: Hormonersatztherapie besser als ihr Ruf

von Corinna Klee
23.02.2024 | 11:28 Uhr
Viele Frauen spüren kaum etwas, andere haben in den Wechseljahren starke Beschwerden. Bei ihnen können dann Hormone helfen. Was bei einer Hormonersatztherapie zu beachten ist.

Andrea Riebeth leidet in ihren Wechseljahren unter starken Beschwerden. Das beeinträchtigt auch ihre Lebensqualität erheblich. Wie ihr bioidentische Hormone helfen.

23.02.2024 | 05:44 min
Eine Hormonersatztherapie in den Wechseljahren ist nichts Neues. Schon seit den Sechzigerjahren wird sie Frauen angeboten, in den Neunzigerjahren war sie weit verbreitet. Doch 2002 geriet sie in Verruf, als eine große Studie der Women's Health Initiative (WHI) abgebrochen werden musste.
  • Der Grund: Bei den Studienteilnehmerinnen kam es vermehrt zu Brustkrebs, Thrombosen und Schlaganfällen.
  • Die Folge: Die Verordnung von Hormonen ging schlagartig zurück.

Hormonersatztherapie wieder beliebter

Seit einigen Jahren werden Hormone wieder vermehrt eingesetzt. Verantwortlich dafür ist unter anderem eine Neuinterpretation der WHI-Studienergebnisse. Weil das durchschnittliche Alter der Frauen sehr hoch war, einige auch Vorerkrankungen hatten und die angewandten Hormone weder in Dosis noch in ihrer Art der Verabreichung heutigen Präparaten entsprachen, gilt die Studie mittlerweile nur noch als "eingeschränkt aussagekräftig".
Mittlerweile weiß man: Wer starke Wechseljahresbeschwerden hat, profitiert von einer Hormongabe. Vor allem bioidentische Hormone sollen zahlreiche Vorteile haben.

Was in den Wechseljahren passiert

Quelle: imago
Die Wechseljahre, auch Menopause, bezeichnen eine natürliche Phase im Leben einer Frau, in der ihre Fortpflanzungsfähigkeit allmählich endet. Dieser Übergang ist durch hormonelle Veränderungen im Körper gekennzeichnet. Vor allem die Produktion von Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken nimmt ab.

Dieser Hormonabfall kann zu verschiedenen körperlichen und emotionalen Beschwerden führen, darunter unregelmäßige Menstruationszyklen, Hitzewallungen, Schlafstörungen und Gelenkschmerzen. Auch psychische Beschwerden wie Stimmungsschwankungen und Depressionen können auftreten. Diese Beschwerden sind individuell und werden auch unterschiedlich stark wahrgenommen.

Die meisten Frauen erleben die Wechseljahre im Alter zwischen 45 und 55 Jahren, wobei der Durchschnitt etwa um das 50. Lebensjahr liegt.

Wann eine Hormonersatztherapie hilft

Hormonersatztherapien sind heute sicherer als früher. Das liegt vor allem an ihrer Anwendungsform sowie an Art und Dosierung der Hormone.
Generell gilt: Eine Hormontherapie kann allen Frauen angeboten werden, die starke Wechseljahresbeschwerden haben und bei denen nichts gegen die Anwendung spricht. Ziel der Therapie ist nicht, den Hormonmangel zu beheben, sondern vielmehr eine wirksame Linderung schwerer Symptome und Beschwerden.

Östrogen, bioidentische Hormone und Co.

Bei der Hormonersatztherapie werden entweder Östrogene allein oder in Kombination mit Progesteron verabreicht. In welcher Zusammensetzung die Hormone gegeben werden, kommt auf die individuelle Ausgangssituation der Frau an:
  • auf die Art der Beschwerden,
  • ob die Eierstöcke noch Hormone produzieren und
  • ob die Gebärmutter noch vorhanden ist.

Ab der ersten Menstruation bis zur Menopause reguliert ein hormoneller Regelkreis den weiblichen Körper, um ihn auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten.

13.06.2022 | 02:33 min
Schon seit längerem werden in der Hormonersatztherapie vermehrt bioidentische Hormone eingesetzt, insbesondere Estradiol als Ersatz für Östrogen. Dr. Katrin Schaudig, gynäkologische Endokrinologin aus Hamburg, erklärt:
Bioidentische Hormone sind Stoffe, die in ihrer Strukturformel identisch sind mit den Östrogenen, die der Eierstock produziert. Sie werden in aller Regel aus der Jamswurzel hergestellt.
Dr. Katrin Schaudig, gynäkologische Endokrinologin
Das Estradiol kann in Form eines Gels, Sprays oder Pflasters verabreicht werden. Vorteil der Anwendung über die Haut: Der Wirkstoff wird direkt in den Blutkreislauf abgegeben. Der Körper nimmt eine geringere Hormonmenge auf als bei einer oralen Anwendung.

Vor- und Nachteile der Hormonersatztherapie

Ein Risiko für Brustkrebs kann nicht ausgeschlossen werden. "Mit den jetzt verwendeten bioidentischen Präparaten ist das Risiko minimal erhöht. Es ist auch nicht so, dass es null ist, aber es ist deutlich niedriger als mit den alten synthetischen Präparaten", weiß Schaudig. Wichtig sei, dass man regelmäßige Mammographie- und Ultraschalltermine wahrnehme, so die Expertin.
Die Einnahme von Hormonen bietet auch Vorteile: Es besteht ein nachgewiesener Schutz vor Osteoporose. Auch bei Diabetes, Darmkrebs und Herzinfarkt geht man von einer Schutzwirkung aus. Hier fehlen allerdings noch Langzeitstudien.

Alternativen zu Hormonen

Pflanzliche Präparate

Quelle: dpa
Helfen können auch Phyto-Östrogene, sekundäre Pflanzenstoffe, die strukturell dem Östrogen ähneln und vergleichbar wirken. Sie sind in Rotklee, Soja, Rhabarberwurzel oder Traubensilberkerze enthalten und können Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen lindern. Allerdings sollten Frauen mit vorangegangenem Brustkrebs keine Phyto-Östrogene nehmen.

Neues Medikament

Ein neues Medikament aus den USA soll Hitzewallungen lindern. Es enthält den Wirkstoff Fezolinetant und könnte eine Alternative für Frauen sein, die in der Menopause keine Hormone nehmen wollen oder dürfen, aber unter starken Hitzewallungen leiden.

Das Medikament ist ein so genannter NK3 Inhibitor, der an einen Rezeptor bindet, der an der Regulierung der Körpertemperatur im Gehirn beteiligt ist und diesen blockiert. Erste Studien bescheinigen eine gute Wirkung. In Deutschland gibt es das Medikament noch nicht. Die Zulassung ist bei der European Medicines Agency (EMA) beantragt.

Wann sich Hormone nicht eignen

Frauen, die Brustkrebs hatten, dürfen keine Hormone einnehmen. Hier kämen z. B. Psychopharmaka zum Einsatz, die sowohl gegen Hitzewallungen als auch gegen Depressionen und Schlafstörungen helfen, sagt Schaudig. Auch bei Frauen, die schon einmal eine Thrombose oder einen Schlaganfall hatten, müsse man Nutzen und Risiken genau abwägen.
Der Artikel wurde erstmals am 1.9.2023 veröffentlicht.

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