: Miriam Meßling ist neue Verfassungsrichterin

von Christoph Schneider
31.03.2023 | 11:07 Uhr
Das Team der 16 Richterinnen und Richter des höchsten deutschen Gerichts ist vollständig. Die neue Bundesverfassungsrichterin heißt Miriam Meßling.
Neue Verfassungsrichterin: Miriam MeßlingQuelle: Bundessozialgericht
Erst am 28. März wurde es offiziell. Da erschien der "2. Nachtrag zur Tagesordnung der 1032. Sitzung des Bundesrates". Unter TOP 47 neu eingefügt die "Wahl einer Richterin des Bundesverfassungsgerichts". Damit ist auch klar: Es steht kein Mann zur Wahl. Und gleich nach der Eröffnung der Bundesratssitzung wurde TOP 47 behandelt.
Einstimmig wurde sie gewählt – Miriam Meßling, die auch der Bundesratssitzung beiwohnte. Die promovierte Juristin, momentan noch tätig als Vizepräsidentin des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel, wird neue Verfassungsrichterin, beerbt Gabriele Britz im Ersten Senat des höchsten deutschen Gerichts. Die 54-jährige Hochschullehrerin Britz aus Gießen kann dann wieder zurück an die Uni.

Miriam Meßling gewählt

Mit der Wahl Meßlings durch den Bundesrat endet eine monatelange Hängepartie. Denn eigentlich lief die Amtszeit von Gabriele Britz am 1. Februar ab. Das Nominierungsrecht für ihre Nachfolge liegt bei der SPD. Doch der ursprüngliche Vorschlag Lars Brocker – Präsident des OVG Koblenz, den die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ins Gespräch brachte - stieß nicht auf Zustimmung der Union.
Denn vor Jahren war zwischen den Parteien CDU/CSU, SPD, B‘90/Grüne und der FDP vereinbart worden, dass bei der Nachfolge Britz ein Bundesrichter oder Bundesrichterin gewählt werden sollte. Und Brocker ist zwar ein hoher Landes- aber kein Bundesrichter. Und ohne Zustimmung der Union ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat nicht gegeben. Außerdem gab es Kritik daran, dass bei der Wahl eines weiteren Mannes die Parität am Verfassungsgericht nicht mehr gegeben wäre.  
So wurde man auf Miriam Meßling aufmerksam, zu der die Union vorab schon Zustimmung signalisierte. Die 50-Jährige, die Youngster jetzt unter den Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichtern, war eigentlich die designierte Nachfolgerin für BSG-Präsidenten Rainer Schlegel, der im kommenden Jahr altersbedingt in den Ruhestand geht. Doch dann kam der Ruf nach Karlsruhe. Damit geht es zurück in ihre berufliche Heimat.

Meßling hat bereits verfassungsrechtliche Erfahrung

Denn sie war schon von 2002 bis 2005 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Verfassungsrichterin Renate Jaeger am Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts tätig. Auch danach blieb sie in der baden-württembergischen Justiz, war Richterin an den Sozialgerichten Karlsruhe und Freiburg, ging anschließend ans Landessozialgericht nach Stuttgart.
Und sie war von 2013 bis 2016 im Justizministerium Baden-Württemberg, sammelte da als Personalreferentin wichtige Erfahrungen. 2016 wurde sie als Bundesrichterin an das BSG gewählt, wurde 2021 Vorsitzende Richterin am BSG und ist seit dem vergangenen Jahr Vizepräsidentin des BSG.

Das ist das Bundesverfassungsgericht

Quelle: dpa
Die Wahl der Richterinnen und Richter für das Bundesverfassungsgericht ist im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt. Von den 16 Richterinnen und Richter, die in zwei Senaten mit je acht Richterinnen und Richter amtieren, werden acht vom Bundestag und acht vom Bundesrat mit Mehrheit gewählt.

Dabei haben SPD, CDU/CSU, sowie die Grünen und die FDP 2018 vor Jahren einen Verteilungsschlüssel abgesprochen. Der lautet 3-3-1-1, die beiden Senate des Gerichts setzen sich somit jeweils aus drei von der SPD, drei von der Union, einer von den Grünen und einer von der FDP vorgeschlagenen Jurapersönlichkeiten zusammen. Das bedeutet aber nicht, dass die Nominierten den jeweiligen Parteien auch angehören müssen.

Frühestens drei Monate vor dem Ablauf der Amtszeit der Vorgänger können die Nachfolger gewählt werden. Kommt innerhalb von zwei Monaten nach dem Ablauf der Amtszeit keine Wahl eines Nachfolgers zustande, so wird das Bundesverfassungsgericht vom Wahlausschuss des Bundestags, beziehungsweise dem Bundesratspräsident unverzüglich zur Nennung von Wahlvorschlägen aufgefordert - bei einem Nachfolger müssen drei, bei zwei Nachfolgern vier Namen genannt werden.

Voraussetzungen

Die Nominierten müssen das 40. Lebensjahr vollendet haben. Und drei Richterinnen und Richter in jedem Senat müssen länger an einem Bundesgericht, also Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht, Bundesarbeitsgericht, Bundessozialgericht oder Bundesfinanzhof, tätig gewesen sein.

Das Nominierungsverfahren

Eilig hat es die Politik regelmäßig nicht mit der rechtzeitigen Wahl neuer Verfassungsrichterinnen und -richter. Peter Müller, Gabriele Britz, Andreas Paulus, Johannes Masing und Michael Eichberger mussten rund drei Monate länger in Karlsruhe bleiben, ehe ihre Nachfolger Peter Frank, Miriam Meßling, Heinrich Wolff, Ines Härtel und Henning Radtke fest standen.

Nur zwei Monate verlängern mussten Monika Hermanns und Peter Huber, bis Rhona Fetzer und Thomas Offenloch ernannt wurden. Fast ein halbes Jahr blieb Ferdinand Kirchhof 2018 wegen Erreichens des Ruhestandsalters länger im Amt, ehe sich die Politik auf Stephan Harbarth als Nachfolger verständigte.

Fast zügig ging hingegen die Amtszeit von Andreas Voßkuhle zu Ende, der 2020 "nur" einen Monat länger amtieren musste, ehe Astrid Wallrabenstein seinen Richterstuhl übernahm. Und ausnahmsweise auch mal pünktlich konnte Verfassungsrichterin Susanne Baer zum 1. Februar ausscheiden, denn ihr Nachfolger Martin Eifert wurde bereits vorausschauend im Dezember 2022 vom Bundestag gewählt.

Quelle: ZDF

Parität stimmt am Verfassungsgericht

Nun geht sie selbst als Richterin ans Bundesverfassungsgericht. Damit ist der Erste Senat mit Präsident Harbarth und den Richterinnen Härtel, Ott und Meßling, sowie den Richtern Christ, Eifert, Radtke und Wolff nicht ganz paritätisch besetzt.
Doch der Zweite Senat hat mit Vizepräsidentin König, sowie den Richterinnen Fetzer, Kessal-Wulf, Langenfeld und Wallrabenstein und den Richtern Maidowksi, Müller und Offenloch ein weibliches Übergewicht. In Summe bleibt ein paritätisches Gleichgewicht mit acht Männern und acht Frauen. Kein ungewohntes Bild für Miriam Meßling, denn am BSG stellte Präsident Schlegel im vergangenen Jahr stolz fest, dass die 42 Richterstellen am höchsten Sozialgericht je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt sind.
Formell muss Meßling nach ihrer Wahl in den nächsten Wochen noch von Bundespräsident Steinmeier ernannt werden. Und Britz wird dann offiziell verabschiedet. 
Christoph Schneider ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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