: Wer durchs Abitur fällt, hat ein Problem

von Emma Schwaiger
18.05.2024 | 11:36 Uhr
Wer das Abi in Bayern dieses Jahr nicht schafft, hat ein Problem. Denn G8 wird abgeschafft - zurück zu G9. Auch andere Länder planen den Schritt oder haben bereits umgestellt.
Viele Bundesländer in Deutschland wollen zum kommenden Schuljahr wieder zum System G9 wechseln. Wie die Umstellung an den Schulen geplant ist.Quelle: dpa
Die Wiedereinführung von G9 ist in vielen Bundesländern beschlossene Sache. Neben Bayern, wo dieses Jahr der letzte G8-Jahrgang zu den Abiturprüfungen antritt, sind auch Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bereits zur allgemeinen Hochschulreife nach 13 Jahren zurückgekehrt. Andere Bundesländer wie das Saarland und Baden-Württemberg planen diesen Schritt ebenfalls.

Abitur 2025: Nur an 45 Gymnasien in Bayern

Da in Bayern im nächsten Jahr keine regulären Abiturprüfungen geschrieben werden, stellt das Schülerinnen und Schüler, die die zwölfte Klasse wiederholen müssen, vor eine besondere Herausforderung.

Bildungserfolg ist weiterhin abhängig von der sozialen Herkunft. Um dem entgegenzuwirken, wollen Bund und Länder nun Brennpunktschulen mit einem Milliarden-Programm fördern.

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Denn nur an den 45 bayerischen Gymnasien, die zum "Auffangnetz" gehören, können sie im nächsten Jahr noch einmal an den Prüfungen teilnehmen. Diese finden dort unter G8-Anforderungen statt. Das betrifft auch Schülerinnen und Schüler, die durch die "individuelle Lernzeitverkürzung" eine Klasse übersprungen oder bereits die Real- oder Wirtschaftsschule absolviert haben und auf ein Gymnasium gewechselt sind.
Mit 35 Lernenden, die im nächsten Schuljahr noch einmal die zwölfte Klasse des G8 besuchen, rechnet Stefan Düll, Schulleiter des Justus-von-Liebig Gymnasiums in Neusäß und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Das Gymnasium ist Teil des Auffangnetzes.

G8 oder doch G9? Baden-Württemberg will nach einem intensiven Bürgerdialog von Eltern und Lehrkräften ein neues Modell zur Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium erarbeiten.

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In der Regel bestehen die Abschluss-Jahrgänge am Justus-von-Liebig Gymnasium aus rund 100 Schülerinnen und Schülern. Herausforderungen für den Jahrgang des Auffangnetzes sieht Düll vor allem in der heterogenen Zusammensetzung der Auffangklasse, da viele Schülerinnen und Schüler von anderen Schulen im Großraum Augsburg kämen.

Zurück zu G9: Hohe Hürden für Durchgefallene

Bestehen sie in diesem Jahr das Abitur nicht, bedeutet das in den meisten Fällen einen Schulwechsel. Schulwege werden so unter Umständen weiter und auch die Plätze an den betreffenden Gymnasien sind begrenzt. Bangen müssen die Schülerinnen und Schüler außerdem, ob die Schule überhaupt die Kurse in ihren gewählten Fächern anbietet.

In Hessen gilt ein Genderverbot im Abitur, auferlegt von der Landesregierung - knapp vor den Prüfungen. Die Kritik daran ist groß.

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Ein Druck, dass alle durchkommen, ist schon da.
Marco Zagrean, Abiturient am Luitpold-Gymnasium in Wasserburg am Inn
"Gerade in Mathe […] hatte ich auch mal null Punkte in der Klausur, da macht man sich natürlich schon Gedanken."
Stefan Düll ist da anderer Meinung. Dadurch, dass das Auffangnetz noch einmal ein G8-Abitur anbiete, könnten die Schülerinnen und Schüler im zweiten Anlauf ihr Abitur machen. Etwaige Schulwechsel sieht er als eine Chance für einen Neuanfang. Alte Rollen, die Schülerinnen und Schüler daran hinderten, die Leistung zu zeigen, die in ihnen stecke, könnten überwunden werden.

G8 an Schulen in ostdeutschen Ländern weniger umstritten

Für den letzten G8-Jahrgang zeigten sich nicht nur in der zwölften Klasse Probleme. Anders als andere Jahrgänge konnten sie nicht eine Klassenstufe wiederholen, ohne dabei ins neue G9 zu wechseln. Felicia Nagler, Schülerin am Gymnasium Maria Stern in Augsburg, erklärt, der Druck sei bereits in der fünften Klasse spürbar gewesen. "Weil man wusste, wenn man durchfällt, macht man zwei Jahre länger", erklärt sie.
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In Bayern wurde das achtjährige Gymnasium bereits bei seiner Einführung im Jahr 2004 heftig kritisiert. Richtig angenommen wurde das "Turbo-Abi" von den Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften in den westlichen Bundesländern ohnehin nie. In den ostdeutschen Bundesländern dagegen wird an G8 festgehalten. Bereits zu DDR-Zeiten fanden dort an den Erweiterten Oberschulen in der zwölften Klasse die Abiturprüfungen statt.

In Brennpunktschulen benötigen viele Schüler zusätzliche Förderung, um zum Beispiel Deutsch zu lernen. Entstehende Kosten sollen mit dem Startchancen-Programm gedeckt werden.

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Was G9 den Schülerinnen und Schülern bietet

Die Wiedereinführung von G9 bewertet Stefan Düll äußerst positiv. Er hofft, dass durch weniger Nachmittagsunterricht wieder mehr Freiheit und Selbstständigkeit im Lernen in den Fokus rückt. Und auch die Möglichkeit, wieder ein Auslandsjahr schon während der Schulzeit zu machen:
Deutlich reifere junge Menschen werden dann ins Abitur gehen.
Stefan Düll, Schulleiter

Sechs Wochen lang hat die Klasse 7a am Gymnasium Plochingen ein neues Gleitzeit-Modell ausprobiert. Der Unterricht beginnt spätestens um 9.00 Uhr, davor machen die Schüler eigenständig Aufgaben.

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Auch die Abiturientinnen und Abiturienten des letzten G8-Jahrgangs haben eine klare Meinung:
Ehrlich gesagt bin ich froh, dass die, die nach mir kommen, wieder G9 haben.
Anna Walch, Abiturientin am Maria-Theresia-Gymnasium in Augsburg
Sie kritisiert den vielen Nachmittagsunterricht von G8. Ausdrücklich begrüßt sie, dass beim neuen G9 die Berufsorientierung durch ein Pflichtpraktikum gefördert wird.
Emma Schwaiger berichtet aus dem ZDF-Studio in München.

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