: Ziemiak: Polen kritisch gegenüber Deutschland

von Pierre Winkler
09.02.2023 | 04:09 Uhr
CDU-Spitzenpolitiker Ziemiak beschreibt, wie enttäuscht die Menschen in seinem Geburtsland Polen über Berlins Außenpolitik sind. Dies betreffe vor allem die Panzerlieferungen.

Zum Umgang der EU mit dem Ukraine-Konflikt, zur Ost-Politik während der Ära Merkel sowie über die Ideologie und das Weltbild Putins

08.02.2023 | 76:50 min
Deutsche Kampfpanzer für die Ukraine. Nach langen Verhandlungen läuft dieses Projekt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) verkauft das als seinen Erfolg, schließlich habe er alle mitgezogen, inklusive die USA. Zu den Lieferanten gehört auch Polen - das sich laut Paul Ziemiak jetzt stark über Deutschland wundert. Bei Markus Lanz sagte der Generalsekretär der NRW-CDU:
Was man nicht versteht in Polen: Dass Deutschland in der Beschaffung so katastrophal aufgestellt ist.
Paul Ziemiak, Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen
Ziemiak ist in Polen geboren und hat einen besonderen Blick für die Perspektive des Nachbarlandes. Dort wundere man sich sehr über die deutsche Rüstungsstrategie. Länder, die jetzt zusammen mit Deutschland Leopard-Panzer in die Ukraine liefern, bestellten diese bei deutschen Herstellern. Und seien dabei deutlich schneller.
Deutschland wird also in der Reihe irgendwo hinten stehen im eigenen Land bei der Bestellung.
Paul Ziemiak, Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen
Die Polen hätten nach Beginn des Krieges geschaut: "Wo kann man auf dem Markt Panzer bekommen?"

Ziemiak: Deutschland zu zögerlich

Die polnische Regierung hatte schon im Sommer 2022 mit Südkorea einen Vertrag über 1.000 Panzer ausgehandelt. Die Menschen in Polen verstünden nicht, "dass Deutschland, die deutsche Regierung im eigenen Land mit deutschen Unternehmen nicht schneller an Panzer kommen kann als die polnische Regierung in Asien".
Beim zentralen Kritikpunkt sind sich Ziemiak und die polnische Regierung offenbar einig: Deutschland agiere viel zu zögerlich und inkonsequent, wenn es um Waffenlieferungen gehe.
Das ist ja der Fehler gewesen des Kanzlers auch im ganzen letzten Jahr, diese roten Linien zu ziehen.
Paul Ziemiak, Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen
"Das macht überhaupt keinen Sinn, auch politisch, strategisch, im Verhältnis zu Russland, zu sagen: 'Wir schicken jetzt Munition, wir schicken jetzt Panzerhaubitzen, Radhaubitzen, dieses und jenes. Aber mehr wird nicht kommen! Zugesagt, ihr könnt euch darauf verlassen. Also bitte nicht uns als irgendeine Kriegspartei betrachten.'" Dieses Versprechen sei mit der Zusage von Kampfpanzer-Lieferungen gebrochen worden.

"Wir wollen schon heute Frieden, aber Putin scheint nicht soweit zu sein und deswegen brauchen wir die Waffen, um Putin dazu zu bewegen", so der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk.

07.02.2023 | 07:53 min

Kampfjets für die Ukraine?

Und aktuell schließt Kanzler Olaf Scholz deutsche Kampfjets für die Ukraine aus. Ziemiak sieht auch darin einen Fehler im Umgang mit Russland: "Selbst, wenn man nie Flugzeuge liefern wollte, sollte man immer sagen: 'Wenn Ihr eure Offensive weiter fortsetzt, überlegen wir, wie wir die Ukraine weiter unterstützen werden.'"
Trotz des Kanzler-Neins zu Kampfjets erwartet die Militärexpertin Claudia Major: "Meines Erachtens werden sie kommen", sagte sie.
Sie sind militärisch ableitbar, wenn man sagt, das Ziel der Unterstützung der Ukraine ist, dass sie ihr eigenes Territorium befreien können. Dann gibt es einen militärischen Bedarf an Luftunterstützung.
Claudia Major, Militärexpertin

Ukraine: Hier können Sie spenden

Quelle: ZDF
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Wie arbeitet das Aktionsbündnis?

Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.

Ziemiak: Osteuropas existenzielle Angst

Mit Blick auf Polen und die baltischen Staaten ergänzte sie:
Eine Sache, die wir in Westeuropa nicht nachvollziehen können, ist diese existenzielle Angst.
Claudia Major, Militärexpertin
Die Erfahrung mit der Sowjetunion mache viele Länder im Osten Europas jetzt besonders sensibel, wenn es um russische Aggression gehe. Gerade darum sei Polen "sehr enttäuscht von der Politik, die wir bisher gemacht haben im Verhältnis zu Russland", fügte Ziemiak an.
Stichwort Nord Stream 2. Mit Scholz' Zeitenwende-Rede im Bundestag sei in Polen die konkrete Hoffnung entstanden, dass "Deutschland endlich verstanden hat, was los ist". Ob diese Hoffnung gerechtfertigt ist, daran gebe es heute aber wieder erhebliche Zweifel. Ziemiak verwies dabei auf Teile der deutschen Politik, die sich immer noch sehr milde im Umgang mit Wladimir Putin zeigten.

Verständnis für Putin in Deutschland

Putins Erzählung, die Nato habe Russland bedroht, habe auch in Deutschland viele Anhänger. "Und dann sagen manche: 'Ja, das ist natürlich ein Punkt. Der Arme hat sich bedroht gefühlt'", sagte Ziemiak. "In Polen wird gesehen: Wenn so in Deutschland diskutiert wird, heißt das nichts anderes, als dass Staaten wie Polen und die baltischen Staaten kein Selbstbestimmungsrecht haben, welchem Verteidigungsbündnis sie angehören."
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