: Von Wiesbaden nach Berlin und zurück?

02.02.2023 | 18:18 Uhr
In kurzer Zeit wurde sie von der großen Unbekannten zur allgegenwärtigen Bundesinnenministerin. Nancy Faeser geht mit der Spitzenkandidatur in Hessen ein erhebliches Risiko ein.
Nancy Faeser will hessische Ministerpräsidentin werden.Quelle: dpa
Die Frau traut sich was zu: Als Bundesinnenministerin leitet Nancy Faeser (SPD) eine Mammutbehörde, zu deren Geschäftsbereich 85.000 Beschäftigte zählen. Zusätzlich zum Ministeramt will Faeser als Spitzenkandidatin der hessischen SPD die 24-jährige CDU-Herrschaft in dem Bundesland beenden und nach der Landtagswahl im Oktober Ministerpräsidentin werden.
Sie geht dabei einen riskanten Weg, der Angriffsfläche bietet. Wenn sie bei der Hessen-Wahl unterliegt, will sie Innenministerin in Berlin bleiben - es ist eine Kandidatur mit Rückfahrkarte.
Ich bewerbe mich bei den Hessinnen und Hessen um das Amt der Ministerpräsidentin.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser
Im Interview mit dem "Spiegel" beendete Faeser ein tagelanges Rätselraten um ihre Ambitionen. "Ich möchte gestalten, ich möchte Verantwortung tragen - Oppositionsführerin war ich schon."

Scholz: "Großartige Frau, die große Dinge kann"

Für Faeser ist es die nächste Stufe einer steilen Karriere. Als sie im Dezember 2021 Bundesinnenministerin wurde, war die SPD-Politikerin aus Hessen bundesweit kaum bekannt. Das änderte sich grundlegend, die Themen in ihrem Zuständigkeitsbereich schlagen oft hohe Wellen.
Erleichterte Einbürgerung, Vorratsdatenspeicherung, schärferes Waffenrecht, Kampf gegen Rechtsextremismus, Cybersicherheit, Bevölkerungsschutz, Sportförderung - über mangelnde Arbeit kann sich die 52-Jährige nicht beklagen. Lob bekam Faeser am Donnerstag von ihrem Chef: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) pries sie bei einem Besuch in Hessen als "großartige Frau, die große Dinge kann".

Faeser setzt auf Bekanntheit in Hessen

Nicht jeder teilt diese Begeisterung. Groß die Unruhe, die ihre Kandidatur nun verursacht: Dass sie Wahlkampf und Ministeramt gleichzeitig bestreiten will, sorgt für scharfe Kritik aus der Union - und auch von den Berliner Koalitionspartnern Grüne und FDP.
Faeser argumentiert gegen diese Kritik an. Sie halte es "in einer Demokratie für eine Selbstverständlichkeit, dass man aus einem Amt heraus für Wahlen kandidieren kann", sagte sie nun. Ihr Amt als Innenministerin werde nicht unter ihrer Rolle als Spitzenkandidatin in Hessen leiden:
Es sind jetzt nicht die Zeiten, um Wahlkampf zu machen.
Nancy Faeser
Sie habe "mehr als mein halbes Leben lang Kommunal- und Landespolitik in Hessen gemacht, sagte Faeser. "Die Menschen in Hessen kennen mich."

Klare Worte nach den Silvesterkrawallen

Als Bundesministerin scheut Faeser weder klare Worte noch fürchtet sie Gegenwind. Im November verfolgte sie das Auftaktspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft der Männer im Stadion mit einer "One Love"-Armbinde als Zeichen für die Menschenrechte - was auf Empörung beim Gastgeber Katar stieß.

Faeser redete mit FIFA-Chef Infantino über die "One Love"-Armbinde geredet. Sie sei "nicht so schlimm, wie Sie denken", habe sie Infantino im Stadion gesagt.

24.11.2022 | 01:59 min
Die Reichsbürgerrazzia Anfang Dezember war ein weiteres Großthema im Zuständigkeitsbereich der Ministerin. Klare Worte auch nach den Silvesterkrawallen in Berlin: Hier verwies Faeser auf ein "großes Problem mit bestimmten jungen Männern mit Migrationshintergrund".

Vor 20 Jahren erstmals im Landtag in Wiesbaden

Schon als Oppositionsführerin im hessischen Landtag zeigte Faeser ein gesteigertes Interesse an der Innenpolitik. Als SPD-Obfrau überzeugte sie im hessischen Untersuchungsausschuss zur Terrorserie des rechtsextremen Nationalsozialistischen Untergrunds.

Nach den Silvester-Krawallen forderte Faeser "gute Prävention", die in der Kita beginnt. Sie warnte davor, die Täterstruktur "politisch zu instrumentalisieren".

10.01.2023 | 06:52 min
Faeser kam am 13. Juli 1970 in Bad Soden im Taunus zur Welt. Die Wurzeln ihrer sozialdemokratisch geprägten Familie liegen allerdings im Ruhrgebiet. Ihr Vater Horst Faeser war Kommunalbeamter. Er zog mit der Familie nach Schwalbach und schaffte es dort bis zum Bürgermeister. Nancy Faeser trat selbst mit 18 Jahren in die SPD ein.
Die mit ihrem Mann und Sohn bis heute in Schwalbach lebende Faeser studierte nach dem Abitur Jura in Frankfurt am Main, machte dort das Zweite Staatsexamen und schloss sich nach einem Semester in den USA einer internationalen Wirtschaftskanzlei an. Im Frühjahr 2003 zog sie erstmals in den hessischen Landtag ein.
Quelle: Claudia Haas, AFP

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