: Dieses Dokument kann in Notlagen Leben retten

von Ingeborg Rüthers
02.06.2023 | 13:05 Uhr
Mit der Volljährigkeit dürfen Eltern für ihre Kinder nicht mehr entscheiden. Auch nicht in Notsituationen. Warum eine Generalvollmacht gerade dann besonders wichtig ist.

Was passiert, wenn der erwachsene Sohn lebensgefährlich verletzt wird? Über diesen Schicksalsschlag erzählt Annunziata Hoensbroech.

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Annunziata Hoensbroech weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig eine Generalvollmacht sein kann. Ohne diese hätte ihr Sohn Caspar einen schweren Unfall vielleicht nicht überlebt. Als ihr Kind im Ausland im Koma liegt, trifft sie dank dieses Dokuments die richtigen Entscheidungen für ihn.

Mit Volljährigkeit entscheiden Kinder alleine

In Bezug auf eigene Kinder gesteht der Gesetzgeber Eltern kein "Naturrecht" zu. Ab dem 18. Geburtstag darf kein anderer Mensch einen jungen Erwachsenen offiziell vertreten und für ihn wichtige Entscheidungen treffen, es sei denn, er hat eine Vollmacht. Das heißt: Ohne sie ist dieser Mensch in allen Krisen des Lebens allein. Es gilt die ärztliche Schweigepflicht.
"Insofern konnte ich mit dieser Generalvollmacht, die ich von meinem Sohn hatte, sagen, nein, wir bleiben nicht in Barcelona, wir gehen nicht in eine barcelonische Rehabilitation, wir suchen in Deutschland und schauen, wo sind die besten Spezialisten für seinen Krankheitsfall", so Annunziata Hoensbroech, Mutter von Caspar.

Was ist eine Generalvollmacht?

Es handelt sich um eine schriftlich dokumentierte Vollmacht, die ein umfassendes Vertretungsbefugnis erteilt. Sie kann aber auch beschränkt sein, nur auf rechtliche oder nur auf persönliche Angelegenheiten. Der Vollmachtgeber entscheidet, wie weit die Befugnisse reichen sollen.
Im Internet gibt es Vordrucke solcher Generalvollmachten. Der sicherste Weg ist, sie vom Notar oder einer Betreuungsbehörde einer Kommune beglaubigen zu lassen. Das kostet zwischen 20 und 70 Euro. Aber auch ohne Beglaubigung ist die Vollmacht gültig. Jedoch ist niemand verpflichtet, eine nicht beglaubigte Vollmacht anzuerkennen. Denn eine Unterschrift kann gefälscht sein. Von handschriftlichen Beglaubigungen ist aus dem selben Grund abzuraten.
"Meine beiden ältesten Söhne haben eine Motorradreise begonnen, wie man sie, glaube ich, als Eltern sich nicht wünscht. Ich dachte immer, ich würde gerne in der Lage sein, die Kavallerie in Bewegung zu setzen, wenn denen unterwegs irgendwas passiert und wollte dazu diese Vorsorgevollmacht", so die vierfache Mutter Annunziata Hoensbroech.

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Was ist eine Vollmacht?

Eine Vollmacht ist ein sogenanntes Rechtsgeschäft. Sie gibt einer Person die Befugnis, für eine andere Person in bestimmten Aufgaben zu handeln und zu entscheiden. Diese Befugnis kann auf verschiedene Aufgabenfelder beschränkt werden, zum Beispiel auf Vermögensangelegenheiten oder gesundheitliche Angelegenheiten. Gilt eine Vollmacht für sämtliche Angelegenheiten, dann spricht man von einer Generalvollmacht.

Was ist eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung beschreibt und legt fest, was in medizinischen Extremsituationen geschehen soll. Extremsituationen sind die Sterbephase, ein Zustand des Wachkomas, eine schwere Demenz oder eine unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit, z.B. eine Tumorerkrankung. Hier wird festgelegt, was in diesen Situationen geschehen oder eben nicht mehr geschehen soll.

Was ist eine Betreuungsverfügung?

Eine Betreuungsverfügung ist in der Regel sehr kurz formuliert. Mit ihr legt der Verfügende fest, wer sein gesetzlicher Betreuer sein soll, wenn es keine Vollmacht gibt. Eine Betreuungsverfügung stellt sicher, dass die Vertretungsperson durch ein Gericht bestellt und kontrolliert wird. Das ist z.B. sinnvoll, wenn der Verfügende Sorge hat, dass ohne gerichtliche Kontrolle des Betreuers auf sein Vermögen zugegriffen würde.

Was passiert ohne Bevollmächtigung?

Ein junger Erwachsener ist schutzlos. Wenn ihm etwas passiert ohne Bevollmächtigten oder Betreuer, ist er in einer Krisensituation allein. Eltern sind ohne Vollmacht in einer Krisensituation ihres volljährigen Kindes handlungsunfähig. Erst mit einer Generalvollmacht können sie im Gespräch mit Ärzten, Versicherungen und Juristen wichtige Entscheidungen treffen. Weder Versicherungen noch Behörden sind dazu berechtigt zu helfen.
Das ist ein großer Irrtum, dass nur alte Menschen Bevollmächtigte brauchen.
Frederic Seebohm, Vorsorgeanwalt
Wenn das Vertrauensverhältnis da ist, dann seien Bevollmächtigte idealerweise die Eltern, aber es könnten auch ältere Geschwister sein oder Freunde, erklärt Vorsorgeanwalt Frederic Seebohm. "Hauptsache es gibt Menschen, die in Krisensituationen Entscheidungen treffen können."

Ohne Vollmacht entscheidet ein gerichtlicher Betreuer

Das Gesetz schreibt vor, dass ohne Vollmacht ein gerichtlicher Betreuer eingesetzt wird. Das kann auch jemand aus der Familie sein. Es muss aber zunächst geprüft werden, ob eine Eignung in persönlicher und fachlicher Hinsicht vorliegt. So ein Antragsverfahren braucht daher Zeit.

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Eltern müssen im Notfall aktiv werden

Die Elternteile müssen sich bei Gericht um die Erlangung einer gerichtlichen Betreuung aktiv bemühen, denn das Gericht ist frei darin zu entscheiden, welchen Betreuer es bestellt. In der Regel wird dann aber versucht, die unmittelbaren Angehörigen als ehrenamtliche Betreuer einzusetzen. Denn man geht davon aus, dass dies im Zweifel dem Willen des jungen Erwachsenen entsprechen würde. Aber das Gericht ist dazu nicht verpflichtet.

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