: Im Sumpf des "Blutgeldes"

von Mathis Feldhoff
03.03.2023 | 15:36 Uhr
Gab es illegale Absprachen mit Nord Stream? Im Streit um die Russland-Connection der Schweriner Landesregierung hat sich Ministerpräsidentin Schwesig geäußert. Mit einem Dementi.

Gab es illegale Absprache beim Bau der Nordstream2-Pipeline? Im Streit um die Russland-Connection der Schweriner Landesregierung dementiert Ministerpräsidentin Schwesig im ZDF.

03.03.2023 | 02:50 min
Es soll in einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG gewesen sein, kurz vor dem Jahresende 2020, als Ministerpräsidentin Manuel Schwesig (SPD) eine letzte Absprache über 20 Millionen Euro traf. Das Geld sollte von Russland nach Schwerin fließen, in den Klimafonds einer Stiftung, die Schwesig in enger Absprache mit Nord Stream gründete.
Das Besondere dieser Stiftung war, dass nicht nur gemeinnützig anerkannte, grüne Maßnahmen gefördert wurden, sondern auch eine Art Schutzschirm über Nord Stream 2 ausgebreitet werden konnte. Das Ziel: Die drohenden Sanktionen der USA gegen das Pipeline-Projekt sollten ausgebremst werden.
In einem ZDF-Interview verteidigt Ministerpräsidentin Manuela Schwesig diese Konstruktion: "Hier gab es ganz klar auch einen Landtagsbeschluss." Die Landesregierung solle sicherstellen, dass der Hafen geschützt werde, hieß es. Im Landtag, so Schwesig, "gab es einen breiten Konsens von SPD, CDU und Linken".

168 Millionen Euro aus Russland: Wofür?

Allerdings: Die Anfang 2021 gegründete Klimastiftung schützte nicht nur den Hafen, sondern beteiligte sich mit ihrem sogenannten "wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb" aktiv am Pipeline-Bau der Nord Stream, etwa durch Kauf des Spezialschiffes "Blue Ship". In diesem Geschäftsbetrieb ging es längst um viel größere Summen - was genau alles mit den rund 168 russischen Millionen finanziert wurde, liegt noch größtenteils im Dunkeln. Schwesig sagt:
Wir haben Nord Stream 2 nie für Putin unterstützt. Für uns war es ein Wirtschafts- und Energieprojekt. Und wir waren für die Infrastruktur zuständig.
Manuela Schwesig (SPD)
Dass die Stiftung auch über einen Klimateil verfügte, ist für Schwesig nur denklogisch. Schließlich habe man schon beim Bau der ersten Pipeline Nord Stream 1 eine Stiftung gegründet: "Für die sogenannte Ostseestiftung", so Schwesig im ZDF, "mit der dann auch sehr wichtige Umweltprojekte auf der Ostsee gemacht worden sind."

Die Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern war wegen ihrer Förderung von Nord Stream 2 in der Kritik. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs ist die Stiftung politisch tot. Jetzt sorgt die Prüfung durch das Finanzamt für neue Aufregung.

01.03.2023 | 01:55 min

Schwesig: Über Schenkungssteuer nie gesprochen

Doch gerade die Fragen zu dem 20-Millionen-Klimafonds machen es für Schwesig jetzt so gefährlich. Die Summe soll Schwesig persönlich mit dem Nord-Stream-Geschäftsführer Warnig ausgehandelt haben - einem ehemaligen Stasi-Offizier, der mit russischen Kontakten und Freundschaften zu Wladimir Putin und Gerhard Schröder gleichermaßen Karriere gemacht hatte. Dass diese 20 Millionen Euro ausschließlich für gemeinnützige und damit steuerfreie Projekte verwendet werden sollten, bestätigt auch die Ministerpräsidentin.

Mehr in der ZDF-Sendung "Berlin direkt"

Quelle: ZDF
Mehr zum Thema rund um die rätselhaften Vorgänge in Mecklenburg-Vorpommern, die Klimastiftung, den russischen Einfluss und was Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) wusste, sehen Sie in der ZDF-Sendung "Berlin direkt": Sonntag, 19.10 Uhr.
Und so scheint ihr Dementi um eventuelle Absprachen zur Schenkungssteuer irgendwie fragwürdig: "Zu keinem Zeitpunkt", so Schwesig, sei "im Vorfeld der Gründung der Stiftung über die Frage von Schenkungssteuer gesprochen worden. Es war in allen Gesprächen immer klar, dass die 20 Millionen für Klimaschutz eingesetzt werden."
Doch aus dieser Antwort ergibt sich, dass über Steuerzahlungen nie gesprochen werden musste. Schließlich war der Klimateil der Stiftung gemeinnützig und damit steuerfrei.

Vorgänger Sellering wehrt sich

Doch als mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine für Nord Stream das Ende kam, war auch die Stiftung plötzlich nur ein Klotz ein Bein. Eine Stiftungsexpertin hatte zur Auflösung geraten: Das russische Geld sei "Blutgeld". Eine immer brenzligere Lage für die Ministerpräsidentin. Und: Die Steuerverwaltung in Schwerin kam, nach längerem Prüfen, plötzlich doch auf die Idee, Schenkungssteuer zu erheben. 9,8 Millionen will das Land von seiner Stiftung. Doch der Vorstand um den ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD) wehrt sich.
Die Stiftung, die inzwischen nur noch Klimaförderung betreibt, will dies gerne weitermachen. Die Ministerpräsidentin müsse nun erklären, ob sie nur aus Gründen des Machterhaltes mit ihrer einst hochgepriesenen Stiftung nichts mehr zu tun haben will. "Mit dem 24. Februar gibt es eine Zeitenwende, auch für uns in Mecklenburg-Vorpommern. Und das heißt, dass wir ganz klar gesagt haben, dass alle Kontakte nach Russland abgebrochen werden", erklärt sich die SPD-Frau im ZDF-Interview.
Dass ihre Vergangenheit, ihre russlandzugewandte Politik dennoch wie ein Damoklesschwert über ihr hängt, kann damit allerdings kaum vergessen machen.

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