: Warum ist Resnikow noch im Amt?

von Thomas Dudek
07.03.2023 | 14:09 Uhr
Wegen eines Korruptionsskandals sollte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow vor einem Monat sein Amt verlieren. Es blieb jedoch nur bei den Ankündigungen. Warum?
Trotz Kritik weiter im Amt: Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow.Quelle: dpa
Als der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am 24. Februar in Kiew weilte, dem ersten Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine, brachte er ein besonderes und von der Ukraine seit vielen Monaten ersehntes Mitbringsel mit sich: Als erstes westliches Land übergab Polen der Ukraine vier Leopard-2-Panzer, denen in den nächsten Wochen weitere folgen sollen.
Einer, der sich über diese ersten vier Panzer besonders freute, war der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow. "Zusammen mit den Ministerpräsidenten Denys Schmyhal und Mateusz Morawiecki trafen wir in unserem ukrainischen Militärzoo die ersten neuen Bestien - vier Leopard 2 A4", verkündete dieser über Twitter voller Stolz.
Tweet von Resnikow zu Leopard-Panzern aus Polen

Resnikows Nachfolger soll schon festgestanden haben

Dass ausgerechnet Resnikow zusammen mit den beiden Regierungschefs die ersten Leopard-Panzer der ukrainischen Armee inspizierte, darf durchaus überraschen. Noch Anfang Februar hieß es, dass dieser sein Amt als Verteidigungsminister verlieren und stattdessen Minister für strategische Industrie werden solle.
Dies verkündete jedenfalls David Arachamija, Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei "Diener des Volkes" über seinen Telegramkanal. Mit Kyrylo Budanow, dem Chef des Militärgeheimdienstes, soll auch schon ein Nachfolger Resnikows für das Verteidigungsressort festgestanden haben.
Auslöser für diese Personalspekulationen war ein Ende Januar aufgedeckter Korruptionsskandal im Verteidigungsministerium, bei dem es um überteuerte Verpflegung für die Armee ging.

Antikorruptionsaktivisten forderten Rücktritt

"Der Enthüllungsbericht löste zahlreiche Diskussionen in der Zivilgesellschaft und den ukrainischen sozialen Netzwerken aus. Einige Antikorruptionsaktivisten forderten den sofortigen Rücktritt von Resnikow", sagt Juliya Bidenko, Politikwissenschaftlerin an der Universität Charkiw und derzeit Gastwissenschaftlerin am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin.
Schon vor dem großen Krieg gehörte die Korruption zusammen mit Wirtschaftsfragen und dem Krieg im Donbass zu den drei größten Sorgen der ukrainischen Gesellschaft.
Juliya Bidenko, Politikwissenschaftlerin
Umso größere Auswirkungen können solche Korruptionsskandale in Kriegszeiten haben. "Berichten zufolge haben 20 Prozent der Ukrainer Verwandte, die Militärdienst leisten. Solche Skandale rund um das Militär können sich natürlich negativ auf den zivilen Zusammenhalt auswirken", erklärt die ukrainische Politikwissenschaftlerin.

Wie konnte Resnikow Kritiker besänftigen?

Doch Resnikow schaffte es, zumindest einen Teil seiner Kritiker zu besänftigen. "Kurz nach dem Ausbruch des Skandals berief er eine Pressekonferenz, um die Details der Beschaffungsaufträge zu erläutern. Mit diesen Erklärungen gaben sich einige Aktivisten und Journalisten zufrieden", erläutert Bidenko.
Hilfreich war dabei wohl auch seine Arbeit vor dem russischen Einmarsch. "Resnikow war weder Berufsmilitär noch gehörte er zum engsten Selenskyj-Kreis. Bei seiner Amtstätigkeit setzte er nicht nur auf Transparenz, sondern veränderte auch die Kultur innerhalb des Verteidigungsministeriums, das jahrzehntelang das sowjetische Erbe bewahrte", erklärt Bidenko.
All diese Umstände brachten ihm auch Unterstützung aus den Parteien von Juliya Tymoschenko und Petro Poroschenko ein.
Juliya Bidenko

Reformen bei der ukrainischen Armee

Das Argument, das aber am meisten für Resnikow spricht, ist der Krieg selbst. "Sowohl die ukrainische Gesellschaft als auch die Politik sind sich der Risiken bewusst, die ein Wechsel an der Führungsspitze jetzt mit sich bringen könnte", erklärt Bidenko. Auch deshalb, weil zumindest nach außen hin die Partner der Ukraine weiterhin Vertrauen zu Resnikow haben.
Dazu beigetragen haben nicht nur die Ermittlungen der Behörden sowie Rücktritte in den Skandal verwickelter Beamter, sondern auch durchgeführte Reformen. Ende Februar verabschiedete das ukrainische Parlament ein Gesetz, mit dem die Beschaffungen für die Armee noch transparenter werden sollen.
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