: Kaltplasma: Wann kommt die neue Wundtherapie?

von Tatjana Mischke
06.04.2024 | 12:39 Uhr
Rund drei Millionen Menschen leiden unter chronischen Wunden. Die Kaltplasma-Therapie bedeutet Hoffnung, ist aber noch keine Kassenleistung: Wird sich das bald ändern?

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21.05.2024 | 29:45 min
Betroffene mit chronischen Wunden leiden meist unter starken Schmerzen und erleben eine große Einschränkung ihrer Lebensqualität. Die bisherige Standardtherapie ist verbunden mit täglichen Verbandswechseln und dem regelmäßigen schmerzhaften Säubern der Wunde.
Seit Jahren wird daher die Entwicklung im Bereich der Kaltplasmatherapie mit viel Hoffnung und großen Erwartungen beobachtet. Kaltplasma erzielt in den vorliegenden Studien bisher die besten Ergebnisse, wenn es begleitend zur herkömmlichen Therapie angewendet wird, und ist dann in der Lage, den Heilungsprozess von chronischen Wunden deutlich zu beschleunigen. Die Anzahl der Operationen lässt sich reduzieren, im besten Fall kann eine Amputation verhindert werden. Aber noch ist der Erfolg der Therapie auch für Mediziner nicht immer vorhersagbar.

Plasma - was ist das?

Plasma ist ein energetisch hochaktives Gas. Es ist der sogenannte vierte Aggregatzustand von Materie - nach fest, flüssig und gasförmig. Die Sonne, Blitze oder Polarlichter sind natürliche heiße Plasmen. Es gibt aber auch kalte Plasmastrukturen.

In den 1990er Jahren konnten erstmals kalte Plasmakristalle im Labor nachgebildet werden. Rund 20 Jahre später entstand daraus die Plasmamedizin, die sich die herausragenden Eigenschaften zunutze machen will: Kaltes Plasma kann nicht nur Bakterien, sondern auch Viren, Sporen und Pilze äußerst effektiv vernichten.

Kaltplasma gegen Wunden eine Entwicklung in Deutschland

Der innovative Ansatz ist eine rein deutsche Entwicklung. Forschungseinrichtungen wie das Max-Planck-Institut, das Fraunhofer Institut sowie das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP Greifswald) haben dabei weltweit einen Standard gesetzt. Und verschiedene deutsche Start-ups schafften den Sprung aus dem Labor in die praktische Anwendung: Coldplasmatech, neoplas med, terraplasma-medical und die Cinogy System.
"Die Zeit von der Idee bis zum fertigen Produkt beträgt gerade bei medizinischen Produkten durchschnittlich 20 Jahre oder mehr", erklärt Carsten Mahrenholz, Geschäftsführer von Coldplasmatech. Seit Beginn der Grundlagenforschung zu Kaltplasma seien erst rund 30 Jahre vergangen. Mahrenholz wünscht sich, dass es schneller geht.
Aber am Ende steht die Sicherheit der Patienten an erster Stelle.
Dr. Carsten Mahrenholz, Geschäftsführer von Coldplasmatech

Sendehinweis plan b

Quelle: ZDF
Mehr zu dem Thema sehen Sie bei plan b am Samstag, 6. April um 17:35 Uhr im ZDF und in der ZDF-Mediathek.

Noch unklar: Was bei welchen Symptomen gut wirkt

Die verschiedenen auf dem Markt befindlichen Produkte erzeugen Plasma in unterschiedlichen Verfahren und sind daher auch ganz unterschiedlich anwendbar: Einige arbeiten mit Handgeräten, andere mit mittel- bis großflächigen Applikatoren, also pflasterähnlichen Auflagen. Das Problem dabei: Noch ist unklar, welches Produkt für welche Symptomatik die beste Wirksamkeit hat.
"Die Wirkung hängt von der Art des Erzeugungsverfahrens der Plasmaquelle und der Häufigkeit der Behandlung ab", sagt Prof. Joachim Dissemond vom Universitätsklinikum Essen. "Noch können wir die Entscheidung, wann welches Verfahren optimal anzuwenden ist, nicht bewusst genug steuern, um den Patienten konkrete Heilungsversprechen zu machen. Wir brauchen dringend eine bessere Studienlage."
Dissemond ist Oberarzt an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie und von dem großen Potential der Therapie überzeugt. Diese könnte auch langfristig helfen, die Belastungen bei den Krankenkassen zu reduzieren.

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Kaltplasma: Studie soll Krankenkassen überzeugen

Drei Hersteller wollen nun eine unabhängige wissenschaftliche Institution beauftragen, um eine weitere Studie zur Wirksamkeit von Kaltplasma durchzuführen. Sobald die Ergebnisse vorliegen, prüft der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), ob die Kaltplasmabehandlung neue Kassenleistung wird.
Nur wenn wissenschaftliche Belege für den Nutzen neuer Verfahren vorliegen, wird der Gemeinsame Bundesausschuss den Leistungsanspruch für alle gesetzlich Krankenversicherten bestätigen.
Monika Lelgemann, Gesundheitswissenschaftlerin beim Gemeinsamen Bundesausschuss

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Auch wenn der langwierige Prozess bis zur Kassenleistung zeitlich kaum abzuschätzen ist, gibt Carsten Mahrenholz die Hoffnung nicht auf, dass in Zukunft viele von der Kaltplasmatherapie als Kassenleistung profitieren könnten:
Wünschenswert wäre es, diese deutsche Forschung und Entwicklung nun auch in Deutschland zu halten und allen Patienten zugänglich zu machen.
Dr. Carsten Mahrenholz, Geschäftsführer von Coldplasmatech
Bis es so weit ist, können Betroffene jedoch schon jetzt einen Einzelfallantrag auf Kostenerstattung stellen.

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