: "Fifty-fifty": SPD-Frauen pochen auf Parität

17.01.2023 | 08:40 Uhr
Wer wird Lambrecht im Amt nachfolgen? Das soll laut Minister Heil heute entschieden werden. Die SPD-Frauen pochen dabei auf Parität im Kabinett. "Fifty-fifty muss weiter gelten."
Nach nur 13 Monaten als Verteidigungsministerin hatte Lambrecht am Montag angesichts anhaltender Kritik ihren Rücktritt erklärt. Quelle: dpa
Die Entscheidung über die Nachfolge von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht soll nach Angaben von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) am heutigen Dienstag verkündet werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz werde die Personalentscheidung "schnell, nämlich morgen" bekanntgeben, sagte Heil am Montagabend in der ARD-Sendung "Hart aber fair". Befragt zu eigenen Ambitionen sagte Heil: "Ich bin Bundesarbeitsminister und habe viel vor - und zwar in dem Amt."

Forderung nach Parität in der Ampel

In der Diskussion um ihre Nachfolge pochen die Frauen in der SPD auf Geschlechterparität in der Ampel-Regierung. "Eine Gesellschaft, die zu über 50 Prozent aus Frauen besteht, muss sich auch im Kabinett widerspiegeln", sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, Maria Noichl, der "Rheinischen Post".
Fifty-fifty muss weiter gelten. Dafür steht die SPD.
Maria Noichl
Im Kabinett sind derzeit acht Ministerposten mit Frauen besetzt und acht mit Männern. Hinzu kommt Kanzler Scholz.

Habeck rechnet mit paritätisch besetztem Kabinett

Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet weiter mit einem paritätisch besetzten Kabinett. Scholz habe im Wahlkampf gesagt, in seiner Regierung sollten gleich viele Frauen wie Männer Verantwortung tragen. "Ich habe bisher noch nicht gehört, dass das zurückgenommen wurde", sagte der Grünen-Politiker Habeck im Deutschlandfunk.
Scholz habe trotzdem verschiedene Möglichkeiten, flexibel zu agieren. "Das sollte kein Widerspruch sein", sagte Habeck. Die erste dringende Frage, die nach dieser Personalie zu entscheiden sei, sei die der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine, sagte Habeck.
Zuvor hatte bereits schon Grünen-Parteichef Omid Nouripour auf das "Gesamtversprechen der Parität im Kabinett" verwiesen.

Strack-Zimmermann: "Sofort den Schalter umlegen"

Vage über ihre Ambitionen äußerte sich indes die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): "Es stellt sich nicht die Frage, was man gerne machen würde oder nicht", sagte sie in den ARD-"Tagesthemen".
Die derzeitige Situation sei alles andere als schön. Nach dem Rücktritt von Lambrecht müsse man nun "sofort den Schalter umlegen und sehen, wer in der Lage ist, dieses Amt zu führen".
An der Spitze des Verteidigungsressorts müsse jemand stehen, der trotz aller Loyalität zum Kanzler "am Kabinettstisch die Interessen der Soldatinnen und Soldaten laut vertreten" könne, sagte Strack-Zimmermann. Es dürfe keine Person sein, "die das als Sprungbrett sieht für weitere Aufgaben".
Jeder, der jetzt das Amt übernehme, "muss sich der Ernsthaftigkeit klar sein", forderte die FDP-Politikerin.

Christine Lambrecht, SPD (seit 2021)

Das Verteidigungsministerium - ein heikler Posten in der Regierung. Der Rücktritt von Christine Lambrecht ist der aktuellste in einer Reihe von Rücktritten oder Entlassungen. Ein Überblick:

Quelle: dpa

Auch die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger verwies im Redaktionsnetzwerk Deutschland auf die großen Probleme:
In Zeiten des Krieges auf unserem Kontinent und angesichts der komplexen Herausforderungen in dem schwierigsten aller Ressorts braucht es in der Nachfolge jemanden, der - oder die - die seit Jahren bekannten und liegen gebliebenen Probleme endlich anpackt.
Agnieszka Brugger

Bundeswehrverband: Herz für Truppe und Durchsetzungsstärke

Auch der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner, sieht Durchsetzungsstärke als entscheidende Voraussetzung für den künftigen Verteidigungsminister oder die Ministerin.
Ich bin nicht der Auffassung, dass jemand gedient haben muss und die unterschiedlichen Kaliber bestimmter Waffensysteme kennen muss. Es ist eben wichtig, dass man hier im Politikbetrieb durchsetzungsstark ist.
André Wüstner, Bundeswehrverband
Man brauche auch ein Herz für die Truppe, sagte Wüstner im Bayerischen Rundfunk (Bayern 2). Diese sei "kein seelenloser Organismus". "Aber diese Management- und Führungskompetenzen, die sind wichtiger denn je", machte er deutlich.
Auf den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Lambrecht warten Wüstner zufolge große Aufgaben.
Es ist schon ein Jahr verloren gegangen in dieser Legislaturperiode. Deswegen ist jetzt wichtig, dass jemand kommt, der Vollgas gibt, der alle Handbremsen löst und der versucht, die Truppe geordnet in die Zukunft zu führen.
André Wüstner, Bundeswehrverband
Die Lage der Bundeswehr bezeichnete der Verbandschef als prekär mit Blick auf die Nachwuchsgewinnung und Ausrüstungsmängel.
Quelle: AFP, dpa

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