: China-Strategie erhitzt Ampel-Gemüter

15.04.2023 | 07:50 Uhr
In der Ampel-Koalition gibt es Streit um die künftige China-Politik. Der konservative SPD-Flügel warnt vor einer "Anti-China"-Strategie - die Grünen weisen Vorwürfe zurück.
Die Frage nach einer Beteiligung des chinesischen Konzerns Cosco an einem Terminal im Hamburger Hafen hatte bereits zu Meinungsverschiedenheiten in der Ampel geführt.Quelle: dpa
Um den zukünftigen China-Kurs der Bundesregierung ist offener Streit in der Ampel-Koalition entstanden. Ein Strategiepapier des konservativen SPD-Flügels, in dem dieser vor einer "Anti-China"-Strategie warnt, wird von Grünen-Politikern kritisiert. Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte:
China ist Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale zugleich.
Andreas Audretsch, Fraktionsvize der Grünen
"Das anzuerkennen ist Grundlage einer ernstzunehmenden China-Politik. In der SPD scheint das in Teilen nach wie vor nicht angekommen zu sein", sagte Audretsch.

Grünen-Fraktionsvize: Politik muss Abhängigkeit von China verhindern

Die Verweigerung, Realitäten zu sehen, habe Deutschland und Europa in gefährliche Abhängigkeit von Russland gebracht. "Es wäre fahrlässig diese historischen Fehlentscheidungen nun in der China-Politik zu wiederholen", sagte der Grünen-Fraktionsvize.
Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner, ebenfalls von den Grünen, sagte, die deutsche Wirtschaft müsse widerstandsfähiger aufgestellt werden. "Dafür wenden wir uns der Welt zu, wir diversifizieren unsere Energieversorgung, wir bringen Handelsverträge voran und füllen Rohstoffpartnerschaften mit Leben."
Es ist mir nicht verständlich, warum sich Teile der SPD von diesem gemeinsamen Kurs nun anscheinend abwenden wollen.
Franziska Brantner (Grüne), Wirtschaftsstaatssekretärin

SPD-Flügel übt Kritik an Baerbock und Habeck

Hintergrund der Aussagen ist ein Strategiepapier des Seeheimer Kreises, des konservativen Flügels der SPD. Der Kreis fordert eine pragmatische Chinapolitik. Zugleich wird in dem Papier Kritik an Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) geäußert. Es dürfe keine "eindimensionale deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik" gegenüber China geben, so der Seeheimer Kreis.
Die Bundesregierung erarbeitet derzeit eine neue China-Strategie. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, sie sei froh, dass Außenministerin Annalena Baerbock nicht ohne Mut und Profil durch die Gegend reise, "sondern klar unsere Interessen und Werte artikuliert".

Baerbock spricht in China Missstände an

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war auf ihrer Asien-Reise auch für ihren Antrittsbesuch in China. Dort hatte sie gegenüber Peking unter anderem die Achtung der Menschenrechte angemahnt und vor einem militärischen Konflikt zwischen China und Taiwan gewarnt.
Der chinesische Spitzendiplomat Wang Yi sagte nach Angaben seines Außenministeriums am Samstag dazu, er "hoffe und glaube", dass Deutschland eine "friedliche Wiedervereinigung" der Volksrepublik mit Taiwan unterstütze. Wang betonte, die Pekinger Führung wolle die Verbindungen zu Deutschland ausbauen und das gegenseitige Verständnis stärken.

Audretsch: Europäische Wirtschaft muss geschützt werden

Audretsch sagte, es gehe nun darum, Europa selbstbewusst und wirtschaftlich breit aufzustellen. Kernbereiche europäischer Wirtschaft müssten zudem geschützt werden.
Konkret werde die Frage derzeit in Hamburg, so Audretsch. Es sei ein großer Fehler gewesen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) keine vollständige Untersagung der Beteiligung des de facto chinesischen Staatskonzerns Cosco an einem dortigen Hafenterminal umgesetzt habe.

FDP will Bündnis der Demokratien

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat das Terminal inzwischen als kritische Infrastruktur eingestuft. Dies müsse zu einer Neubewertung der Beteiligung führen, verlangte Audretsch. Das Bundeskabinett hatte im vergangenen Oktober eine sogenannte Teiluntersagung beschlossen, die einen Anteilserwerb von Cosco an dem Terminal zulässt, aber nur unter 25 Prozent.
Der Fraktionschef der FDP, Christian Dürr, warb gegenüber China für eine "Allianz der Demokratien mit Ländern wie Japan, den USA und Kanada, die Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte über die Grenzen der EU hinaus entschlossen vertreten". Der FDP-Politiker bescheinigte Außenministerin Baerbock, sie habe in China klare Worte gefunden. Diesen Worten müssten auch Taten folgen.
Quelle: dpa, Reuters

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