: Hofreiter: "Wunder", dass Ukraine standhält

12.12.2023 | 12:46 Uhr
Ukraine-Präsident Selenskyj wirbt in den USA um neue Militärhilfen für sein Land. Grünen-Politiker Hofreiter sieht Europa in der Pflicht - und fordert mehr Waffenlieferungen.

Deutschland leiste noch immer deutlich zu wenig Hilfen für die Ukraine im Verteidigungskampf gegen Russland, sagt Anton Hofreiter (Grünen) im ZDF-Interview.

12.12.2023 | 05:15 min
Die Ukraine sorgt sich bei der Verteidigung des russischen Angriffskriegs vor einer schwindenden Unterstützung ihrer Verbündeten. Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte nun bei seinem Washington-Besuch vor den Folgen ausbleibender US-Militärhilfen.
Anton Hofreiter (Grüne), Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der EU im Bundestag, spricht im ZDF-Morgenmagazin über Versäumnisse des Westens, Russlands "Kriegswirtschaft" und die Drohung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, EU-Hilfen für Kiew zu blockieren.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Anton Hofreiter ...

... zu den Machtverhältnissen zwischen Russland und der Ukraine

Hofreiter kritisiert die aus seiner Sicht mangelnde Unterstützung westlicher Staaten. "Bei uns funktioniert die Munitionsproduktion nicht, die Unterstützung der Ukraine nicht ausreichend", sagt Hofreiter.
Deswegen ist es eigentlich ein Wunder, dass die Ukraine angesichts der Übermacht an Waffen und Munition, die die russische Armee an die Front bringt, noch so in der Lage ist, standzuhalten.
Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen
Dagegen habe es Russland "relativ unbemerkt" geschafft, "die Kriegswirtschaft richtig in Gang zu bringen". Über ein Drittel des russischen Haushalts werde inzwischen in die Waffenproduktion investiert - dabei könne Moskau auf die Hilfe Chinas und Nordkoreas zurückgreifen.

Die Kämpfe in der Ukraine dauern an. Viele Soldaten sind lange an der Front – und völlig erschöpft. Doch um sie auszutauschen, bräuchte es tausende neue Rekruten.

10.12.2023 | 02:19 min

... über die US-Militärhilfen an Kiew

Mit Blick auf das Treffen zwischen dem US-Präsidenten und Selenskyj hoffe Hofreiter, dass Joe Biden "noch eine ganze Reihe von Munitions- und Waffenlieferungen freigibt". Es seien nicht nur die Republikaner, sondern auch die Demokraten, die die US-Unterstützungen zunehmend hinterfragten.
"Wenn man in Washington ist, dann sagen die einem relativ offen: 'Das ist ein Krieg in Europa, kümmert Ihr Euch Europäer mal darum - warum müssen wir als USA immer alle Probleme auf der Welt und auch noch in Europa lösen?' Und damit haben sie einen Punkt." Gerade Deutschland mache als wichtiges europäisches Land zu wenig, sagt Hofreiter.
Das werden wir am Ende alle bitter bereuen, wenn das so weiter geht.
Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen

... zu Deutschlands Rolle bei der westlichen Unterstützung für Kiew

Deutschland sei zwar hinter den USA der zweitgrößte finanzielle Unterstützer der Ukraine, doch es gehe nicht darum, "wo wir auf dem Treppchen stehen". Vielmehr gehe es um die Frage: "Langt es, um letztendlich dafür zu sorgen, dass Russland diesen Krieg verliert? Und da langt es bei Weitem nicht", sagt Hofreiter.
Wir haben die Panzer deutlich zu spät geliefert, wir zögern jetzt wieder bei den Taurus-Lieferungen. Die Munitionslieferungen stocken, sodass die Ukraine sich nicht vernünftig verteidigen kann.
Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen
Auch wenn viel mehr geliefert worden sei, als Hofreiter anfangs zu hoffen gewagt habe, reiche das am Ende nicht. "Solange Russland der Überzeugung ist, diesen Krieg zu gewinnen, wird es immer weiter machen. Und es besteht auch die Gefahr, dass es dann weitere Länder angreift."
Deshalb stellt der Grünen-Politiker folgende Forderungen auf: "Taurus liefern, Munitionsproduktion ausweiten, mehr Panzer liefern, den Druck auf Russland erhöhen." Vor allem Taurus-Lieferungen seien eine mögliche Sofortmaßnahme.

... über Viktor Orbans angedrohtes Veto für EU-Ukraine-Hilfen

Er hoffe, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban kein Veto gegen weitere EU-Hilfen für die Ukraine einlegt. Doch Hofreiter teilt deutlich gegen Orban aus: Dieser sei "im Grunde ein korrupter Krimineller", der mit einem Veto eingefrorene EU-Gelder freipressen wolle - und auch "unter gewissen Drucksituationen aus Russland" stehe. Unter Orban habe sich Ungarn weg von einer Demokratie entfernt.

Die Außenminister der EU haben sich zum letzten Mal in diesem Jahr beraten. Mit auf der Tagesordnung: Militärische Unterstützung für die Ukraine und der weitere Umgang mit Ungarn.

11.12.2023 | 02:54 min
Daher fordert Anton Hofreiter einen "härteren Umgang" mit Orban. Es sei ein Irrtum, dass die EU auf Ungarns Regierungschef angewiesen sei. Bei anderen Projekten wie "NextGenerationEU" habe man gesehen, dass dieser durch Druck zum Einlenken gebracht werden könne. Allerdings gehe die EU-Kommission zu milde mit Orban um.
Ich glaube, die EU hat in aller Härte immer noch nicht begriffen, wie sehr sie von außen und innen angegriffen wird.
Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen
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Quelle: ZDF

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