: Politischer Aschermittwoch: Jeder gegen jeden

22.02.2023 | 14:50 Uhr
Es ist ein Krawallritual: Nach langer Pause dürfen Spitzenpolitiker wieder auf die politische Aschermittwochs-Bühne - und sie teilen aus. Ein Überblick über Kritik und Spott.
Erst mussten die traditionellen Aschermittwochs-Kundgebungen 2021 wegen der Corona-Pandemie auf digitale Versionen abspecken. Ein Jahr danach wurden die Veranstaltungen dann aufgrund des Kriegsbeginns in der Ukraine abgesagt.
Nun, nach zwei Jahren Pause, luden die Parteien in Bayern wieder ein. Die Erwartungshaltung der Besucher: Es soll möglichst kräftig zur Sache gehen - und hart gegen den politischen Gegner ausgeteilt werden. In einem Landtagswahljahr sowieso und umso mehr.

Der politische Aschermittwoch ist zurück

Neben hitzigen Reden darf das Bier natürlich nicht fehlen. Wie hier beim FDP-Vorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Quelle: dpa

Politischer Schlagabtausch

Und sie werden nicht enttäuscht: Knapp acht Monate vor der bayerischen Landtagswahl haben sich die Parteien beim politischen Aschermittwoch wechselseitig mit Vorwürfen, Kritik und Spott überzogen.
CSU-Chef Markus Söder griff vor rund 4.000 CSU-Anhängern in Passau die Bundesregierung und die Ampel-Parteien scharf an. Grüne, FDP und SPD attackierten dagegen die CSU und speziell Söder frontal. Aber auch ernste Töne wurden angestimmt.
So ist der politische Aschermittwoch entstanden:

Die Geschichte des politischen Aschermittwochs

Der politische Aschermittwoch hat in Bayern eine lange Tradition. Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten sich im niederbayerischen Vilshofen an diesem Tag die Bauern zum Viehmarkt getroffen. Dabei feilschten sie nicht nur um Tierpreise, sondern nahmen beim Bier auch die königlich-bayerische Regierung ins Visier.

1919 lud der bayerische Bauernbund anlässlich des Viehmarkts dann erstmals zu einer Kundgebung - das Politspektakel war geboren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der politische Aschermittwoch von der Bayernpartei wiederbelebt, die ihre Veranstaltung zu deftigen Angriffen auf die CSU nutzte. Die Christsozialen stiegen wenig später in die Tradition ein.

Quelle: dpa

Lindner geht mit Koalition ins Gericht

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) attackierte in seiner Rede die Ausgabenwünsche in der Koalition. Beim politischen Aschermittwoch seiner Partei in Dingolfing gab er den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Kevin Kühnert sowie Grünen-Chefin Ricarda Lang einen Tipp: 
Wenn Ihr was sucht für die Fastenzeit, auf was Ihr verzichten könnt - mein Vorschlag ist: bis Ostern Verzicht auf die tägliche Forderung nach Steuererhöhungen.
Christian Lindner, Bundesfinanzminister
"Alle fordern nur Geld", kritisierte der FDP-Chef mit Blick auf die Koalitionspartner. "Du kannst nicht nur verteilen, du musst auch die Frage stellen, wo es herkommen soll." Soziale, ökologische und militärische Vorhaben seien gewiss sinnvoll und auch von ihm selbst gewünscht. Voraussetzung sei aber immer ein "stabiles wirtschaftliches Fundament".
Erneut warf Lindner zudem den Grünen vor, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehr, auch für die Straße, zu blockieren. Der Minister resümiert:
Die Grünen wollen Tempo machen bei den Schulden und bremsen beim Verkehr - umgekehrt wäre besser.
Christian Lindner, Bundesfinanzminister

"Zeitlupe" statt Zeitenwende

CSU-Chef Markus Söder brachte derweil eine Ablösung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ins Gespräch, sollte diese in der Migrationspolitik nicht handeln. Wenn die Ministerin nicht bald Vorschläge mache, wie die Kommunen entlastet würden und mehr Geld bekommen könnten, "dann wird sie die nächste Frau Lambrecht im Kabinett von Scholz", sagte Söder. Ihre SPD-Parteikollegin Christine Lambrecht musste im Januar als Verteidigungsministerin zurücktreten. An die Adresse von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte er:
Und es würde auch dem Kanzler gut anstehen, wenn er sich endlich selber um diese Probleme in Deutschland kümmert und nicht nur durch die Welt reist.
Marcus Söder, CSU-Vorsitzende
"Dies ist die schlechteste Bundesregierung, die Deutschland je hatte", wetterte Söder weiter. "Alle reden von Zeitenwende, aber bisher ist es nur eine Zeitlupe."

Nach zwei Jahren Pause laden die Parteien in Bayern wieder zu ihren traditionellen Aschermittwochs-Kundgebungen ein. Allein die CSU in Passau erwartet wieder mehrere tausend Besucher. Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder ist der Hauptredner.

22.02.2023 | 02:04 min

Krieg stimmt ernste Töne an

Thema am Mittwoch war aber auch der Krieg in der Ukraine. Grünen-Chefin Lang lehnte einen einseitigen russischen Diktatfrieden zur Beendigung des Krieges strikt ab. "Was wäre das für ein Frieden, wo ein Kriegsverbrecher durchkommt mit einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg?", sagte sie.
Man müsse zwar über den richtigen Weg hin zu einem Frieden diskutieren. "Aber was nicht geht, ist Opfer und Täter einfach zu vertauschen." Linken-Chefin Wissler rief zu Verhandlungen auf und lehnte die Lieferung schwerer Waffen ab.

SPD verteidigt Kriegspolitik

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat den Kurs von Bundeskanzler Olaf Scholz angesichts des Krieges in der Ukraine verteidigt und vor einer Schwarz-Weiß-Malerei gewarnt. Diplomatie und militärische Stärke dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. "Für uns gehört beides zusammen", sagte er. Gleichzeitig fand er klare Worte über den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der den Angriffskrieg angeordnet hatte.
Putin wird als Kriegsverbrecher in die Geschichte eingehen.
Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender
Am Ende werde er vor internationalen Gerichten zur Verantwortung gezogen, zeigte sich Klingbeil zuversichtlich.
Mit Aschermittwoch endet der Karneval. Nach zwei Jahren Corona-Pause konnte die Session stattfinden - trotz Krieg und Krisen:
Quelle: dpa

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