: Sharmahd-Tochter: "Wurden im Stich gelassen"

von Pierre Winkler
04.05.2023 | 04:49 Uhr
Nachdem das Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd bestätigt worden ist, macht seine Tochter der Bundesregierung schwere Vorwürfe. Die deutsche Strategie sei gescheitert.

Das sind die Themen gewesen in der Sendung vom 3. Mai: Das Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Sharmahd, die Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt sowie die Debatte um die Vier-Tage-Woche und die weitere Erhöhung des Mindestlohns.

03.05.2023 | 73:21 min
Im Sommer 2020 wurde Jamshid Sharmahd auf einer Geschäftsreise in Dubai entführt und in sein Geburtsland Iran verschleppt, wo er im Februar dieses Jahres zum Tod verurteilt wurde.
"Am 999. Tag seiner Entführung, die er in Isolation und Einzelhaft unter Folter verbracht hat, wurde das Todesurteil bestätigt", sagte seine Tochter Gazelle Sharmahd am Mittwochabend bei Markus Lanz. "Das heißt, mein Vater kann jetzt jederzeit aus seiner Zelle herausgenommen und hingerichtet werden."
ZDF-Korrespondent: "Leben von Sharmahd ist akut bedroht":

Tochter von Sharmahd selbst in Gefahr

Sie selbst lebt in den USA und war im März nach Deutschland gereist - offenbar gegen den ausdrücklichen Rat der Sicherheitsbehörden.
"Mir wurde gesagt: 'Du sollst nicht fliegen.' Mir wurde von Amerika und Deutschland aus gesagt, es sei ein viel zu großes Risiko, in mein eigenes Land als deutscher Staatsbürger zu fliegen, um mit meinen Politikern dort zu sprechen", sagte die Tochter des Deutsch-Iraners.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen für Reise

Gazelle Sharmahd machte der Bundesregierung und den deutschen Behörden schwere Vorwürfe. Nur dank erheblicher Sicherheitsvorkehrungen für sie persönlich sei ihre Reise nach Deutschland möglich gewesen.
Ohne diese, so formulierte sie es, "könnte ich noch nicht mal nach Deutschland kommen und mit unseren Abgeordneten sprechen und denen in die Augen gucken und sie fragen: Warum wird immer noch nichts getan? Warum eskaliert das nicht? Wo sind diese Eskalationsstufen? Wo sind diese ernsthaften Konsequenzen, die uns versprochen worden sind?"
ZDF-Korrespondent: "Darum fühlt der Iran sich gerade politisch stark bedroht":

Gazelle Sharmad: "Mein Vater wird in der Haft gefoltert"

Ihr Vater werde in der iranischen Haft "gefoltert, ihm werden seine Medikamente nicht gegeben, er hat ein Todesurteil bekommen, er wurde entführt. All das war anscheinend nicht unsere rote Linie, das ist das Problem, dass all diese Sachen keine rote Linie für unsere Regierung waren. Es wurden keine Maßnahmen getroffen. Erst als er das Urteil bekommen hat, wurden zwei Diplomaten ausgewiesen."
Solche Konsequenzen seien aber bei Weitem nicht ausreichend. "Dann gucken Sie sich mal die Reaktion aus dem islamischen Regime an", sagte sie. "Die haben selber auch zwei Diplomaten ausgewiesen und die haben danach angekündigt in ihrer größten Zeitung [...], dass sie die ganze Botschaft als Geisel nehmen werden."

Sharmahd: "Zweieinhalb Jahre im Stich gelassen worden"

Sie wisse nicht, ob es noch eine Chance gebe für ihren Vater. Sie sei aber überzeugt, "dass nicht die richtigen Schritte getan wurden und dass wir absolut den falschen Weg gegangen sind, dass wir zweieinhalb Jahre im Stich gelassen worden sind in diesem Krieg, den wir mit diesem Terrorregime führen".

Heil versichert Regierung tut das "Menschenmögliche"

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, und ebenfalls Gast bei Markus Lanz, sagte zum Schicksal von Jamshid Sharmahd:
Es ist tatsächlich so, dass die Bundesregierung versucht, das Menschenmögliche zu tun. Das kann ich versichern.
Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales
Es würden Gespräche auf verschiedenen Kanälen geführt. Trotzdem lasse ihn die Hilflosigkeit im Angesicht eines derart skrupellosen Regimes "ein bisschen verzweifeln".
Gazelle Sharmahd entgegnete:
Ich glaube ganz bestimmt, dass dort gesprochen wird auf verschiedenen Kanälen. Ich glaube nur einfach, es ist nicht genug. Und wir unterschätzen dieses Regime.
Gazelle Sharmahd, Tochter von Jamshid Sharmahd

Heil verteidigt Baerbock

Heil beschrieb die Schwierigkeiten, mit denen sich die Bundesregierung konfrontiert sehe. Angesprochen auf die Rolle der Bundesaußenministerin sagte Heil: "Ich kenne Annalena Baerbock, der Menschenrechte wirklich am Herzen liegen und die versucht, alle Register zu ziehen, die mir aber auch sagt: 'Wir kommen an Grenzen.'"
Schließlich sei es trotz des internationalen Drucks bis heute nicht einmal möglich, dass Mitarbeiter der deutschen Botschaft Jamshid Sharmahd im Gefängnis besuchen.

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