: CSU schwächer als 2018 - AfD stark wie nie

von Kevin Schubert
09.10.2023 | 03:14 Uhr
Die CSU fährt einerseits das schlechteste Ergebnis seit 1950 ein, bleibt andererseits mit deutlichem Abstand stärkste Kraft. Dahinter bejubelt die rechte AfD ihr Rekordergebnis.

Wie ist die Landtagswahl in Bayern ausgegangen?

Die CSU bleibt mit deutlichem Abstand die stärkste Kraft in Bayern laut vorläufigem Ergebnis. Die Christsozialen um Ministerpräsident Markus Söder kommen auf 37 Prozent - und schneiden damit minimal schlechter ab als bei der letzten Landtagswahl 2018 (37,2 Prozent). Es ist das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte, nur 1950 war die CSU schlechter.
Die Freien Wähler legten deutlich zu auf 15,8 Prozent und bilden damit künftig die zweitstärkste Kraft. Ebenfalls stark gewinnen konnte die AfD, sie erreichte 14,6 Prozent. Die Grünen um Spitzenkandidatin Katharina Schulze kommen auf 14,4 Prozent der Stimmen - und schneiden damit schlechter ab als 2018, als sie ihr bislang stärkstes Ergebnis in Bayern einfuhren.
Die Flugblatt-Affäre um ein antisemitisches Hetzblatt hat Aiwanger nicht geschadet - im Gegenteil. Weit abgeschlagen: die SPD (8,4 Prozent). Nicht im neuen Landtag vertreten: die FDP (3,0 Prozent). Die Sonstigen - darunter die Linke - kommen auf 6,7 Prozent.

CSU und Freie Wähler können ihre Koalition in Bayern fortsetzen. Alle Ampel-Parteien verlieren, die FDP fällt aus dem Landtag. Am stärksten zugelegt hat die AfD. Ein Überblick.

08.10.2023 | 02:48 min

Kann Ministerpräsident Söder die Bayern-Koalition mit den Freien Wählern fortführen?

Der CSU-Chef hatte sich früh festgelegt: Er will die Bayern-Koalition mit den Freien Wählern fortführen, Schwarz-Grün werde es mit ihm nicht geben. Rein rechnerisch sieht es nach der Hochrechnung sehr komfortabel aus: CSU und Freie Wähler kommen zusammen auf 115 Sitze, 103 braucht es für die absolute Mehrheit. Auch inhaltlich stimmen die bisherigen Koalitionspartner in vielen Bereichen überein.

„Es ist ein stabiler Regierungsauftrag nach turbulenten Wochen“, so Bayerns Ministerpräsident Söder zum Wahlergebnis. Die Flugblattaffäre habe „viel durcheinandergewirbelt“.

08.10.2023 | 03:47 min
Ein einfaches "Weiter so" gibt es in Bayern dennoch nicht: Während Söders CSU leichte Verluste einfährt, legen die Freien Wähler zu - und gehen damit gestärkt in Koalitionsverhandlungen. Ein Ziel: ein weiteres Ministerium. "Natürlich hätten wir das gerne", sagt Hubert Aiwanger. "Jetzt schauen wir mal, ob die Zahlen das hergeben." Vier statt wie bislang drei Ministerien würden die Machtverschiebung in der Bayern-Koalition besonders sichtbar machen.

Wie haben die einzelnen Wahlkreise abgestimmt?

Was ist bei dieser Bayern-Wahl wichtig?

Erstens: Die Zukunft von Ministerpräsident Markus Söder

Der CSU-Chef hat die Partei in seiner ersten Amtszeit radikal auf sich zugeschnitten. Ein Ergebnis unter 35 Prozent hätte die "Führungsfrage unvermeidlich" gemacht, Söders Kanzlerkandidaten-Ambitionen wären "wohl am Ende" gewesen, sagt der Leiter des ZDF-Studios in München, Stefan Leifert. Zwar sind es nun mehr als 35 Prozent - trotzdem gibt es leichte Verluste, während Koalitionspartner Hubert Aiwanger zulegen kann. Ein Triumph sieht anders aus, auch wenn Söder selbst sagt: "Die CSU hat diese Wahl klar gewonnen."

Zweitens: Die Zukunft der CSU als Partei mit bundespolitischer Bedeutung

Die von der Ampel durchgesetzte Wahlrechtsreform bedroht das Geschäftsmodell der CSU. Bislang benötigte sie dank der Grundmandatsklausel lediglich drei Direktmandate, um bei Bundestagswahlen in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen (zur Erinnerung: 2021 gewann die CSU 45 der 46 bayerischen Wahlkreise). Die Grundmandatsklausel gibt es jedoch nicht mehr. Das heißt: Die CSU, die nur in Bayern antritt, muss dort 2025 so viele Stimmen erhalten, dass sie es bundesweit über die Fünf-Prozent-Hürde schafft. Bislang hat sie das immer geschafft - 2021 jedoch nur knapp.

Drittens: Der Rechtsruck in der Gesellschaft zeigt sich auch in Bayern

Mit 36,6 Prozent kann sich die CSU zwar als konservative Volkspartei in der Mitte der Gesellschaft behaupten. Das kann aber nicht kaschieren, dass die Parteien rechts von ihr fast ein Drittel der Stimmen (31 Prozent) auf sich vereinen können - 2018 waren es nur 21,8 Prozent.

Alter, Bildung, Stadt und Land: Wer hat in Bayern wen gewählt?

Das Fundament für den CSU-Erfolg hat in Bayern wie gewohnt die ältere Generation gelegt: Bei den ab 60-Jährigen holt die CSU fast die absolute Mehrheit (47 Prozent), bei unter 30-Jährigen liegt die CSU (23 Prozent) dagegen nur knapp vor Grünen (20 Prozent) und AfD (18 Prozent) - die in dieser Altersgruppe in Bayern untypisch stark abgeschnitten hat.
Die Freien Wähler schneiden in allen Altersgruppen ähnlich gut ab, verlieren aber mit Zunahme des formalen Bildungsniveaus der Wähler an Zustimmung. In kleinen Gemeinden und kleineren Städten sind CSU, AfD und Freie Wähler deutlich stärker als in den großen Städten, bei den Grünen ist das umgekehrt.

Wie reagieren die Landesparteien?

In der heute-Sendung präsentiert sich Ministerpräsident Markus Söder als klarer Wahlsieger - mit einem klaren Mandat. Bereits zuvor hatte er gesagt: Es sei nie um einen Schönheitspreis gegangen, "aber um einen klaren Regierungsauftrag". Der sei an die CSU und ihn gegangen, um "eine starke und stabile Regierung für und in Bayern zu bilden". Die solle erneut mit den Freien Wählern gebildet werden.
Deren Chef Hubert Aiwanger betont den Willen zur Zusammenarbeit: "Wir werden in Bayern innerhalb weniger Tage klar Schiff machen und zeigen: Wir wissen, dass wir miteinander gut arbeiten können."

"14 Prozent, das ist ein Traumergebnis für uns", sagt Hubert Aiwanger von den Freien Wählern zum Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl in Bayern.

08.10.2023 | 00:59 min
Katharina Schulze von den Grünen freut sich über das Grünen-Ergebnis. Die Partei sei "klar in Bayern verankert". Ihr Gesprächsangebot an Markus Söder dürfte allerdings unerhört bleiben.
AfD-Spitzenkandidat Martin Böhm zeigt sich verwundert, dass die anderen Parteien ihre Ergebnisse in einen Sieg ummünzen würden. "Die einzigen, die wirklich signifikant zulegen konnten, das sind wir mit fünf Prozent."

In Bayern kann die CSU die Koalition mit den Freien Wählern wahrscheinlich fortsetzen. Wie reagieren die Parteien auf die aktuelle Hochrechnung? Bettina Schausten berichtet.

08.10.2023 | 03:49 min

Wie reagiert die Bundespolitik?

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, weist auch auf die Verluste der Ampelparteien hin.

Das Ergebnis in Bayern sei zufriedenstellend für die CSU, darauf dürfe man sich aber nicht ausruhen, sagt der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt.

08.10.2023 | 04:01 min
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert spricht von einem "bitteren Abend". "Wir sind natürlich nicht taub und blind. Wir sehen, dass die drei Parteien der Ampel-Koalitionen in beiden Bundesländern verloren haben. Wir sollten die Signale alle miteinander in der Ampel-Koalition erkennen. In diesen Wahlergebnissen liegt auch eine Botschaft für uns."

In den Wahlergebnissen in Hessen und Bayern liege eine Botschaft an die Ampelkoalition in Berlin, sagt SPD-Generalsekretär Kühnert. Die Bundesregierung müsse Orientierung und Ordnung bieten.

08.10.2023 | 03:23 min
SPD-Chef Lars Klingbeil spricht ebenfalls von "zwei bitteren Niederlagen" - und zeigt sich angesichts der Stärke der AfD besorgt. "Ein Thema, was mich heute Abend auch beschäftigt: die Balken der AfD. Die Rechtsextremen in diesem Land sind mit diesen beiden Landtagswahlen auch nochmal stärker geworden. Das treibt mich als SPD-Vorsitzender wahnsinnig um. Und dieser Kampf gegen die Rechtsextremen, der muss intensiviert werden."

Die Wahlergebnisse in Hessen und Bayern seien ein Signal nach Berlin: Die Bundesregierung müsse Tempo und Stil ändern, sagt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil.

08.10.2023 | 04:26 min
Grünen-Chefin Ricarda Lang zeigt sich offen für eine Regierungsbeteiligung in Bayern. "Wir stehen bereit, Verantwortung zu übernehmen - auch hier in Bayern", sagt Lang. "Es würde Bayern guttun, eine Landesregierung mit Anstand zu haben, die die Probleme nicht nur aussitzt, sondern angeht." Besorgniserregend sei dagegen, dass alle Ampel-Parteien Verluste hinnehmen müssten. "Ich glaube, jetzt geht es darum, wie wir als Ampel schauen, wie wir wieder Vertrauen dazugewinnen können."
Die AfD-Bundessprecherin Alice Weidel sagt im ZDF: "Wir können alle extrem stolz sein […]. Wir sind auf dem richtigen Weg."

Die AfD habe immer mehr Menschen von ihrer Politik überzeugen können, sagt AfD-Bundesvorsitzende Alice Weidel. Das Ergebnis sei auch ein Denkzettel für die Parteien der Ampel.

08.10.2023 | 05:33 min

Wie hoch war die Wahlbeteiligung in Bayern?

Die Forschungsgruppe Wahlen gibt die Wahlbeteiligung mit 76 Prozent an. Damit liegt sie höher als 2018, als 72,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben.

Nicht nur in Bayern wird heute gewählt - alles zur Landtagswahl in Hessen hier:

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