: U-Ausschuss: Merz droht mit Karlsruhe

04.07.2023 | 19:11 Uhr
Die Hamburger Warburg-Affäre betrifft Kanzler Scholz. Ob ein U-Ausschuss, den die Union fordert, zustande kommt, ist unklar. Fraktionschef Merz droht mit dem Gang nach Karlsruhe.

Die Unionsparteien fordern einen Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Rolle von Kanzler Scholz im Cum-Ex-Skandal. Wenn die Regierungsfraktionen ablehnen, wäre das ein Novum.

04.07.2023 | 01:30 min
Eklat um den von der Union geforderten Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Steueraffäre um die Hamburger Warburg-Bank und die Rolle von Kanzler Olaf Scholz (SPD): Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) kündigte an, seine Fraktion werde wegen der Blockade durch die Ampel-Parteien vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Die SPD zeigte sich gelassen und warf der Union ihrerseits ein verfassungswidriges Untersuchungsmandat vor.

Parlament entscheidet über Ausschuss-Empfehlung

Nach langem Ringen zwischen Union und Koalition um das Untersuchungsmandat hatte der Geschäftsordnungsausschuss des Bundestags die Einsetzung am Dienstag abgelehnt. Das Parlamentsplenum stimmt nun am Mittwochnachmittag über die Ausschussempfehlung zur Ablehnung ab.
Ampel-Vertreter kündigten an, den U-Ausschuss dort vorerst endgültig abzulehnen. Dies wäre laut Union ein bisher einmaliger Vorgang in der Bundestagsgeschichte.
Noch am heutigen Dienstag wollte sich Merz deshalb von seiner Fraktion das Mandat geben lassen, nach dem Plenumsbeschluss "sofort" vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Es sei eine "wirklich gravierende Entscheidung", wie die Ampel versuche, die Minderheitenrechte im Parlament einzuschränken, kritisierte der CDU-Chef.

Dobrindt: Ampel missachtet Rechte

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf der Ampel eine "bewusste Missachtung" der Rechte der Opposition im Bundestag vor. Auch er sagte, hier könne es nur den Gang nach Karlsruhe geben.
Die Union will in dem U-Ausschuss die Rolle des früheren Hamburger Bürgermeisters Scholz im Warburg-Skandal beleuchten. In der Affäre geht es um Rückzahlungen ungerechtfertigter Steuererstattungen. Im Fokus steht dabei insbesondere eine Forderung an die Warburg-Bank über 47 Millionen Euro.

Der Fall: Betrügereien und Steuertricks

Okay, der Fall ist alles andere als klar: Es geht um sogenannte Cum-Ex-Geschäfte. Das ist ziemlich kompliziert. Kurz gesagt: Eine Bank, die Warburg Bank, hat krumme Geschäfte gemacht, und zwar in den Jahren 2006 bis 2012. Die Bank hat sich nämlich Steuergeld von der Stadt Hamburg erschlichen, das ihr gar nicht zustand. Das ist ungefähr so, als würdet ihr einen Stift zurückfordern, den ihr nie verliehen habt. Nur, dass es bei einer Bank eben nicht um Stifte geht, sondern um echt viel Geld: Um 47 Millionen Euro hat die Bank die Stadt Hamburg mit diesen Tricks betrogen!

Der Frage ist jetzt: Wie hingen diejenigen mit drin, die die Stadt Hamburg zu der Zeit regiert haben? Die Stadt hat nämlich, als der Betrug auffiel, das Geld nicht zurückgefordert. Das kommt einigen verdächtig vor.

Erst später wurde das Geld doch noch eingefordert: nämlich als die Stadt Hamburg ermahnt wurde, sich um das Geld zu kümmern. Am Ende konnte das Geld für die Stadt Hamburg zwar noch gerettet werden - aber das hat nochmal vier Jahre gedauert.

Olaf Scholz wurde von einem Untersuchungsausschuss befragt.

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Die Indizien: Tagebucheinträge, Bargeld, Erinnerungslücken

Journalistinnen und Journalisten haben Tagebucheinträge von einem der Bank-Chefs gefunden. Tja, und in dem Tagebuch stand drin, dass er sich mit einigen wichtigen Politikern der Stadt Hamburg getroffen hat - auch mit dem damaligen Bürgermeister, mit Olaf Scholz. Nun, Treffen sagen erstmal nichts aus - sie könnten sich theoretisch auch nur über Katzen unterhalten haben. Und überhaupt sind Tagebucheinträge keine Beweise, schließlich kann man da ja alles Mögliche reinschreiben.

Aber noch zwei Dinge wirken etwas verdächtig: Bei einem der Hamburger Politiker wurden 200.000 Euro Bargeld in einem Schließfach gefunden. Die Ermittler vermuten, dass es möglicherweise Bestechungsgeld sein könnte. Und dann gab es da noch ein Schreiben des Bank-Chefs, das an die Finanzabteilung in Hamburg weitergegeben wurde. Der Verdacht lautet, dass damit die Politiker dort beeinflusst werden sollten. Und tatsächlich: Nach dem Schreiben wurde das fehlende Geld nicht zurückgefordert.

Scholz bestreitet, von alldem etwas gewusst zu haben. Als die Treffen doch ans Licht kamen, sagte er, er habe sich einfach nicht mehr erinnern können. Er hätte erst nochmal im Kalender nachgucken müssen. Manche fragen sich, warum er das nicht direkt gemacht hat, als die Frage nach den Trefffen aufkam.

Hier verzichtete die Hamburger Steuerverwaltung 2016 auf eine Rückzahlung. Die Union vermutet dabei politische Einflussnahme und bezweifelt bisherige Angaben von Scholz zu seiner Rolle. Dieser hat Treffen mit dem damaligen Warburg-Chef Christian Olearius eingeräumt. Er betont allerdings zugleich immer wieder, dass er keine konkrete Erinnerung an die Termine mehr habe. Die Union bezweifelt, dass Scholz in dem Punkt "die Wahrheit gesagt" hat.

Ampel: Hamburger Handeln kann kein Gegenstand sein

Die Ampel-Parteien halten den von der Union verlangten Untersuchungsauftrag für den Ausschuss nun für verfassungswidrig, weil er sich vor allem auf das Handeln der Hamburger Verwaltung bezieht. Dies kann nach Einschätzung von SPD, Grünen und FDP kein Gegenstand eines Untersuchungsmandats im Bundestag sein. "Die Union will ganz überwiegend Hamburger Verwaltungshandeln untersuchen", der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Johannes Fechner.
Untersuchungsausschüsse des Bundestags könnten aber nur Handeln des Bundes untersuchen. Die Koalition werde nun abwarten, wie Karlsruhe entscheide. Er sei aber der Meinung, "dass wir da ruhig schlafen können". Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte, ihre Partei könne keinem U-Ausschuss zustimmen, der nicht verfassungskonform sei. Ähnlich äußerten sich FDP-Vertreter.

Linke: Scholz kann stolz auf Ampel-Bodyguards sein

"Schade, dass sich FDP und Grüne zu Handlangern der SPD haben machen lassen und die Aufklärung der Steueraffäre Scholz-Warburg weiter behindern", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Patrick Schnieder (CDU).
Kritik an der Ablehnung des Ausschusses kam auch von der Linkspartei. "Der Kanzler kann stolz sein auf seine Bodyguards aus der Ampel", erklärte der finanzpolitische Sprecher, Christian Görke. Ziel der Regierungskoalition sei es, eine Aufklärung der Affäre zu verhindern.
Quelle: AFP

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