraut. Nun könnte er Verteidigungsminister der Ukraine werden.

Nach Korruptionsskandalen im ukrainischen Verteidigungsministerium zieht Präsident Selenskyi Konsequenzen: Resnikow muss gehen, der Unternehmer Rustem Umerow soll folgen.

04.09.2023 | 02:28 min
Rustem Umerow ist für seine Landsleute in der Ukraine kein Unbekannter: Als geschickter Verhandler mit Russland hat er sich sowohl nach Moskaus Annexion der Krim als auch nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine einen Namen gemacht.

Immer wieder Verhandlungen mit Russen

Umerow gehörte jahrelang zum Beraterkreis des führenden politischen Vertreters der Krim-Tataren, Mustafa Dschemilew. Seine Erfahrungen kamen ihm offenbar auch bei späteren Verhandlungen mit Russland zugute: Hinter den Kulissen nahm der Politiker an etlichen Gesprächen mit russischen Spitzenbeamten teil.

Der ukrainische Präsident Selenskyj entlässt seinen Verteidigungsminister Resnikow.

04.09.2023 | 00:22 min
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen sein Land bewirkte er etwa einen viel beachteten Gefangenenaustausch mit Moskau. Auch Verhandlungen über die Evakuierung von Zivilisten trugen seine Handschrift.
Bereits in den ersten Wochen der russischen Invasion gehörte Umerow der ukrainischen Verhandlungsdelegation an. Zuletzt war er an Gesprächen über die Einrichtung eines Exportkorridors für ukrainisches Getreide durch das Schwarze Meer beteiligt.

Korruptionsskandale im Verteidigungsministerium

Vor einem Jahr wurde er zum Chef des Fonds für Staatsvermögen ernannt - eine besonders heikle Aufgabe in der Ukraine, wo sich die Führung in Kiew bemüht, konsequenter gegen Korruption und Bestechung im Land vorzugehen.
Zuletzt war das von Umerows Vorgänger Oleksij Resnikow geführte Verteidigungsministerium von Korruptionsskandalen erschüttert worden. Resnikow reichte am Montag sein Rücktrittsgesuch beim Parlament ein.

"Hinter den Kulissen" hätte man schon "lange verhandelt" und bei einer Einigung würde nur noch "der letzte Satz" daruntergesetzt werden, so der ZDF-Reporter Henner Hebestreit aus der Ukraine.

04.09.2023 | 02:55 min

Umerow: Krim-Tatar, Unternehmer, Abgeordneter

Dass Präsident Wolodymyr Selenskyj ihm nun mitten im Krieg das Amt des Verteidigungsministers anvertraut, dürfte aber auch auf Umerows Herkunft als Krim-Tatar zurückzuführen sein.
Als Angehöriger der unter dem Sowjet-Diktator Stalin nach Zentralasien zwangsdeportierten muslimischen Minderheit wurde Rustem Umerow in der früheren Sowjetrepublik Usbekistan geboren. Als die Krim-Tataren in den 1980er und 1990er Jahren in ihre alte Heimat zurückkehren durften, ließ sich Umerows Familie wieder auf der Schwarzmeer-Halbinsel nieder.
Umerow machte seit 2004 in der Telekommunikationsbranche Karriere. Im Jahr 2019 wurde er als Abgeordneter ins Parlament gewählt. Dort engagierte sich der heute 41-Jährige als Ko-Vorsitzender der sogenannten Krim-Plattform, einer internationalen diplomatischen Initiative, die darauf abzielt, die russische Annexion der Halbinsel rückgängig zu machen.

Krim-Tataren: Extremisten in den Augen Moskaus

Die rund 270.000 Krim-Tataren stellen heute zwölf bis 15 Prozent der Bevölkerung der Schwarzmeer-Halbinsel, die im März 2014 völkerrechtswidrig von Russland annektiert wurde. Der Annexion war ein von Kiew und der internationalen Gemeinschaft nicht anerkanntes Referendum vorausgegangen, das die muslimische Gemeinschaft damals aus Protest boykottierte.
Moskau verbot daraufhin die Führung der proukrainisch gesinnten und Medschlis genannten Versammlung der Krim-Tataren und erklärte sie zu einer extremistischen Organisation.
Er erwarte, dass das Parlament in Kiew seinem Vorschlag zur Ernennung des Krim-Tataren Umerow zustimmen werde, sagte Präsident Selenskyj bei der Ankündigung der Neubesetzung am Sonntag. Das Parlament "kennt diesen Menschen gut", sagte der ukrainische Staatschef. Rustem Umerow brauche sich "nicht weiter vorzustellen".
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Quelle: AFP

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