: Liberale Löcher: Wo Lindner nochmal ran muss

15.04.2023 | 07:35 Uhr
Bei den Liberalen ist er unangefochten, trotzdem steht FDP-Chef Lindner vor einigen Baustellen. Neben dem Dauer-Clinch in der Ampel und seinem Partei-Personal gibt es noch mehr.
FDP-Chef Lindner hat vor dem anstehenden Parteitag einige Baustellen seiner Partei zu beackern.Quelle: Reuters
Bald zehn Jahre ist es her, dass Christian Lindner als Bundesvorsitzender die aus dem Bundestag geflogene FDP übernahm und mit dem Wiederaufbau begann. Heute hat Lindner nicht nur seinen Traumjob als Bundesfinanzminister, sondern sitzt an der Parteispitze auch fest im Sattel. Baustellen gibt es für den Chef der Liberalen trotzdem genug, und damit auch reichlich Stoff für kontroverse Debatten auf dem Parteitag am kommenden Wochenende. Ein Überblick:

Das Profilierungsproblem der FDP

Nur aus Vernunft und nicht aus Leidenschaft ist die FDP in die Ampel-Koalition eingetreten, wie ihre prominenten Vertreter seit der Bundestagswahl 2021 ein ums andere Mal betonen. Inzwischen scheint es kaum mehr ein Politikfeld zu geben, auf dem sich die Koalitionäre nicht verhaken - meistens sind es die FDP und die Grünen. Die FDP-Spitze setzt zur Profilschärfung auf liberale Klassiker von Haushaltsdiziplin bis Steuersenkung und wehrt sich gegen alles, was nach Verbotsdoktrin riecht.
In der Bevölkerung kommt das offensichtlich nicht besonders gut an: Mehrere Landtagswahlen brachten verheerende Ergebnisse, bei den anstehenden Urnengängen in Bremen, Hessen und Bayern erscheint ein Absturz unter die Fünf-Prozent-Hürde möglich. Auch in den bundesweiten Umfragen liegt die FDP nur bei fünf bis sieben Prozent. Die 11,5 Prozent, die sie bei der Bundestagswahl erzielte, scheinen derzeit unerreichbar.
So hätte Deutschland im März gewählt (Politbarometer vom 17.03.2023).Quelle: ZDF

Das Kabinettsproblem

Die Minister und Ministerin der FDP im Bundeskabinett machten zuletzt oft keine gute Figur. Bettina Stark-Watzinger verantwortet mit dem Bildungsressort ohnehin einen schwierigen Bereich, weil die Zuständigkeit weitgehend bei den Ländern liegt. Für großen Unmut sorgte dann die lange Verzögerung bei der Energiepauschale für Studierende.
Verkehrsminister Volker Wissing wiederum macht Negativschlagzeilen mit mangelndem Klimaschutz und dem wochenlangen Tauziehen um das Verbrenner-Aus und E-Fuels. Justizminister Marco Buschmann arbeitet weitgehend geräuschlos, bleibt damit aber auch blass.
Und Finanzminister Lindner selbst? Er konnte sich mit den anderen im Kabinett bisher nicht auf Haushalts-Eckpunkte für 2024 verständigen. Zwar beharrt er bislang erfolgreich auf seinen Prinzipien, die Schuldenbremse einzuhalten und keine Steuern zu erhöhen. Doch eine Lösung bringt das noch nicht.
FDP-Chef Christian Lindner ist gegen Steuererhöhungen, zum Ärger der Grünen:

Das Personalproblem

Auch wenn mittlerweile andere FDP-Politiker wie Fraktionschef Christian Dürr oder Generalsekretär Bijan Djir-Sarai eine beachtliche Medienpräsenz haben: Lindner bleibt mit Abstand der prominenteste Liberale.
Innerparteiliche Stimmen, die anders klingen - etwa Parteivize Johannes Vogel mit einem eher sozialliberalen Profil und der um den Klimaschutz besorgte bayerische Generalsekretär Lukas Köhler - dringen selten durch. Verlässlich für Schlagzeilen sorgt hingegen FDP-Urgestein Wolfgang Kubicki, der allerdings statt auf konstruktive Vorschläge meist auf Stammtischparolen setzt.
Lukas Köhler ist in der FDP Sprecher für Klimapolitik - das sagt er zum AKW-Ausstieg:

Lukas Köhler über den Atomausstieg an diesem Samstag.

12.04.2023 | 05:33 min

Das Frauenproblem

Die FDP hat einen Männeranteil von etwa 80 Prozent - Tendenz steigend. "Wenn es nach den Neueintritten ginge, wären wir praktisch eine Monokultur von Männern", warnte Ombudsmitglied Christopher Gohl auf dem Parteitag im April 2022. Parteitagsbeschlüsse von 2019 zur Steigerung des Frauenanteils in Ämtern und Mandaten mittels Zielvereinbarungen wurden nie umgesetzt. Das Thema gilt in der Partei als äußert schwierig, das Wort "Quote" als Teufelszeug. Konkrete Strategien, wie die Frauenfrage angegangen werden könnte, sind bisher nicht in Sicht.
Quelle: Christina Neuhaus, AFP

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