: Ukraine: Warum Bachmut nicht fallen darf

29.03.2023 | 06:38 Uhr
Seit Monaten ist die ostukrainische Stadt Bachmut schwer umkämpft. Ukraines Präsident Selensky warnt eindringlich vor den politischen Folgen eines russischen Sieges in der Region.
Im AP-Interview äußert sich der ukrainische präsident Selenskyj zur Bedeutung der umkämpften Stadt Bachmut.Quelle: dpa
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat für den Fall eines russischen Sieges in der erbittert umkämpften Stadt Bachmut vor gravierenden politischen Folgen gewarnt.
Russland könnte sich dann internationale Unterstützung für einen Deal sichern, der sein Land zu inakzeptablen Kompromissen zwingen könnte, sagte Selenskyj der Nachrichtenagentur AP auf einer Zugfahrt quer durch die Ukraine. Sollte Bachmut an die russischen Truppen fallen, könnte Wladimir Putin "diesen Sieg an den Westen, an seine Gesellschaft, an China, an den Iran verkaufen", ergänzte er.
Wenn er ein bisschen Blut fühlt - riecht, dass wir schwach sind - wird er puschen, puschen, puschen.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Selenskyj tourte zuletzt durch von russischen Angriffen besonders betroffene Gebiete und besuchte am Dienstag die Region Sumy. In Sumy wohnte der Staatschef unter anderem Zeremonien anlässlich des ersten Jahrestags der Rückeroberung von Städten in der Region bei und traf Soldaten, die an Fronten nahe Saporischschja stationiert sind.

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"Niederlage in Bachmut würde Druck aufbauen"

Einen ähnlichen Besuch hatte Selenskyj kürzlich einem Gebiet in der Nähe von Bachmut im Osten des Landes abgestattet, wo ukrainische und russischen Truppen sich seit Monaten Gefechte liefern. Einige westliche Militärexperten finden zwar, die Stadt sei nicht von großer strategischer Bedeutung. Doch Selenskyj betonte, dass eine Niederlage zu diesem Zeitpunkt im Krieg den hart erkämpften Auftrieb der Ukrainer gefährden könnte.
Wir können die Etappen nicht verlieren, weil der Krieg ein Kuchen ist - Stücke von Erfolgen. Kleine Siege, kleine Etappen.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Im Falle einer Niederlage in Bachmut würde sich schnell Druck aufbauen - von der internationalen Gemeinschaft und in seinem eigenen Land, prophezeite er. "Unsere Gesellschaft wird sich müde fühlen. Unsere Gesellschaft wird mich drängen, einen Kompromiss mit ihnen zu machen." Bislang verspüre er diesen Druck jedoch nicht, ergänzte Selenskyj.

Selenskyj: Unterstützung des Westens an Scheideweg

Seit der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar 2022 weiß die Regierung in Kiew große Teile der Weltgemeinschaft hinter sich. Er sei sich bewusst, dass der Erfolg seines Landes teils auf den Wellen der internationalen Militärhilfe beruhe, insbesondere aus den USA und aus Westeuropa, sagte Selenskyj.
Einige Stimmen in den USA, darunter der frühere Präsident Donald Trump, haben die fortdauernde milliardenschwere Unterstützung für die Ukraine jedoch infrage gestellt. Trump strebt 2024 eine Rückkehr ins Weiße Haus an. Auch sein möglicher Rivale im Nominierungsrennen der Republikaner, Ron DeSantis, deutete an, dass die Verteidigung der Ukraine in einem "territorialen Disput" für die nationale Sicherheit der USA keine Priorität habe. Nach Kritik aus anderen Ecken der republikanischen Partei ruderte DeSantis zurück.
Selenskyj räumte die Sorge ein, dass der Krieg durch eine Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse in Washington beeinflusst werden könnte. "Die Vereinigten Staaten verstehen wirklich, dass wir nicht gewinnen werden, wenn sie aufhören uns zu helfen", sagte er.

Die wichtige Rolle Chinas in der Ukraine

Im Interview sprach Selenskyj eine Einladung an Chinas Präsident Xi Jinping in die Ukraine aus. "Wir sind bereit, ihn hier zu treffen", sagte er.
Ich möchte mit ihm sprechen. Ich hatte mit ihm Kontakt vor dem ausgewachsenen Krieg. Aber während dieses ganzen Jahres, mehr als ein Jahr, hatte ich keinen.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Erst kürzlich war Xi zum Staatsbesuch in Russland. Beobachter erwarteten, dass sich Peking bei dieser Gelegenheit zu einer Lieferung von Waffen und Munition an Moskau bereit erklären könnte. Doch Xis Visite endete ohne eine solche Ankündigung.
Tage später kündigte Putin die Stationierung taktischer Atomwaffen im Nachbarland Belarus an. Selenskyj mutmaßte, dass der Schritt des Kremlchefs von fehlenden Garantien ablenkten sollte, die er sich von China erhofft habe. "Was bedeutet das? Es bedeutet, dass der Besuch nicht gut für Russland war", spekulierte Selenskyj mit Blick auf Xis Moskau-Visite.
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Quelle: AP

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