: "Falscher Mann, falscher Platz, falsche Zeit"

26.04.2024 | 06:28 Uhr
Großbritanniens Ex-Verteidigungsminister Ben Wallace wirft Kanzler Olaf Scholz Führungsschwäche in der Ukraine-Politik vor. Es helfe Putin, wenn man unentschlossen wirke.
Er "versteht Abschreckung nicht" - das wirft der britische Ex-Verteidigungsminister Wallace Kanzler Scholz vorQuelle: dpa/ Kay Nietfeld
Harsche Kritik aus London: Der frühere britische Verteidigungsminister Ben Wallace hat Bundeskanzler Olaf Scholz im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine Führungsschwäche vorgeworfen. Außerdem verstelle der SPD-Politiker durch schlechte Kommunikation den Blick auf die beachtliche Unterstützung, die Deutschland für die Ukraine leiste, sagte der Konservative der Deutschen Presse-Agentur in London.
"Er ist der falsche Mann am falschen Platz zur falschen Zeit", wiederholte Wallace eine frühere Äußerung über Scholz.
Er versteht Abschreckung nicht, er versteht Mehrdeutigkeit nicht.
Ben Wallace, früherer britischer Verteidigungsminister

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Er fügte hinzu, Scholz scheine nicht zu verstehen, dass es dem russischen Präsidenten Wladimir Putin helfe, wenn man unentschlossen wirke, bei bestimmten Entscheidungen hin und her schwanke, oder den Eindruck erwecke, mit seinen Verbündeten nicht auf einer Linie zu sein. Letztlich komme es auch auf die Kommunikation an, ob wahrgenommen werde, was Deutschland für die Ukraine tue.

Wallace fordert Taurus-Lieferung an die Ukraine

Wallace, der einst als möglicher Kandidat für die Nachfolge von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gehandelt wurde, forderte auch die Lieferung deutscher Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine. Scholz müsse sich entscheiden, ob er wolle, dass die Ukraine den Krieg gewinne oder nicht, sagte Wallace mit Blick auf das erneute Nein des Bundeskanzlers zu einer Taurus-Lieferung.

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Er verstehe zwar die Sorge vor einer Eskalation, diese sei aber unbegründet, sagte der konservative Politiker, der von 2019 bis 2023 Verteidigungsminister seines Landes war. Scholz habe zudem Unrecht gehabt, als er andeutete, britische und französische Soldaten seien in der Ukraine vor Ort, um Marschflugkörper zu programmieren.
Es braucht keine britischen und französischen Soldaten, die in der Ukraine sitzen und Marschflugkörper programmieren.
Ben Wallace, früherer britischer Verteidigungsminister
Scholz lehnt es strikt ab, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Er befürchtet, dass Deutschland bei Bereitstellung der Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern in den Krieg hineingezogen werden könnte.

Einfrieren des Konflikts könnte Russland nutzen

Wallace warnte zudem vor einem Einfrieren des Kriegs in der Ukraine. Er bezog sich dabei auf Äußerungen des SPD-Fraktionschefs im Bundestag, Rolf Mützenich. Dieser müsse sich die Frage gefallen lassen, wie das Einfrieren des Konflikts für die Ukrainer beim vorigen Mal ausgegangen sei, sagte Wallace. Das Land habe zwischen der russischen Krim-Annexion 2014 und der Invasion vor zwei Jahren 18.000 Soldaten verloren.
"Das Problem mit dem Einfrieren ist, dass man es garantieren muss", sagte Wallace.
Aber wir haben das versucht, und die Ukrainer würden sagen, dass Großbritannien, Amerika, Deutschland und Frankreich diese Garantie nicht erfüllt haben.
Ben Wallace, früherer britischer Verteidigungsminister
Die Ukrainer könnten im Gegenzug für ein Einfrieren nun die Nato-Mitgliedschaft verlangen, sagte Wallace. "Sie könnten sagen: 'Gebt uns die Mitgliedschaft in der Nato. Lasst uns eine Linie ziehen, wo auch immer das sein möge, aber was übrig bleibt, ist Nato'."

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Auf die Frage, ob das eine gangbare Lösung sein könnte, wollte Wallace sich nicht festlegen. "Ich will nicht spekulieren, wie ein Deal aussehen könnte. Die Ukraine muss das entscheiden, sie sind es, die Tausende Menschen verloren haben. Und sie kämpfen für uns jetzt. Wir kämpfen nicht." Deutschland, Frankreich und nicht zuletzt Russland würden sich nicht darauf einlassen, glaubt Wallace.
Ohne ausreichende Sicherheitsgarantie werde ein Einfrieren des Konflikts jedenfalls nur dazu führen, dass Russland wieder aufrüste, sich neu aufstelle und erneut angreife, wie das nach der Annexion der Krim geschehen sei, warnte er.
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Quelle: dpa

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