: Jahia Sinwar, der mächtige Mann der Hamas

von Nicola Albrecht
11.10.2023 | 12:01 Uhr
Wer steckt hinter den Angriffen auf Israel? Die Spur führt zu Hamas-Chef Jahia Sinwar, kompromiss- und skrupellos. Sein Ziel: Die Vernichtung Israels.

Wer ist Jahia Sinwar?

10.10.2023 | 02:22 min
Hager, mit kurzen grauen Haaren und kurz geschorenem Bart läuft er nach einem der jüngsten Luftangriffe durch die Straßen von Gaza. "Mein Spaziergang wird eine Stunde dauern, jetzt könnt ihr mich jagen", ruft er. Und meint damit die israelische Armee. Dann macht er ein Selfie und läuft weiter, nur um seine Kaltblütigkeit einmal mehr zu demonstrieren.

Jahia Sinwar: Geboren im Flüchtlingslager Khan Younis

Jahia Sinwar, Hamas-Führer in Gaza und der Mann, der vermutlich Mastermind des brutalen Angriffs auf Israel ist. Lieber würde er als Märtyrer sterben, als sich weiter von Israel demütigen zu lassen und ich sollte sicher sein, Zehntausende wären ebenfalls dazu bereit, versicherte er meinem Team und mir bei einem persönlichen Gespräch in Gaza bereits vor mehr als fünf Jahren. Ich erinnere mich gut, wie sich dabei in seinem Gesicht kein Muskel regte, um irgendeine Emotion zu signalisieren.

Die radikal-islamische Hamas verfolgt Israels Vernichtung sowie die Errichtung eines islamischen Staates.

07.10.2023 | 01:11 min
Doch wer ist Jahia Sinwar? 1962 wird er im palästinensischen Flüchtlingslager Khan Younis in Gaza geboren, wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Der für die Araber so schockierende Sieg der Israelis im Sechstagekrieg 1967 gehört vermutlich zu seinen Kindheitserinnerungen.

23 Jahre in israelischer Haft

Die israelische Armee zieht erst 2005 aus Gaza ab und seitdem riegelt Israel Gaza ab. Sinwar studiert Arabisch an der Islamischen Universität in Gaza. Landet mit 20 zum ersten Mal in einem israelischen Gefängnis, insgesamt werden es 23 Jahre, die er in israelischer Haft verbringt.
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Neben der Entführung und Ermordung eines israelischen Soldaten wird ihm nachgesagt, einst palästinensische Kollaborateure mit eigenen Händen getötet zu haben. Im Gefängnis lernt Sinwar Hebräisch und radikalisiert sich zusammen mit anderen militanten Palästinensern. Er wird zum lupenreinen Terroristen und kommt unerwartet bei einem Gefangenenaustausch frei.

Von den Kassam-Brigaden zum Chef der Hamas

Seine Hamas-Karriere startet er bei den Kassam-Brigaden, dem bewaffneten Flügel der Gruppe - bis er schließlich in einer geheimen Wahl 2017 zum Chef der Hamas in Gaza gewählt wird. Er löst damit Ismail Hanija ab, der seitdem offiziell Politbürochef ist und im katarischen Exil residiert.
Den wohl folgenschwersten Angriff auf Israel dürfte er zusammen mit Mohammed Deif, dem amtierenden Kassam-Brigaden-Führer geplant haben - sicher nicht ohne das Plazet seiner großzügigen Geldgeber aus Teheran. Nicht stolz, aber selbstsicher erklärte er mir in demselben Gespräch, das wir 2018 führten, dass er die volle Unterstützung des iranischen Regimes genieße.

Der Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel wird von Experten als gut koordiniert eingestuft - und vermutlich vom Iran abgesichert. Der Iran weist alle Vorwürfe zurück.

09.10.2023 | 02:32 min

Sinwar mehrfach israelischen Angriffen entkommen

Schon mehrfach hat Israel versucht, in gezielten Angriffen Sinwar und Deif zu töten. Bislang ist es nicht gelungen. Sein Haus hat die israelische Armee nach eigenen Angaben auch diesmal bombardiert.
Doch für die Spitzen der Hamas gibt es immer wieder einen Bunker - oder die Kellergeschosse des Shifa Krankenhauses oder einer Schule dienen als solcher.

Wie groß ist der Rückhalt, den die Hamas bei der Zivilbevölkerung im Gazastreifen genießt? Israel-Korrespondent Michael Bewerunge mit einer Einschätzung vor Ort.

10.10.2023 | 02:15 min
Denn unter den angeblich so zahlreichen sterbewilligen Märtyrern in Gaza sind dann doch meist nicht die Hamas-Funktionäre, sondern Zivilisten, Frauen und Kinder.
Deren Tod spielt für Sinwar allerdings keine Rolle. Denn sein Lebensinhalt ist allein die Zerstörung Israels.

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