: Experte sieht große Schwachstelle
13.07.2023 | 17:43 Uhr
Die Bundesregierung will mit ihrer beschlossenen China-Strategie die Beziehungen zu Peking neu ordnen. Was das Papier bezweckt und welche Reaktionen aus Peking zu erwarten sind.Die Bundesregierung hat mit ihrer erstmalig beschlossenen China-Strategie neue Leitplanken für den Umgang mit Peking aufgestellt. Man wolle den Beziehungen dadurch einen neuen Rahmen geben, da China nun verändert und offensiver auftrete, heißt es von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Kanzler Olaf Scholz (SPD).
Deutsch-chinesische Beziehungen "schwieriger geworden"
Das Positionspapier reflektiert laut Tim Rühlig von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), dass die Beziehungen zwischen Berlin und Peking "deutlich schwieriger geworden sind". Während eine Kooperation mit China lange als wirtschaftliche Chance gesehen wurde, stehe im Zentrum der neuen Strategie die Minimierung von Risiken, sagte Rühlig gegenüber ZDFheute.
Dieser Kurswechsel war dringend notwendig. Er ist angemessen und muss nun in die Tat umgesetzt werden.
Die Strategie sei eine "deutliche Botschaft", dass die Koalition parteiübergreifend Handlunsbedarf sieht, sagt Katja Drinhausen vom Mercator Institut für China-Studien. Es sei positiv zu bewerten, dass "die Bundesregierung sich zu einer europäischen Ausrichtung der eigenen China-Politik bekennt", lobt auch Rühlig. "Alle wesentlichen Initiativen der Europäischen Union der letzten Zeit finden sich wieder".
ZDF-Korrespondent Karl Hinterleitner zur neuen China-Strategie der Bundesregierung.
13.07.2023 | 01:34 minExperte sieht Schwachstelle bei China-Strategie
Allerdings birgt das Papier laut Rühlig auch Probleme: Zwar sei es üblich, dass eine Strategie kein Budget enthalte, doch die Ampel habe "explizit" erklärt, ohne zusätzliche finanzielle Mittel das Thema angehen zu wollen.
Das sei "besorgniserregend": "Wenn die Regierung bei dieser Position bleibt, wird Risikominimierung scheitern." Zudem blieben "neue Impulse" der Regierung für eine China-Politik auf EU-Ebene aus:
Die treibende Kraft der chinapolitischen Veränderung in Europa bleibt offenkundig Brüssel. Berlin unterstützt, aber Deutschland ist offenkundig kein Motor dieser Entwicklung.
Positionspapier findet "keinen großen Widerhall" in Peking
Bisher gab es offiziell noch "keinen großen Widerhall" zum Strategiepapier von Seiten der chinesischen Regierung, berichtet ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer. Das liege zwar auch an der Zeitverschiebung, doch es gebe noch einen anderen Grund: Das deutsche Vorgehen "passt nicht ins Bild, das die Staatsführung vermitteln will".
"Die chinesischen Staatsmedien werden darüber wohl nicht groß berichten", vermutet Steimer. Das sei der Unterschied zu den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin, durch die Partnerschaft und Freundschaft zwischen Deutschland und China gezeigt werden konnte.
Diese Bilder braucht die Führung hier in Peking, um zu zeigen, dass das Land auf der internationalen Bühne gut vernetzt ist - auch als Gegensatz zu Chinas erklärtem Feind, den USA.
Heute soll die China-Strategie nach langem Ringen im Kabinett beschlossen werden. Kerngedanke ist dabei der Risikoabbau, um Abhängigkeiten von China zu beseitigen.
13.07.2023 | 02:38 minDie chinesischen Reaktionen, die es bereits gegeben hat, betonten daher Gemeinsamkeiten, berichtet Steimer. So teilte Chinas Generaldirektor für EU-Angelegenheiten im Außenministerium, Wang Lutong, auf Twitter mit: Die Strategie zeige, dass Deutschland vor vielen Problemen stehe, aber keines von China verursacht sei. Und: "Die Partnerschaft mit China ist Teil der Lösung."
Tweet von Wang Lutong
ZDF-Korrespondentin: China braucht Deutschland für Exporte
Dennoch sei klar, dass sich die chinesische Staatsführung das 61-seitige Strategiepapier der Ampel-Regierung genau ansehen werde - was vor allem wirtschaftliche Gründe habe.
In China sei die Hoffnung gewesen, dass sich die heimische Wirtschaft nach Ende der strikten Null-Covid-Politik wieder schnell erholen werde. "Doch das läuft sehr viel schleppender als erwartet", so Steimer.
Beispielsweise zeigten die nun veröffentlichten Exportzahlen den stärksten Rückgang chinesischer Exporte seit drei Jahren - Grund sei die schwache Nachfrage nach Chinas Produkten.
China braucht Deutschland, braucht die EU als Absatzmarkt - daran hängen auch chinesische Arbeitsplätze.
Das Spannungsverhältnis zwischen "wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen auf der einen, und wertepolitischen Grundsätzen auf der anderen Seite wird auch in den kommenden Jahren weiter die politische Debatte befeuern", bilanziert Katja Drinhausen vom Mercator Institut für China-Studien.
Quelle: ZDF