: Russland: Propaganda statt Panzerkampf

von Christian Mölling und András Rácz
20.01.2023 | 20:54 Uhr
Im Westen wird die Lieferung von Leopard-2-Panzern debattiert. Russland hingegen entwickelt den T-14 Armata-Panzer, kann ihn aber nicht in der Ukraine einsetzen.
Russischer Kampfpanzer T14 (Archivfoto)Quelle: AP
Der T-14 Armata ist noch nicht kampffähig; selbst wenn er zum Einsatz käme, würde er in erster Linie Informationszwecken dienen. Russland kann keine symmetrische Antwort auf die Lieferung westlicher Panzer geben.
Parallel zur Verschärfung der westlichen Debatte über die Versorgung der Ukraine mit modernen Panzern tauchten Nachrichten aus Russland auf, wonach der Kreml die Entsendung der neuesten T-14 Armata-Panzer in die Ukraine erwägt.

Sanktionen behindern die Entwicklung des neuen Panzers

Diese Informationen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Grund dafür ist, dass der T-14 Armata noch nicht voll kampftauglich ist. Der Panzer wird seit langem von einer Reihe schwerwiegender Probleme geplagt. Ursprünglich sollte Russland laut den staatlichen Rüstungsplänen bis 2025 rund 2.300 (!) Armatas produzieren.

Dr. Christian Mölling ...

Quelle: DGAP
... ist Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und leitet dort das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.

Dr. András Rácz ...

Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Die hohen Kosten des Fahrzeugs waren jedoch für den durch die Sanktionen ohnehin geschwächten russischen Haushalt kaum tragbar. Daher beschloss Russland 2018, die Massenproduktion des T-14 nicht aufzunehmen und stattdessen die Modernisierung der älteren T-72 fortzusetzen und sie als Hauptkampfpanzer der russischen Streitkräfte einzusetzen.

T-14-Panzer auch auf westliche Teile angewiesen

Die Produktion des T-14 wurde erst Ende 2021 wieder aufgenommen, allerdings in sehr geringen Stückzahlen. Außerdem wurde die Produktion durch verschiedene Probleme im Zusammenhang mit der Zuverlässigkeit des Motors und des Getriebesystems sowie mit der Verfügbarkeit einiger im Westen hergestellter Komponenten behindert, die seit Februar 2022 unter westliche Sanktionen fallen.
Aufgrund der stark verzögerten Produktion wurde der T-14 noch nicht vollständig und umfassend von den russischen Panzertruppen getestet. Soweit sich aus offenen Quellen rekonstruieren lässt, ist auch die Integration mit anderen russischen Waffensystemen noch nicht abgeschlossen. Alles in allem hat das Fahrzeug seine Testphase noch nicht abgeschlossen.

Einsatz in der Ukraine birgt derzeit viele Risiken

Daher ist es höchst unwahrscheinlich, dass Russland den T-14 in der Ukraine zum Kampf einsetzt, mit der einzigen möglichen Ausnahme, ihn nur gegen bereits geschwächte, stark dezimierte ukrainische Streitkräfte einzusetzen.
Ein Einsatz der T-14 in einem echten Gefecht ist vor allem deshalb unwahrscheinlich, weil damit das Risiko verbunden wäre, dass ein Fahrzeug zerstört wird oder in die Hände des Feindes fällt, sei es aufgrund von Kampfschäden oder technischen Fehlfunktionen.

Russische Propaganda hätte am meisten von einem T-14-Einsatz

In diesem Fall würde die Konstruktion des Panzers und die verwendete Technologie bekannt werden. Darüber hinaus wäre der Verlust eines T-14 auch ein massiver PR-Schlag für das russische Militär.
Der wahrscheinlichste Einsatz des Panzers ist zu Propagandazwecken, das heißt, um der heimischen Öffentlichkeit zu demonstrieren, dass Moskau eine angemessene, symmetrische Antwort auf die Lieferung westlicher Panzer gegeben hat.

Russland könnte wieder mit Atomwaffen drohen

Anstatt vergeblich zu versuchen, eine symmetrische Antwort zu geben, wird sich Russland daher wahrscheinlich darauf konzentrieren, den Westen davon abzuhalten, moderne Panzer zu stationieren, vor allem in nennenswerter Zahl.
Erstens wird Moskau wahrscheinlich eine intensive Desinformationskampagne zur Abschreckung durchführen und mit verschiedenen Formen der Eskalation, einschließlich der nuklearen, drohen, sollte der Westen die Ukraine mit modernen Panzern beliefern.

Russland würde alle daransetzen, westlichen Panzer zu zerstören

Zweitens würde Russland, sobald die ersten westlichen Panzer eintreffen, wahrscheinlich sein Bestes tun, um einen von ihnen so schnell wie möglich zu zerstören oder außer Gefecht zu setzen. Die russische Armee würde sich dabei auf die bereits bekannten Mittel verlassen, vor allem auf Streumunition, Drohnenangriffe und Präzisionsartillerieangriffe. 
Die Bemühungen auf dem Schlachtfeld würden durch intensive Propagandakampagnen unterstützt. Sobald es Russland gelingt, einen Panzer aus westlicher Produktion auszuschalten, würde der Kreml höchstwahrscheinlich den europäischen Informationsraum mit Nachrichten und Bildern des zerstörten Fahrzeugs überfluten, um westliche Regierungen von der Entsendung weiterer Fahrzeuge abzuhalten.
Die Intensivierung der T-14-Diskussion deutet jedoch darauf hin, dass auch Moskau davon ausgeht, dass es in der Ukraine relativ bald mit Panzern westlicher Bauart konfrontiert sein wird.
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