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: Wie korrupt die Welt ist - und wo wir stehen

von Charlotte Bauer
31.01.2023 | 05:00 Uhr
Deutschland stagniert seit Jahren bei der wahrgenommenen Korruptions-Bekämpfung. Das zeigt der neue Korruptionsindex von Transparency International.
Bei der Bekämpfung von Korruption in Politik und Verwaltung tritt Deutschland seit nunmehr zehn Jahren auf der Stelle. Das geht aus dem Korruptionswahrnehmungsindex 2022 hervor, den die Organisation Transparency International am Dienstag veröffentlichte.
Zwar sieht Margarete Bause, stellvertretende Vorsitzende von Transparency International Deutschland, die Bundesrepublik im internationalen Vergleich zwar relativ gut aufgestellt, weil etwa Alltagskorruption in Polizei oder Verwaltung kaum eine Rolle spielten. "Doch Skandale wie die Maskenaffäre oder Cum-Ex haben zuletzt das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt", so Bause. 

Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) erreicht Deutschland 79 Punkte (Rang 9). Das ist ein Punkt weniger als im Vorjahr 2021, aber derselbe Wert wie vor zehn Jahren. Der Index beruht auf der Einschätzung von Expert*innen und Führungskräften. Sie bewerten den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption.

Was ist "wahrgenommene Korruption"?

Der Index von Transparency International stellt nicht die tatsächlich stattfindende Korruption dar, sondern die wahrgenommene. Der Punktwert errechnet sich dabei sowohl aus der Meinung von Experten als auch Umfragen unter Geschäftsleuten.

Kritiker bemängeln das. Die Meinung könne zu sehr auf persönlichen Erfahrungen mit Korruption beruhen oder beispielsweise durch Presseberichte über spektakuläre Korruptionsfälle beeinflusst sein.

Was genau ist Korruption?

Korruption ist der Missbrauch von Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil, etwa durch Bestechung. Oftmals verursacht Korruption volkswirtschaftliche Schäden, aber auch einen moralischen Verfall.

Das Bundeskriminalamt definiert Korruption gemäß der kriminologischen Forderung als "Missbrauch eines öffentlichen Amtes, einer Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandats zugunsten eines Anderen, auf dessen Veranlassung oder in Eigeninitiative, zur Erlangung eines Vorteils für sich oder einen Dritten, mit Eintritt oder in Erwartung des Eintritts eines Schadens oder Nachteils für die Allgemeinheit (Täter in amtlicher oder politischer Funktion) oder für ein Unternehmen (betreffend Täter als Funktionsträger in der Wirtschaft)".

Vorteile, die Amts- oder Funktionsträger erhalten können, umfassen beispielsweise Bargeld, Restaurantbesuche, Sachzuwendungen, Arbeits- und Dienstleistungen oder auch Reisen. Dafür vermitteln die Vorteilsnehmer etwa Aufträge, erteilen Genehmigungen oder geben vertrauliche Informationen weiter.

Insgesamt werden 180 Staaten bewertet. Auf den ersten Platz gelangt Dänemark mit 90 Punkten, gefolgt von Finnland (87 Punkte) und Neuseeland (ebenfalls 87 Punkte). Grundsätzlich befinden sich an der Spitze des Rankings insbesondere Staaten mit starken rechtsstaatlichen und demokratischen Institutionen.  
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Syrien, Südsudan und Somalia schneiden am schlechtesten ab

Am schlechtesten beim Ranking schneiden Staaten ab, in denen staatliche Institutionen zerfallen und die von gewaltsamen Konflikten geprägt sind - etwa Syrien (13 Punkte), Südsudan (13 Punkte) und Somalia (zwölf Punkte).  
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"Wir sehen, dass Länder, in denen Krieg oder Bürgerkrieg herrscht, in denen der Staat eigentlich nicht mehr existiert, besonders von Korruption betroffen sind", sagt Bause. "Wir haben zerfallende Strukturen, keine oder kaum Staatlichkeit mehr. Da hat Korruption natürlich ein breites Betätigungsfeld." 

Türkei und Ungarn unter Verlierern, Korruption in Ukraine weiter hoch

Zu den Ländern, die im internationalen Vergleich in den vergangenen zehn Jahren am meisten Punkte eingebüßt haben, zählen die Türkei (36 Punkte) und Ungarn (42 Punkte). Beide Länder erhalten 13 Punkte weniger als im Korruptionswahrnehmungsindex 2012. Die Gründe: Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz, Medien und Zivilgesellschaft. 
Im europäischen Vergleich hat vor allem die Ukraine (33 Punkte) schlecht abgeschnitten. Im internationalen Ranking belegt sie Platz 116 - auch wenn im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren eine positive Tendenz zu erkennen ist. 
"Die Ukraine hat trotz des Krieges nach wie vor eine aktive und engagierte Zivilgesellschaft. Und die ist natürlich auch sehr wichtig bei der Aufdeckung und Bekämpfung von Korruption. Hier sehen wir durchaus das Bemühen, Korruption als Gefahr für die Gesellschaft und für die Demokratie ernst zu nehmen und etwas dagegen zu unternehmen", sagt Bause. Zudem gebe es laut Bause auch eine politische Zielsetzung, Korruption zu überwinden. 

Transparency: System in Russland "durch und durch korrupt"

Das sei der große Unterschied zu Russland, wo es all das Genannte nicht gebe und das System "durch und durch korrupt ist". "Gerade das russische Regime versucht auch strategische Korruption einzusetzen, um Demokratien zu unterwandern, zu unterlaufen und Einfluss zu nehmen auf politische Entscheidungen." Mit 28 Punkten belegt Russland Rang 137.  
Auch Deutschland müsse laut Bause noch einiges tun, um Korruption wirksam zu bekämpfen. Dafür brauche es vor allem eine ganzheitliche Strategie. Als konkrete Maßnahmen nennt sie unter anderem ein aktives Vorgehen gegen Abgeordnetenbestechung und die Einführung eines Unternehmensstrafrechts.
Deutschland muss stärker und ambitionierter in der Korruptionsbewältigung vorgehen.
Margarete Bause, Transparency International Deutschland

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